BMF legt Diskussionsentwurf für Mindeststeueranpassungsgesetz (MinStAnpG) vor

BMF legt Diskussionsentwurf für Mindeststeueranpassungsgesetz (MinStAnpG) vor
  • 11.09.2024
  • Lesezeit 13 Minuten

Bundesministerium der Finanzen: Aktive latente Steuerüberhänge bei HGB-Bilanzierern sowie Klarstellungen und Verschärfungen der Safe-Harbour-Regelungen

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 20.8.2024 einen Diskussionsentwurf für ein Mindeststeueranpassungsgesetz (MinStAnpG) an Verbände zur Stellungnahme versendet. Der Diskussionsentwurf enthält einige hilfreiche Klarstellungen – insbesondere im Hinblick auf die Berücksichtigung von (fiktiven) aktiven latenten Steuern (auch) für HGB-Bilanzierer – aber auch überraschende Verschärfungen im Bereich der Safe–Harbour-Regelungen. Damit enthält der Diskussionsentwurf nicht nur Klarstellungen und Erleichterungen, die sich aus der Umsetzung der OECD-Administrative Guidance vom 15. Dezember 2023 in nationales Recht ergeben, wie die Einführung des Diskussionsentwurfs suggeriert, sondern geht darüber hinaus.

Das MinStG ist erst am 21.12.2023 vom Bundestag verabschiedet worden und gilt grundsätzlich für Konzerne mit einem konsolidierten Gesamtumsatz von mindestens 750 Mio. Euro in mindestens zwei der vorangegangenen vier Geschäftsjahr mit Wirkung für alle Geschäftsjahre, die nach dem 30.12.2023 beginnen. Das MinStG führt zu sog. Ergänzungssteuern im Unternehmensverbund, wenn in einzelnen Ländern die effektive Steuerquote unter 15 % liegt. 

Schon jetzt liegt der am 8.8.2024 erstelle Diskussionsentwurf eines Anpassungsgesetzes vor. Die vorgeschlagenen Änderungen veranschaulichen beispielhaft die Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn ein auf Ebene der OECD vereinbartes Mindeststeuersystem, die GloBE Model Rules, den jeweiligen nationalen Regelungen über die Besteuerung und die Rechnungslegung „übergestülpt“ wird (zu der Komplexität der GloBE- Model Rules bereits: Dehne/Rosenberg: „OECD: Modellregelungen zur Umsetzung einer globalen Mindestbesteuerung (GloBE – Pillar II) – Die Komplexität eines „dreistufigen“ Ansatzes – Teil 1 in: DB 2022, 556 – 566; Teil 2 in: DB 2022, 626 – 631). 

I.    Aktive latente Steuerüberhänge bei HGB-Bilanzierern

Die Komplexität des MinStG besteht darin, dass es umfangreiche Verweise auf andere Rechtsvorschriften enthält; so wie bei der Ermittlung des Mindeststeuergewinns oder Mindeststeuerverlustes und bei der Ermittlung der angepassten erfassten Steuern die Verweise auf verschiedene Rechnungslegungsstandards. Dies sind die anerkannten, wie z.B.  IFRS, HGB, US-GAAP (§ 7 Abs. 4 MinStG) und die zugelassenen Rechnungslegungsstandards (§ 7 Abs. 37 MinStG). 

Diese Rechnungslegungsstandards sind keineswegs einheitlich. Gleichwohl hat sich das Inclusive Framework der OECD bei den Arbeiten an den GloBE Model Rules gedanklich an der dynamischen Bilanzierungsmethode nach IFRS als Basis der Ermittlung des Mindeststeuergewinnes oder Verlustes und der angepassten erfassten Steuern orientiert.  Nach diesem Konzept sind bei der Berechnung des Steueraufwands/-ertrags sowohl gezahlte und zurückgestellte Steuern als auch steuerliche Aufwendungen oder Erträge aus der Bildung oder Auflösung von latenten aktiven oder passiven Steuerpositionen zu berücksichtigen.
Dabei sind auch Überhänge aus aktiven latenten Steuern nach IFRS 12 zwingend auszuweisen, wobei aber die Ansatz- und Bewertungskriterien zu berücksichtigen sind. Dies kann zum Nichtausweis oder Niedrigerbewertung von aktiven latenten Steuern aus Verlustvorträgen nach IFRS 12 führen, wenn z.B. keine ausreichenden Gewinnerwartungen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums von fünf Jahren bestehen. Verbessern sich später die Gewinnerwartungen, so sind aktive latente Steuern nach IFRS erstmals anzusetzen bzw. höher zu bewerten, was zu einem Ausweis eines entsprechenden Steuerertrags führt. 

Damit löst sich allerdings die periodische Zuordnung eines Steuerertrags von der handels- und steuerrechtlichen Bemessungsgrundlage, da die Buchung des Steuerertrags auch in Perioden erfolgen kann, in denen kein handels- oder steuerlicher Verlust, sondern vielmehr ein Gewinn entsteht. Technisch könnte damit auch in einem „Hochsteuerland“ durch den bilanziellen Verschiebungseffekt eine Niedrigbesteuerung von unter 15 % in einem Gewinnjahr entstehen.

Hier greift bereits das geltende MinStG durch Korrekturregelungen ein (§§ 44 Abs. 1 Nr. 2, 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 3 MinStG), wodurch die ertrags- und aufwandswirksamen Effekte von aktiven latenten Steuerpositionen, insbesondere aus Verlustvorträgen, dem Verlustentstehungsjahr unabhängig von den Ansatz -und Bewertungskriterien nach IFRS zugeordnet werden. Durch diese Korrektur durch die Anpassungsvorschriften des MinStG steht auch in späteren Gewinnjahren der entsprechende steuerliche Aufwand aus der Auflösung des so nur für Mindestbesteuerungszwecken gebildeten fiktiven aktiven latenten Steuerpostens zur Verfügung. Die Gefahr einer rein technisch bedingten Niedrigbesteuerung in einem Hochsteuerland ist damit, was die Berücksichtigung von steuerlichen Verlusten bzw. Verlustvorträgen angeht, vordergründig gebannt.

Lösen die Korrekturvorschriften des MinStG bereits den Konnex von den Ansatz- und Bewertungskriterien für aktive latente Steuerpositionen für IFRS-Bilanzierer, so sollten sie sich auch für HGB-Bilanzierer von dem Bilanzierungswahlrecht nach § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB lösen (vgl. Rödder/Altenburg, Das Mindeststeuergesetz, UBG 2024, S. 353, 365) und den fiktiven Aufwand oder Ertrag aus den aktiven latenten Steuerpositionen unabhängig von der Ausübung des Wahlrechts zulassen, denn es ist nicht ersichtlich, warum das MinStG hier HGB-Bilanzierer anders als IFRS-Bilanzierer behandeln sollte. 

Genau an diesem Punkt setzt der Entwurf des MinStAnpG an und will mit der Anpassung des derzeit geltenden § 50 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 MinStG durch Einbeziehung des Bilanzierungswahlrechts in die Korrekturvorschrift die bislang bestehende Unsicherheit beseitigen und die HGB-Bilanzierer damit den IFRS-Bilanzierern gleichstellen (vgl. den insoweit im Wortlaut allerdings noch überarbeitungsbedürftigen Art. 1 Nr. 6 des Entwurfs des MinStAnpG). Hierzu führt die Begründung des Gesetzesentwurfs (Entwurf des MinStAnpG vom 8.8.2024, S. 13) aus: „Der Gesamtbetrag der angepassten latenten Steuern für ein Geschäftsjahr für eine Geschäftseinheit umfasst auch einen Überhang an aktiven latenten Steuern, selbst wenn das Wahlrecht nach § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB in Anspruch genommen wurde und der Aktivüberhang entsprechend nicht in der Bilanz angesetzt wurde. Die Entwicklung der in dem netto ausgewiesenen Aktivüberhang enthaltenen Positionen muss anhand geeigneter Daten nachvollziehbar sein.“

Dies steht im Gegensatz zur bisherigen Gesetzesbegründung des derzeit geltenden MinStG, nach der das Ansatzwahlrecht zum Ausweis des aktiven latenten Steuerüberhangs in der HGB-Bilanz spätestens im Übergangsjahr ausgeübt werden muss und andernfalls die latenten Steuern nicht im Rahmen der angepassten latenten Steuern berücksichtigt werden könnten.

Entsprechend soll auch für das Übergangsjahr in § 82 Abs. 1 Satz 6 MinStAnpG die Einbeziehung aktiver latenter Steuern in die erfassten Steuern stets und unabhängig davon sichergestellt werden, ob das im Fall des Aktivüberhangs nach § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB bestehende Ansatzwahlrecht ausgeübt wurde oder nicht (Art. 1 Nr. 14 des Entwurfs des MinStAnpG).

Es bleibt zu hoffen, dass diese Änderungen im parlamentarischen Verfahren Eingang in die endgültige Fassung des MinStAnpG finden.

Auswirkungen auf die Praxis
Für die Praxis bleibt allerdings anzumerken, dass Vorschriften für das Übergangsjahr (§ 82 MinStG) und die überarbeiteten Korrekturvorschriften für die Ermittlung der angepassten erfassten Steuern nicht auf die Safe-Harbour Vorschriften anzuwenden sind. Ergibt sich nach den Safe-Harbour Vorschriften, die ohne Anpassung (nur) auf die tatsächliche handelsrechtliche Bilanzierung abstellen, aus den oben dargestellten Gründen technisch eine Niedrigbesteuerung, so kann diese Option für dieses Jahr und die Folgejahre nicht ausgeübt werden und es ist nach den regulären Regeln über die Ermittlung des Mindeststeuergewinns- oder Mindeststeuerverlusts und den angepassten erfassten Steuern die „Hochbesteuerung“ darzulegen (vgl. zu diesem Verhältnis der Safe Harbour-Regeln zu den regulären Berechnungsregeln auch: Rödder/Altenburg, ebenda).

II.    Anpassungen beim CbCR-Safe Harbour

Die international einheitliche Auslegung OECD GloBE Model-Rules soll durch die sog. „Administrative Guidance“ sichergestellt werden, die das Inclusive Framework verabschiedet.

Durch das MinStAnpG soll die Übertragung der Administrative Guidance der OECD vom 15. Dezember 2023 in das deutsche Mindeststeuergesetz bewirken. Darauf beschränkt sich der Diskussionsentwurf leider nicht, sondern bringt darüber hinaus, wie im Folgenden dargestellt wird, einige Verschärfungen.

1.    Rechnungsgrundlagen des CbCR-Safe Harbour
In § 87 MinStG sind die grundlegenden Definitionen für den CbCR-Safe-Harbour geregelt.  § 87 Satz 1 MinStG lautete bislang: „Ein länderbezogener Bericht (§ 138a der Abgabenordnung) ist qualifiziert, wenn dieser mit einem qualifizierten Konzernabschluss erstellt wurde.“

Durch die Verwendung des Wortteils „-abschluss“ entstand Unsicherheit darüber, ob damit die Verpflichtung zur Aufstellung eines Abschlusses gemeint war, die bislang nach Handelsrecht nicht bestand.

Dieser Wortlaut des § 87 Abs. 1 Satz 1 MinStG soll durch Art. 1 Nr. 17 MinStAnpG wie folgt geändert werden: „Ein länderbezogener Bericht (§ 138 a der Abgabenordnung) ist qualifiziert, wenn dieser unter Zugrundelegung einheitlich ermittelter Rechnungslegungsstandards für jede Geschäftseinheit und für jedes getestete Steuerhoheitsgebiet auf der Grundlagen von qualifizierten Rechnungslegungsinformationen erstellt wurde.“

Damit soll Punkt 2.3.1. der vom Inclusive Framework am 15. Dezember 2023 angenommenen Administrative Guidance umgesetzt werden. Die Entwurfsbegründung macht deutlich, dass für das jeweilige getestete Steuerhoheitsgebiet die Angaben für alle Geschäftseinheiten einheitlich aus derselben Datenquelle (Jahresabschlüsse oder Berichtspakete) stammen müssen. Damit sollen entweder die Berichtspakete für die Erstellung des länderbezogenen Berichts genutzt werden, mit denen sie auch den Konzernabschluss erstellt oder die Jahresabschlüsse der Geschäftseinheiten, die nach einem anerkannten oder zugelassenen Rechnungslegungsstandards erstellt wurden (Begründung des Diskussionsentwurfs vom 8.8.2024, S. 16).

Die einheitliche und konsistente Verwendung der Daten bezieht sich auf die Geschäftseinheiten des jeweils getesteten Steuerhoheitsgebiets. Die Verwendung verschiedener Datenquellen (Jahresabschlüsse oder Berichtspakete) und damit die Zugrundelegung verschiedener Rechnungslegungsstandards für verschiedenen getestete Steuerhoheitsgebiete ist grundsätzlich zulässig (Punkt 2.3.2. der Administrative Guidance vom 15.12.2023).

Mit weiteren Änderungen soll der Gesetzeswortlaut an die geänderte Terminologie angepasst werden.

Gesondert hinzuweisen ist auf die vorgeschlagene Änderung des § 87 Satz 2 MinStG, indem die einzelnen Varianten der qualifizierten Rechnungslegungsinformationen (bislang: „qualifizierter Konzernabschluss“) definiert sind.

§ 87 Nr. 1 Buchst. a MinStG lautete bisher: „… die für Konsolidierungszwecke an konzerneinheitliche Ansatz- und Bewertungsregeln angeglichenen Jahresabschlüsse der Geschäftseinheiten vor Konsolidierungsanpassungen und Zwischenergebniseliminierungen und ohne Anpassungen nach § 15 Abs. 1 Satz 2, sofern diese nach § 15 Abs. 1 Satz 3 nicht zulässig sind.“

Nachdem Entwurf des Art. 1 Nr. 17 Buchst. c) bb) bbb) a) MinStAnpG soll nunmehr an diese Stelle die Definition treten: „… die für Konsolidierungszwecke an konzerneinheitliche Ansatz- und Bewertungsregeln angeglichenen Rechnungslegungsdaten der Geschäftseinheiten (Berichtspakete), wenn sie den für den jeweiligen länderbezogenen Bericht relevanten Vorgaben für die länderbezogene Berichterstattung entsprechen.“

Da für die Erstellung eines länderbezogenen Berichts grundsätzlich nur aggregierte und keine konsolidierten Daten zugrunde gelegt werden dürfen, also vor Konsolidierungsanpassungen und Zwischenergebniseliminierungen, sollte damit keine wesentliche Änderung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand verbunden sein. Allerdings dürften danach Konsolidierungen innerhalb eines Gruppensteuerung zulässig sein (vgl. OECD-Aktionspunkt 13 für CbC-Reports).

Die Regelungen in dem CbCR-Safe Harbour bezgl. des sog. „Push-Down Accounting“, die nach Unternehmenserwerben insbes. durch Share-Deals zu beachten sind, sollen nunmehr in einem neuen § 87a MinStAnpG aufgestellt werden. Bislang findet sich hier in § 87 Satz 2 Buchst. a MinStG nur eine Verweisung auf § 15 MinStG. 

Nach § 87a Abs. 1 MinStAnpG darf für nach dem 31.12.2022 beginnende Geschäftsjahre im Gegensatz zur regulären Berechnung nach § 15 MinStG und der aktuellen Fassung des § 87 Nr.1 Buchst. a MinStG eine Kapitalkonsolidierung nach der Erwerbsmethode berücksichtigt werden, wenn sie auch Eingang in die Berichtspakete oder Jahresabschlüsse gefunden hat, die Grundlage des länderbezogenen Berichts waren. Ist das sog. „Push-Down“ in die Rechnungslegung der Geschäftseinheit und im länderbezogenen Bericht einbezogen worden, so sind dem Gewinn oder Verlust aus dem länderbezogenen Bericht (§ 87 Nr. 4 MinStG) gem. § 87a Abs. 2 MinStGAnpG (Entwurf) Wertminderungen eines Geschäfts- oder Firmenwerts, welche auf einem Beteiligungserwerb nach dem 30. November 2021 beruht für Zwecke des CbCR-Substanztest wieder hinzuzurechnen. Für den Effektivsteuersatztest gilt dies nur dann, wenn das Berichtspaket oder der Jahresabschluss nicht bereits eine Umkehrung der latenten Steuerschuld oder den Ansatz oder die Erhöhung eines latenten Steueranspruchs in Bezug auf die Wertminderung des Geschäfts- oder Firmenwerts enthalten.
Ferner soll in einer Ergänzung des § 87 Nr. 1 MinStG auch die Rechnungslegungsgrundsätze geregelt werden, die für Betriebsstätten im Rahmen des CbCR-Safe Harbour gelten sollen. 

2.    Verschärfungen im Bereich des CbCR-Safe Harbour

Der bisherige § 87 Nr. 4 MinStG soll ergänzt werden.

Bisher lautete § 87 Nr. 4 MinStG: „Der Gewinn oder Verlust vor Steuern ist das Jahresergebnis vor Steuern, wie es im qualifizierten länderbezogenen Bericht ausgewiesen ist, erhöht um einen nicht realisierten Nettoverlust aus der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert.“

Nach dem Diskussionsentwurf soll der zweite Satzteil lauten: „… erhöht um einen nicht realisierten Nettoverlust aus der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert sowie um korrespondierende Dividenden.“

In einem neuen § 87 Nr. 5a MinStAnpG soll der Begriff wie folgt definiert werden: „Korrespondierende Dividenden sind Erträge, die aufgrund der steuerlichen Qualifikation beim Leistenden als Dividende für Zwecke des länderbezogenen Berichts vom Gewinn oder Verlust vor Steuern bei den Leistungsempfängern ausgenommen sind.“

Diese Dividenden sollen im Rahmen des CbCR-Safe Harbours beim Leistungsempfänger folglich dem Gewinn hinzugerechnet werden (bzw. ein Verlust vermindert sich entsprechend), ohne dass damit Langzeitbeteiligungen oder Schachtelbeteiligungen (§ 20 MinStG) ausgenommen sind. 

Da Dividenden im Normalfall für den Leistungsempfänger steuerfrei sind, verbreitert sich damit die Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der effektiven Steuerquote erheblich, ohne dass damit eine entsprechende Erhöhung der Steuern einhergeht. Da die Berechnungsformel für die effektive Steuerquote im derzeitigen § 87 Nr. 6 MinStG und der § 87 Nr. 3 MinStG über die Definition der vereinfachten Steuern nicht geändert werden, würde dies bedeuteten, dass sich der Anwendungsbereich des CbCR-Safe Harbours für Holdings drastisch verringern würde, weil vielfach eine Hochbesteuerung von mindestens 15 % nicht mehr mit den vereinfachten Berechnungsgrundlagen dieses Safe Harbours nachgewiesen werden könnte. Eine Hochbesteuerung könnte dann vielfach nur noch durch die reguläre Berechnung nachgewiesen werden, weil in diesem Rahmen der Dividendenkürzungsbetrag für Schachtelbeteiligungen und Langzeitbeteiligungen (§ 20 MinStG) zu berücksichtigen ist. 

Die Begründung des Diskussionsentwurfs führt dazu aus, dass dies der Verhinderung von Gestaltungsmöglichkeiten dient, die sich ansonsten aus der Behandlung von Dividenden im länderbezogenen Bericht (in dem sie nach deutscher Auffassung herauszurechnen sind) ergeben würden. Worin diese Gestaltungsmöglichkeit gesehen werden soll, erschließt sich auf den ersten Blick nicht.
Eine weitere u.E. wesentliche Verschärfung liegt in der vorgeschlagenen Änderung des § 87 Nr. 1 MinStG, der um folgenden Satz 7 ergänzt werden soll: „Sollten die Anforderungen für den CbCR-Safe Harbour nicht erfüllt sein, scheidet die Anwendung des § 84 MinStG für das jeweiligen Steuerhoheitsgebiet aus.“

Bislang konnte das MinStG so verstanden werden, dass auch (geringfügige) Anwendungsfehler beim länderbezogenen Bericht und den Anpassungen, die das MinStG vorschreibt, nicht zum vollständigen Verlust der Option zum CbCR-Safe Harbours für die jeweilige Jurisdiktion führten, denn die Voraussetzungen für die Anspruchsberechtigung dieses Safe Harbours in § 78 MinStG enthielten diesbezüglich keine Aussagen. Nunmehr soll durch die Ergänzung in Satz 7, der auf die weiteren Ergänzungen in § 87 Nr.1 Sätze 5 und 6 MinStAnpG (Verbot von Anpassungen oder Änderungen des länderbezogenen Berichts) die Anwendung des CbCR Safe Harbours generell ausgeschlossen werden, wenn die Anforderungen des MinStG an den Safe Harbour selbst (Prinzip der Einheitlichkeit der Datenquellen oder Verbot nicht zugelassener Anpassungen sowie Unterlassung erforderlicher Anpassungen) nicht eingehalten werden. Derartige Verschärfungen sind zwar in Administrative Guidance erwähnt; unseres Erachtens geht jedoch diese Umsetzung über die OECD-Vorgaben hinaus.  

Verschärfend wirkt auch die geplante Einführung eines neuen § 87 b MinStAnpG (Diskussionsentwurf). Mit dem neuen § 87b MinStG sollen Anpassungen für Zwecke des CbCR-Safe Harbours für Aufwendungen und Erträge vorgenommen werden, die sich aus Inkongruenzen ergeben. Damit sollen die Vorgaben aus der OECD- Administrative Guidance aus Dezember 2023 im Hinblick auf „Hybrid Arbitrage Arrangements“ umgesetzt werden. Inkongruenzen ergeben sich insbesondere – aber nicht nur – dann, wenn Aufwendungen und Erträge beim Leistenden und beim Empfänger steuerlich so unterschiedlich qualifiziert werden, dass sich daraus aus Konzernsicht Besteuerungslücken ergeben (Aufwand abziehbar, Ertrag steuerfrei etc.). Die Regelung des § 87b MinStAnpG umfasst mehr als eine Seite und ist so komplex, dass sie noch gesondert dargestellt werden soll.

Die obige Darstellung des Diskussionsentwurfs des MinStAnpG ist nicht abschließend. Wir haben uns an dieser Stelle auf die Darstellung der wesentlichen praxisrelevante Änderungsvorschläge des Diskussionsentwurfs beschränkt. 

Den vollständigen Wortlaut finden Sie hier

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Autor dieses Artikels

Dr. Klaus-Jörg Dehne

Head of Quality Legal & Tax

Rechtsanwalt

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