Überschreitung des Bewilligungszeitraums: Wann droht die Rückforderung von Fördergeldern?

  • 21.10.2024
  • Lesezeit 7 Minuten

Wenn geförderte Projekte über den jeweiligen Bewilligungszeitraum hinaus fortgeführt werden, stellen sich verschiedene zuwendungsrechtliche Fragen. Eine der drängendsten betrifft die drohende Rückforderung von Fördermitteln. Was geschieht, wenn ein Projekt beispielsweise aufgrund von Lieferschwierigkeiten in Verzug gerät?

Die typische Fallgestaltung ist von Verzögerungen im vorgesehenen Projektablauf geprägt, die beispielsweise durch Lieferprobleme oder ein langwieriges Vergabeverfahren verursacht werden. Oftmals sind in solchen Fällen Abruf und Auszahlung der gesamten Fördersumme noch innerhalb des festgesetzten Bewilligungstermins erfolgt, obwohl den Beteiligten bewusst war oder bewusst hätte sein müssen, dass sich der Abschluss des geförderten Projekts nach hinten verschieben würde. Es geht dann nicht um einen verspäteten Abruf von Fördergeldern, sondern um eine verspätete Verwendung der Mittel. Auf den ersten Blick droht in diesen Fällen wegen eines Verstoßes gegen den Bewilligungsbescheid eine Rückforderung der gewährten Fördermittel.

Die Bescheids- und Sachverhaltsvarianten in diesen Fällen sind vielfältig. In der Folge gibt es verschiedene Ansätze zur zuwendungsrechtlichen Einordnung einer Fortführung der geförderten Maßnahme und ihren Rechtsfolgen. Oftmals sind praxisnahe und interessensgerechte Lösungen möglich, von denen einige nachfolgenden skizziert werden.

Implikationen des Bewilligungszeitraums

Die Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 44 der Haushaltsordnungen von Bund und Ländern erklären den „Bewilligungszeitraum“ zum notwendigen Inhalt eines Zuwendungsbescheids, ohne den Begriff näher zu erläutern.

Der regelmäßige Zusatz „dieser kann bei Zuwendungen zur Projektförderung über das laufende Haushaltsjahr hinausgehen, soweit hierfür eine haushaltsrechtliche Ermächtigung vorhanden ist“ gibt einen Hinweis auf den Hauptzweck dieser Vorgabe: Sie soll zum einen sicherstellen, dass die verbindliche Förderzusage mit ausreichenden staatlichen Mitteln hinterlegt ist, und zum anderen eine sachgerechte Finanzplanung des öffentlichen Fördergebers und somit auch die Einhaltung des Budgetrechts ermöglichen. 

Bewilligungszeitraum stellt zeitlichen Zusammenhang zwischen Förderzweck, Ausgaben und Deckungsmitteln her

Der Bewilligungszeitraum ist damit im Kern die Zeitspanne, für die der staatliche Zuwendungsgeber dem Zuwendungsempfänger eine verbindliche Finanzierungszusage macht, der Fördermaßnahme einen bestimmten zeitlichen Rahmen gibt und so einen zeitlichen Zusammenhang zwischen Förderzweck, Ausgaben und Deckungsmitteln herstellt.

Folgerichtig bestimmt vor allem der Ablauftermin der jeder Zuwendung zugrundeliegenden haushaltsrechtlichen Ermächtigung die maximale Laufzeit des Bewilligungszeitraums. Denn danach stehen keine Haushaltsmittel mehr für die Förderung zur Verfügung. Der Bewilligungszeitraum schränkt damit den Anspruch des Zuwendungsempfängers auf Auszahlung einer konkreten Zuwendung in zeitlicher Hinsicht ein und befristet zugleich die Möglichkeit des Zuwendungsempfängers, seinerseits zuwendungsfähige Zahlungsverpflichtungen einzugehen.

Die Dauer des im Zuwendungsbescheid konkret festzusetzenden Bewilligungszeitraums orientiert sich regelmäßig an dem für die Durchführung der Maßnahme notwendigen Zeitraum. Beide Zeiträume decken sich damit grundsätzlich.

Bestimmung eines Bewilligungszeitraums stellt keine Befristung oder Auflage im Sinne des VwVfG dar

Vor diesem Hintergrund handelt es sich bei der (bloßen) Bestimmung eines Bewilligungszeitraums regelmäßig weder um eine Befristung im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG noch um eine Auflage im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, sondern um eine der Hauptregelungen eines Zuwendungsbescheids, die in dieser Funktion unter anderem Anknüpfungspunkt für Nebenbestimmungen wie beispielsweise die Frist zur Vorlage des Verwendungsnachweises ist.

Im pflichtgemäßen (Gestaltungs-) Ermessen des Zuwendungsgebers steht es allerdings, diesem allgemeinen Inhalt des Bewilligungszeitraums durch die Hinzufügung ergänzender Vorgaben zusätzliche Verbindlichkeit und Rechtsklarheit zu verleihen. Häufig erfolgt dies durch die ausdrückliche Verpflichtung des Zuwendungsempfängers, sein Vorhaben innerhalb des Bewilligungszeitraums vollständig durchzuführen und einschließlich aller Ausgaben abzuschließen. In solchen konkreten begleitenden Bestimmungen sieht die Rechtsprechung eine Auflage im Sinne von § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, an deren Missachtung eigene Rechtsfolgen geknüpft sind.

Rechtsfolgen einer Überschreitung des Bewilligungszeitraums

Fehlen im Zuwendungsbescheid derartige Festsetzungen, lässt sich im konkreten Einzelfall trotz einer Überschreitung des Bewilligungszeitraums oftmals eine zuwendungsrechtliche Unbedenklichkeit oder jedenfalls Folgenlosigkeit begründen.

Zum einen ist den Zuwendungsempfängern nach den Bestimmungen des Förderbescheids, namentlich nach den darin regelmäßig für verbindlich erklärten Allgemeinen Nebenbestimmungen (z. B. Nr. 1.4 ANBest-P), eine sogenannte Verwendungsfrist von zwei Monaten nach Abruf der Fördermittel für zweckgemäße fällige Zahlungen eingeräumt. In den VV zu § 44 HO ist diese Frist zum Teil sogar länger.

Zweckgemäßer Einsatz von Fördermitteln außerhalb des Bewilligungszeitraums – ohne ergänzende Vorgaben kein unmittelbarer Rückforderungsanspruch

Zum anderen lässt der bloße Umstand, dass abgerufene und ausbezahlte Fördermittel infolge des Projektverlaufs nicht innerhalb des festgesetzten Bewilligungszeitraums zweckgemäß eingesetzt werden, den Zuwendungsbescheid nicht unwirksam werden. Folglich ergibt sich aus einer solchen Verzögerung unter den genannten Umständen auch kein unmittelbarer Rückforderungsanspruch aus § 49 a Abs. 1 Satz 1 VwVfG; der Bewilligungsbescheid ist vielmehr weiterhin Grundlage des gesamten Zuwendungsverfahrens und seiner Abwicklung. 

Ebenso wenig kommt in Fallgestaltungen wie der hier erörterten nach unserer Rechtsansicht ein Widerruf der Zuwendung wegen Zweckverfehlung bzw. eine entsprechend niedrigere Festsetzung der Förderhöhe im Rahmen eines abschließenden Bescheids in Betracht, sofern die abgerufenen Mittel für den im Zuwendungsbescheid festgesetzten Zweck eingesetzt worden sind bzw. eingesetzt werden.

Allgemeiner Regelungsgehalt eines Bewilligungszeitraums vermittelt dem Begünstigten grundsätzlich nur für diesen Zeitraum einen Förderanspruch

Literatur und Rechtsprechung sehen zwar – regelmäßig ohne nähere Begründung – Aufwendungen des Zuwendungsempfängers nach Ablauf des Bewilligungszeitraums generell als Unterfall einer nicht zweckentsprechenden Verwendung der Fördermittel an. Begründen lässt sich eine solche Einordnung nach unserer Ansicht allenfalls mit dem dargestellten allgemeinen Regelungsgehalt eines Bewilligungszeitraums, der dem Begünstigten nur für diesen Zeitraum einen grundsätzlichen Förderanspruch vermittelt; Aufwendungen nach Ablauf des Bewilligungszeitraums sind im Grundsatz nicht (mehr) haushaltsrechtlich gedeckt und deshalb nicht zuwendungsfähig.

Nach unserer Ansicht kann dies aber – unabhängig von einer im Bescheid eingeräumten Verwendungsfrist und über sie hinausgehend – dann nicht gelten, wenn Ursache und Rechtsgrund der (späteren) Aufwendung bereits verbindlich innerhalb des Bewilligungszeitraumes entstanden sind; dann decken sich Zuwendungszweck und haushaltsrechtliche Bereitstellung, nur der tatsächliche Einsatz der Mittel liegt (teilweise verspätet) in der Zukunft.

Grundsätzlich möglich ist allerdings nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG ein Widerruf des Zuwendungsbescheids, weil „die Leistung […] nicht alsbald nach der Erbringung […] für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird“. „Alsbald“ bedeutet, dass die Verwendung innerhalb einer angemessenen Zeit erfolgen muss; im Subventionsrecht bildet hierfür die übliche Zwei-Monats-Frist der VV zu § 44 der Haushaltsordnungen einen Anhaltspunkt.

Auf die Gründe, die für die nicht zeitgerechte Verwendung der Mittel maßgeblich waren, kommt es zwar nicht an, ebenso wenig auf ein Verschulden des Zuwendungsempfängers. Die Entscheidung über den Widerruf steht aber im pflichtgemäßen Ermessen des Zuwendungsgebers. Für den Fall einer lediglich nicht alsbaldigen zweckentsprechenden Verwendung der Fördermittel fehlen regelmäßig ausdrückliche ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften.

Lösung: Zinsforderung statt Widerruf mit (teilweiser) Rückforderung von Fördermitteln

In zahlreichen Fällen, insbesondere wenn keine Zweifel an dem zweckentsprechenden Einsatz der Fördergelder bestehen, dürfte es in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsprinzips ermessensgerecht sein, statt eines Widerrufs mit (teilweiser) Rückforderung der verspätet eingesetzten Mittel nach der Sondervorschrift des § 49 a Abs. 4 Satz 1 VwVfG für die Zeit bis zur zweckentsprechenden Verwendung Zinsen (sog. Zwischen- oder Vorgriffszinsen) zu verlangen. 
Ein solches Vorgehen ermöglicht oftmals eine interessensgerechte, ausgleichende Lösung: Dem sich im Grunde rechtstreu verhaltenden Zuwendungsempfänger verbleiben die zweckgerichtet eingesetzten Fördermittel, der Zuwendungsgeber schöpft allerdings ungerechtfertigte Zinsgewinne des Zuwendungsempfängers ab.

 

Vielen Dank an Dr. Peter Czermak für seine wertvolle Unterstützung beim Verfassen dieses Beitrages.

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Autor dieses Artikels

Dr. Christian Teuber

Partner

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht

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