Jedes Grundstück in Deutschland unterliegt der Grundsteuer. Nachdem über Jahrzehnte als Bemessungsgrundlage die sogenannten Einheitswerte herangezogen wurden, hat das Bundesverfassungsgericht 2018 die Bemessung der Steuer nach diesen Einheitswerten als verfassungswidrig erklärt.

Die Umsetzung der Grundsteuerreform läuft weiterhin. Jeder Immobilieneigentümer ist verpflichtet auf den Stichtag 1. Januar 2022 eine Erklärung zur Feststellung des neuen Grundsteuerwerts einzureichen. Nachdem die Finanzverwaltung eine Frist für die Abgabe der Grundsteuererklärung nur bis zum 31. Oktober 2022 gesetzt hatte, wurde diese zunächst bundeseinheitlich bis zum 31. Januar 2023 verlängert. Doch allgemein ist bekannt, dass bis zu diesem Stichtag noch rund ein Drittel der Erklärungen nicht abgegeben wurden. Während vielfach eine weitere allgemeine Fristverlängerung gefordert wurde, haben sich die Finanzverwaltungen der Länder mit einer Ausnahme dagegen entschieden. Lediglich Bayern hat eine weitere allgemeine Fristverlängerung um drei Monate, d.h. bis Ende April 2023 verkündet. Die übrigen Länder planen, Erinnerungsschreiben zu versenden. Sanktionen wie Verspätungszuschläge sollen zunächst nicht festgesetzt werden. Allerdings gibt es hierzu nach derzeitigem Stand keine allgemein gültigen Anweisungen, sodass eine zeitnahe Abgabe der Erklärungen weiterhin geboten ist.

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Unsere Antworten auf Ihre Fragen zur Grundsteuerreform

Die Grundsteuer ist eine Substanzsteuer auf das Eigentum an einem Grundstück, die Einnahmen aus der Grundsteuer fließen den Gemeinden zu und stellen für diese eine wesentliche Einnahmequelle dar.

Man unterscheidet bisher zwischen der Grundsteuer A für land- und forstwirtschaftliche Betriebe und der Grundsteuer B, für alle übrigen Grundstücke im Sinne des Bewertungsgesetzes. Hierzu zählen neben dem Grund und Boden die aufstehenden Gebäude. Die Grundstücke werden nach wirtschaftlichen Einheiten bewertet, beispielhaft ein Mietwohngrundstück (Mehrfamilienhaus) in der A-Straße 12. Aber auch rechtlich selbstständige Einheiten wie Eigentumswohnungen zählen als Grundstück im Sinne des Bewertungsrechtes und sind daher gesondert als wirtschaftliche Einheit zu bewerten. 
Das Finanzamt ermittelt die Bemessungsgrundlage, d.h. bisher den jeweiligen Einheitswert und erteilt durch Anwendung einer Messzahl den sog. Grundsteuermessbescheid. Auf diesen Wert setzt die jeweilige Gemeinde durch Anwendung eines Hebesatzes die jeweilige Grundsteuer fest.

Bisher wurde die Grundsteuer auf Basis der Einheitswerte ermittelt. Ursprünglich sollten diese Werte alle fünf Jahre neu ermittelt werden (sog. Hauptfeststellungszeitpunkte). Tatsächlich erfolgte die einzige Hauptfeststellung nur auf den 1.1.1964, woraus sich erklärt, dass auch bei neu erstellten Gebäuden bis zum heutigen Tag die Wertverhältnisse des Jahres 1964 zugrunde gelegt und die ermittelten Einheitswerte weit entfernt von tatsächlichen Verkehrswerten angesetzt werden. In den neuen Bundesländern werden die Einheitswerte auf den 1.1.1935 zugrunde gelegt, da zum 1.1.1964 keine Neubewertung erfolgte. 

Die Bemessung der Grundsteuer nach nicht mehr den tatsächlichen Wertverhältnissen entsprechenden Grundlagen wurde 2018 vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber wurde aufgefordert bis Ende 2019 eine gesetzliche Neuregelung zu treffen und diese spätestens mit Wirkung zum 1. Januar 2025 umzusetzen. Ab diesem Stichtag dürfen die Einheitswerte nicht mehr bei der Berechnung der Steuer zugrunde gelegt werden.

Aufgrund der Verfassungswidrigkeit der bisherigen Bemessungsgrundlage haben sich Bund und Länder im November 2019 auf das Grundsteuer-Reformgesetz geeinigt und hierbei das sog. Bundesmodell geschaffen. Gleichzeitig wurde den Ländern aber die Möglichkeit eröffnet, vom Bundesmodell abweichende Regelungen zu treffen, wie die Immobilienbewertung für Zwecke der Grundsteuer erfolgen soll. Von dieser Möglichkeit haben für die Grundsteuer B die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen Gebrauch gemacht. Die Länder Saarland und Sachsen wenden das Bundesmodell grundsätzlich an, legen jedoch abweichende Steuermesszahlen zugrunde. Mit der Reform erfolgt somit erstmals keine einheitliche Bewertung der Immobilien in Deutschland mehr. 

Neu ist auch, dass den Ländern die Möglichkeit zur Einführung der Grundsteuer C gegeben wurde. Hiermit können unbebaute, aber baureife Grundstücke einer erhöhten Grundsteuer unterliegen, um einen Anreiz für eine zügige Bebauung zu schaffen.
Als erster neuer Zeitpunkt der Wertermittlung wurde der 1.1.2022 festgelegt. Auf diesen Stichtag sind damit nach Schätzungen rund 36 Millionen Grundstücke neu zu bewerten. 

Jeder Immobilienbesitzer ist verpflichtet, eine Erklärung zur Feststellung des Grundsteuerwertes an die Finanzverwaltung auf elektronischem Weg zu übermitteln. Hierbei sind grundstücksbezogene Daten zu erklären, die sich jedoch nach der Art der Nutzung der Immobilie unterscheiden. Zudem sind die länderbezogenen Besonderheiten zu beachten. Zur Abgabe der Erklärungen hat die Finanzverwaltung öffentlich aufgefordert. Die ursprünglich auf den 31. Oktober 2022 gesetzte Frist zur Abgabe der Erklärung wurde zwischenzeitlich auf den 31. Januar 2023 verlängert. Eine weitere allgemeine Fristverlängerung über dieses Datum hinaus wurde lediglich in Bayern gewährt (bis zum 30. April 2023). Alle weiteren Bundesländer sollen der herrschenden Meinung folgend von Sanktionen zunächst absehen und durch Erinnerungsschreiben an die Abgabe der Erklärung erinnern. Hierzu gibt es jedoch nach derzeitigem Stand keine allgemein gültigen Anweisungen, so dass eine zeitnahe Abgabe der Erklärungen weiterhin geboten ist. 

Das bisherige Verfahren zur Ermittlung der Grundsteuer bleibt dabei grundsätzlich erhalten. Das bedeutet, dass sich die Grundsteuer wie folgt ermittelt: 

Grundsteuerwert × Steuermesszahl × Hebesatz = Grundsteuer

  • Grundsteuerwert: ermittelt das Finanzamt anhand einer Feststellungserklärung
  • Steuermesszahl: gesetzlich festgelegt
  • Hebesatz: legt Stadt beziehungsweise Gemeinde fest

Wie sehen die verschiedenen Bewertungsmodelle aus?

Im Bundesmodell, dem die meisten Bundesländer folgen, richtet sich die Art der Bewertung nach der Grundstücksart. Während Ein- und Zweifamilienhäuser, Mehrfamilienhäuser und Eigentumswohnungen im Ertragswertverfahren auf Basis von den Bundesländern festgelegter Mietwerte bewertet werden, erfolgt die Bewertung bei Geschäftsgrundstücken, gemischt genutzten Grundstücken und sonstigen bebauten Grundstücken im Sachwertverfahren. Wie bei unbebauten Grundstücken ist sowohl beim Ertrags- als auch beim Sachwertverfahren der Wert des Grund und Bodens auf Basis der von den Gutachterausschüssen auf den 1.1.2022 ermittelten Bodenrichtwerten zu berücksichtigen. 

Im Ertragswertverfahren ermittelt sich der Grundsteuerwert aus der Summe des kapitalisierten Reinertrags sowie dem abgezinsten Bodenwert.

Im Sachwertverfahren erfolgt eine getrennte Ermittlung des Bodenwerts und dem Wert des Gebäudes. Dieser Gebäudesachwert ermittelt sich durch Multiplikation der sog. Normalherstellungskosten mit der Brutto-Grundfläche.

Bei der Grundsteuer B kommt das sogenannte "modifizierte Bodenwertmodell" zur Anwendung. Entgegen den Regelungen des Bundesmodells kommt es in diesem Bewertungsverfahren auf eine etwaige Bebauung des Grundstücks nicht an, da der Grundsteuerwert ausschließlich durch Multiplikation der Grundstücksfläche mit dem Bodenrichtwert ermittelt wird. Des Weiteren sieht das Landesgrundsteuergesetz von Baden-Württemberg vor, dass Grundstücke, die überwiegend Wohnzwecken dienen sowie der soziale Wohnungsbau und Kulturdenkmäler begünstigt werden. Zu diesem Zweck wird die gesetzliche vorgeschriebene Steuermesszahl in den genannten Fällen in Höhe von 30% verringert.

Die Ermittlungs-Formel der Grundsteuer lautet demnach grundsätzlich wie folgt: 


Grundsteuer = Grundsteuerwert (Grundstücksfläche x Bodenrichtwert) x Steuermesszahl x Hebesatz

Der Freistaat Bayern hat sich bei der Neubewertung des Grundbesitzes im Rahmen der Grundsteuer B für ein wertunabhängiges Bewertungsmodell, das sog. Flächenmodell, entschieden. Grundstücks- und Gebäudeflächen werden dabei mit festen Äquivalenzzahlen (Grundstück 0,04 Euro/qm und Gebäude 0,50 Euro/qm) multipliziert, um den Grundsteuerwert zu erhalten. Für Wohnflächen wird zusätzlich ein Abschlag von 30% gewährt, sodass in diesem Fall nur 0,35 Euro/qm angesetzt werden. Daneben sind u. a. für den sozialen Wohnungsbau und Denkmäler weitere Ermäßigungen vorgesehen. Der Grundsteuerwert ist die Bemessungsgrundlage, auf die die Gemeinden wiederum den jeweiligen Hebesatz anwenden. Der von den Gemeinden festgesetzte Hebesatz ist somit der wesentliche Hebel bei der Ermittlung der Grundsteuer in Bayern. 

Die Ermittlungs-Formel der Grundsteuer lautet demnach grundsätzlich wie folgt: 


Grundsteuer = Grundsteuerwert (qm Grundstück und qm Gebäude jeweils multipliziert mit fester Äquivalenzzahl) x Steuermesszahl x Hebesatz

Die Bundesländer Hamburg, Hessen und Niedersachsen folgen grundsätzlich dem wertunabhängigen Bewertungsmodell des Freistaats Bayern. Auch in diesen Ländern werden feste Äquivalenzzahlen (Grundstück 0,04 Euro/qm und Gebäude 0,50 Euro/qm) für die Bewertung des Grundbesitzes bzw. der Gebäude herangezogen. Einziger Unterschied ist, dass zusätzlich noch zwischen der Lage der jeweiligen wirtschaftlichen Einheit unterschieden wird. Ein sog. Lagefaktor soll gewährleisten, dass Grundstücke in besseren Lagen höher besteuert werden als solche in schlechteren Lagen. Der in Bayern einschlägige Abschlag für Wohnflächen in Höhe von 30 % sowie die Ermäßigungen für Wohnungsbau und Denkmäler ist auch in den genannten Bundesländern einschlägig. 

Die Ermittlungs-Formel der Grundsteuer lautet demnach grundsätzlich wie folgt: 


Grundsteuer = Grundsteuerwert (qm Grundstück und qm Gebäude jeweils multipliziert mit fester Äquivalenzzahl) x Steuermesszahl (ggf. angepasst aufgrund des Lagefaktors) x Hebesatz

Das Baker Tilly Self Assessment Tool zur Grundsteuerreform