UrhG-Novellierung: Unternehmen müssen Urhebern proaktive Auskunft erteilen
- 01.02.2023
- Lesezeit 4 Minuten
Haben Sie einen Überblick darüber, welche urheberrechtlich geschützten Bilder, Videos oder Texte Ihr Unternehmen nutzt? Müssen Sie diese Frage verneinen, sollten Sie schnellstens für Klarheit sorgen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Hintergrund ist, dass gem. § 32d Urhebergesetz (UrhG) neuerdings Lizenznehmer gegenüber Urhebern, verpflichtet sind, jährlich proaktiv eine Auskunft über den Umfang der Werknutzung sowie die Höhe der Erträge und Vorteile, die Sie aus dem Werk gezogen haben, zu erteilen. Zuvor bestand diese Pflicht nur im Falle einer diesbezüglichen Aufforderung des Urhebers.
Ablauf und Fristen der EU-Richtlinie zum Urheberrecht
Die Novellierung des Urheberrechts geht zurück auf die Umsetzung des Art. 19 der Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt („DSM-Richtlinie“) der Europäischen Union. Die nationale Änderung des UrhG wurde bereits im Juni 2021 vom Bundestag verabschiedet. Bislang bestand die aus § 32d UrhG hervorgehende Auskunftspflicht nur in Bezug auf Neuverträge über Nutzungen urheberrechtlich geschützter Werke, die nach dem 7. Juni 2021 geschlossen wurden.
Für vor diesem Zeitpunkt datierende Verträge galt eine Übergangsphase, die am 7. Juni 2022 endete, vgl. § 133 Abs. 3 UrhG. Somit wird die Auskunftspflicht mit Ablauf des 7. Juni 2023 auch für Altverträge fällig.
Angesichts dessen sollten sich Unternehmen, die fremde Urheberrechte nutzen, schnellstmöglich einen Überblick über bestehende Verträge verschaffen, um damit verbundene, bereits jetzt oder künftig bestehende Auskunftsverpflichtungen zutage zu fördern. Dabei sind die folgenden drei Schritte zu beachten:
Schritt 1: Welche entgeltlichen Nutzungen von urheberrechtlich geschützten Werken bestehen und seit wann?
Grundsätzlich sind alle in Betracht kommenden entgeltlichen Nutzungen relevant. Davon ausgenommen sind lediglich Konstellationen, in denen (a) der Urheber gleichzeitig Arbeitnehmer des Vertragspartners ist, es sich um (b) Computerprogramme i.S.d. § 69a Abs. 5 UrhG handelt oder (c) im Lizenzverhältnis eine Dritte Person zwischengeschaltet ist (Fall von § 32d Abs. 1a UrhG).
Handelt es sich um Nutzungsverträge, die erst nach dem 7. Juni 2021 geschlossen wurden und für die keine der genannten Ausnahmen greift, sollten Sie unverzüglich tätig werden, da die Auskunftsverpflichtung in diesem Fall bereits ein Jahr nach Vertragsschluss, also möglicherweise bereits jetzt fällig ist. Im Falle des Bestehens sonstiger Altverträge tritt die Fälligkeit erst mit Ablauf des 7. Juni 2023 ein.
Schritt 2: Ist ein Ausschlussgrund gem. § 32d Abs. 2 UrhG statthaft?
Eine proaktive Auskunftspflicht kann gem. § 32d Abs. 2 UrhG ausgeschlossen sein, „soweit der Urheber einen lediglich nachrangigen Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbracht hat [Nr. 1] oder die Inanspruchnahme des Vertragspartners aus anderen Gründen unverhältnismäßig ist, insbesondere wenn der Aufwand für die Auskunft außer Verhältnis zu den Einnahmen aus der Werknutzung stünde” [Nr. 2]. Die Beurteilung, ob eine solche Ausnahme greift, richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls.
Schritt 3: Welchen Umfang hat die Werknutzung? Wie hoch sind die erwirtschafteten Erträge aus der Nutzung bzw. welche Vorteile werden aus dem Werk gezogen?
Um bestehenden Auskunftsverpflichtungen nachkommen zu können, sollten Sie eine saubere Dokumentation anstreben. Es empfiehlt sich, zu diesem Zweck eine nachvollziehbare Übersicht zu führen, die sämtliche Werke und deren jeweiligen Nutzungsumfang sowie daraus gezogene Erträge/Vorteile festhält.
Drohende Konsequenzen bei Unterlassen der Auskunft
Sofern eine Auskunftsverpflichtung gegenüber Urhebern besteht und Ihr Unternehmen dieser nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt, drohen Ihrem Unternehmen urheberrechtliche Abmahnungen und/oder die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche.
Sollten Sie sich unsicher sein oder nicht wissen, ob Ihr Unternehmen von einer Auskunftspflicht gegenüber Urhebern betroffen ist oder, ob eine Ausnahme greifen könnte, empfehlen wir die Konsultation eines sachkundigen Rechtsanwalts. Eine fachliche Beratung schützt vor rechtlichen Konsequenzen. Wir beraten Sie hierzu sowie zu allen weiteren Fragen rund um das Thema Urheberrecht.