Mit der strafbefreienden Selbstanzeige hat der deutsche Staat eine einmalige Rechtskonstruktion geschaffen, den Weg in die Steuerehrlichkeit zurückzufinden. Betroffene können für sich Straffreiheit erwirken, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen und „reinen Tisch“ mit den Finanzbehörden machen.

 

Was ist eine Steuerhinterziehung?

Die Hinterziehung von Steuern stellt in Deutschland eine Straftat dar. Steuern hinterzieht ein in Deutschland Steuerpflichtiger bereits dann, wenn er in seiner Steuererklärung Kapitalerträge aus einem Konto/Depot im Ausland verschweigt. Gibt ein Anleger über mehrere Jahre hinweg unvollständige Steuererklärungen ab, macht er sich für jedes Jahr wegen Steuerhinterziehung strafbar. Eine Steuerhinterziehung kann je nach Einzelfall sogar vorliegen, wenn die Bank Quellensteuern an den deutschen Fiskus abgeführt hat.
 

Welche Strafe droht bei Steuerhinterziehung?

Bei Steuerhinterziehung droht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. In besonders schweren Fällen sieht das deutsche Recht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. Besonders schwer wiegt in der Regel die Hinterziehung von mehr als € 50.000 innerhalb eines Jahres, die dem Fiskus entgehen. Durch eine Gesetzesänderung im Jahr 2017 liegt ein besonders schwerer Fall nun auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige eine Drittstaat-Gesellschaft (also eine Gesellschaft mit Sitz außerhalb der EU) zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt.
 

Strafbefreiende Selbstanzeige als „Brücke in die Steuerehrlichkeit“

Die Selbstanzeige befreit von Strafe und ebnet damit den Weg in die Steuerehrlichkeit. Grundsätzlich gilt, erklärt der Anleger die bisher verschwiegenen Einnahmen vollständig nach, wird er straffrei.

Die Erlangung der Straffreiheit setzt voraus, dass der Steuerpflichtige

1.  die Selbstanzeige rechtzeitig abgibt,
2. alle Einnahmen vollständig nacherklärt und
3. die Steuern und nach neuer Rechtslage auch die Zinsen hierauf fristgerecht nachzahlt.
 

1. Rechtzeitige Abgabe

Straffreiheit tritt nicht ein, wenn vor dem Zugang der Selbstanzeige

  • das Finanzamt eine Prüfung der betreffenden Steuerart (z. B. Einkommensteuer) angeordnet hat,
  • die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bekanntgegeben wurde,
  • ein Finanzbeamter zu einer steuerlichen Prüfung (Außenprüfung etc.) oder zur Ermittlung wegen eines Steuerdeliktes erschienen ist,
  • ein Amtsträger der Finanzbehörde zur Umsatzsteuer- oder Lohnsteuernachschau erschienen ist,
  • oder die Tat bereits entdeckt ist und der Anleger von der Tatentdeckung wusste oder damit rechnen musste.

Nach einem Beschluss des OLG Schleswig-Holstein vom 30.10.2015 muss der Steuerpflichtige bei einschlägiger Medienberichterstattung mit der Entdeckung der Tat rechnen: Eine Selbstanzeige erzeugt keine strafbefreiende Wirkung mehr, wenn der Steuerpflichtige durch eine Medienberichterstattung über den Ankauf einer Steuer-CD erfährt und er bei der Bank, von der die Daten der Steuer-CD stammen, Vermögenswerte vor dem deutschen Fiskus verborgen hält.
 

    2. Vollständige Angaben

    Eine wirksame Selbstanzeige setzt voraus, dass vollständige und detaillierte Angaben

    • zu allen (strafrechtlich) unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart,
    • mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen.

    Wichtig ist, dass sämtliche bisher verschwiegenen Einnahmen erklärt werden. Straffreiheit tritt einmalig und nur ein, wenn alle Einnahmen aus sämtlichen Quellen nacherklärt werden. Der Anleger muss „reinen Tisch“ machen und damit vollständig zur Steuerehrlichkeit zurückkehren. Liegen keine exakten Zahlen vor und ist Eile geboten, empfiehlt sich daher eine Schätzung der verschwiegenen Einnahmen mit einem Sicherheitszuschlag.
     

    3. Fristgerechte Zahlung der Steuern

    Um die strafbefreiende Wirkung zu erlangen, muss der Anleger die zusätzlichen Steuern und die Hinterziehungszinsen fristgerecht zahlen. Beträgt die nachzuzahlende Steuer für ein Jahr mehr als € 25.000 oder handelt es sich um einen besonders schweren Fall der Steuerhinterziehung, fällt für das betroffene Jahr zudem ein Sonderzuschlag an. Dieser beträgt:

    • 10 % bei Hinterziehungsbeträgen bis € 100.000,
    • 15 % bei Hinterziehungsbeträgen von mehr als € 100.000 bis € 1 Mio.,
    • 20 % bei Hinterziehungsbeträgen von mehr als € 1 Mio.

    Die Frist für die Zahlung bestimmt die Finanzbehörde. Da die Frist im Einzelfall kurz bemessen sein kann, sollte bereits vor Abgabe der Selbstanzeige darauf geachtet werden, dass ausreichend Mittel zur Zahlung der Steuern, der Zinsen und ggf. des Zuschlags vorhanden sind.
     

    Folgen einer wirksamen Selbstanzeige

    Bei einer wirksamen Selbstanzeige

    • wird das Vermögen im Ausland offiziell (dies kann vor allem bei einer anstehenden Übertragung von Interesse sein)
    • und der Anleger erlangt Straffreiheit, d. h. er muss keine strafrechtliche Verurteilung fürchten.
       
    Wie betreuen wir Selbstanzeigen?

    Wir beraten Sie umfassend und umsetzungsorientiert im Zusammenhang mit der Abgabe einer Selbstanzeige und/oder bei einem Steuerstrafverfahren. Das beginnt mit einem ausführlichen Beratungsgespräch, in dem wir die individuelle Situation des Anlegers analysieren:

    • Ermittlung der strafrechtlich relevanten Zeiträume,
    • Eilbedürftigkeit,
    • Besonderheiten bei Erbfällen oder Schenkungen,
    • Beteiligung weiterer Personen.

    Anschließend setzen wir uns mit den ausländischen Finanzinstitutionen in Verbindung und fordern die für eine Selbstanzeige erforderlichen Unterlagen an. Anhand der Unterlagen berechnen wir die Höhe der nachzuerklärenden Einnahmen und die zu erwartenden Steuernachzahlungen (inkl. Zinsen). Gegebenenfalls koordinieren wir die Selbstanzeige mit weiteren Beteiligten. Nach Abgabe der Selbstanzeige übernehmen wir sämtliche Korrespondenz mit den Finanzämtern und prüfen die auf der Grundlage der Selbstanzeige geänderten Steuerbescheide.

    Dr. Franz  Bielefeld

    Dr. Franz Bielefeld
    Partner
    Rechtsanwalt