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Vorsicht bei grunderwerbsteuerfreien Einzelübertragungen von Grundbesitz auf Personengesellschaften: Hintergrund ist das Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG), welches zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt.
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz – „MoPeG“) wird zum 1. Januar 2024 das Gesamthandsprinzip als bisherige Besonderheit des deutschen Personengesellschaftsrechts entfallen. In weiten Teilen noch ungeklärt sind indes die Auswirkungen auf das Steuerrecht.
Eine dieser offenen Fragen ist für die Planung von Strukturierungen bei Unternehmen mit Grundbesitz besonders relevant: Führt der Wegfall des Gesamthandsprinzips dazu, dass die Grunderwerbsteuerbefreiung bei Übergängen von Grundbesitz auf und von einer Gesamthand i.S. der §§ 5, 6 GrEStG rückwirkend versagt oder ausgeschlossen wird?
Grunderwerbsteuerlicher Status quo
Wird im Zuge einer Strukturierung ein Grundstück auf eine Personengesellschaft und damit Gesamthand übertragen, so wird die Grunderwerbsteuer in dem Umfang nicht erhoben, in dem der Anteil des Gesellschafters (Übertragenden) an der Gesamthand seinem Bruchteil an dem Grundstück entspricht.
Voraussetzung für diese Grunderwerbsteuerbefreiung ist jedoch, dass sich der Anteil des übertragenden Gesellschafters am Vermögen der Gesamthand nicht innerhalb von zehn Jahren nach Übertragung des Grundstücks vermindert gemäߧ 5 Abs. 3 Satz 1 GrEStG (fünf-, zehn- oder fünfzehnjährige Sperrfrist). § 6 GrEStG regelt spiegelbildlich den Übergang eines Grundstücks von einer Gesamthand in das Mit- oder Alleineigentum der an der Gesamthand beteiligten Personen und einer korrespondierenden zehn- bzw. fünfzehnjährigen Sperrfrist (vgl. § 6 Abs. 3 GrEStG).
Wegfall des Konzepts der Gesamthand im Zuge des MoPeG
Nach Inkrafttreten des MoPeG wird § 713 BGB n.F. den folgenden Wortlaut erhalten:
Die Tatsache, dass Gesellschaftsvermögen zukünftig der Personengesellschaft selbst – und nicht mehr den einzelnen Gesellschaftern zur gesamten Hand (vgl. §§ 718, f., 738 BGB in der aktuell geltenden Fassung) – zugerechnet wird, ist Ausdruck des Wegfalls des bisherigen Gesamthandsprinzips für Zwecke des Zivilrechts. Die Personengesellschaft wird zukünftig in Bezug auf ihre Rechtssubjektivität der Kapitalgesellschaft nunmehr gesetzlich gleichgestellt. In der Rechtsprechung erkennt der BGH die Rechtsfähigkeit der Personengesellschaft ohnehin bereits seit einiger Zeit an. Daher erscheint der Wegfall des Gesamthandsprinzips aus zivilrechtlicher Sicht unseres Erachtens nur konsequent.
Was ist mit den nicht-ertragsteuerlichen Themen, wie etwa der Grunderwerbsteuer?
Zwar ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zum MoPeG, dass der zivilrechtliche Wegfall des Gesamthandsvermögens ausdrücklich nicht zu „Änderungen an den ertragsteuerlichen Grundsätzen bei der Besteuerung von Personengesellschaften“ führen soll. Insbesondere das Transparenzprinzip und die Existenz von Gesamthands- und Sonderbetriebsvermögen sollen unangetastet bleiben (vgl. den Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 20. Januar 2021, S. 119).
Unklar bleibt jedoch, ob sich diese Aussage nur auf das Ertragssteuerrecht beschränkt oder auch auf andere Steuerrechtsgebiete, wie etwa das Grunderwerbsteuerrecht, bezieht. Verantwortlich dafür sind die Formulierungen des Gesetzgebers an dieser Stelle und die Kürze der Ausführungen in der Gesetzesbegründung.
Keine Anwendbarkeit der §§ 5 und 6 GrEStG mehr auf Grundstücksübertragungen nach dem 31. Dezember 2023?
Nach Inkrafttreten des MoPeG besteht unseres Erachtens die Gefahr, dass §§ 5 und 6 GrEStG bereits dem Wortlaut nach ins Leere laufen, da das Konzept der Gesamthand dem Zivilrecht ab dem 1. Januar 2024 nicht mehr „bekannt“ ist, sofern sich der Steuergesetzgeber nicht zu einer Modifizierung des Wortlauts beider Normen entscheiden oder ein abweichendes Verständnis für steuerliche Zwecke an anderer Stelle ausdrücklich festschreiben sollte. Dies erscheint vor dem Hintergrund der grundsätzlich engen Verknüpfung des GrEStG mit dem Zivilrecht jedenfalls nicht fernliegend.
Die Personengesellschaft wird zukünftig als gegenüber ihren Gesellschaftern verselbständigtes Rechtssubjekt anzusehen sein, so dass der den §§ 5 und 6 GrEStG immanenten Bruchteilsbetrachtung sozusagen der rechtliche „Boden unter den Füßen“ weggezogen wird.
Auswirkungen auf grunderwerbsteuerfreie Grundstücksübergänge vor dem 1. Januar 2024?
Für aktuelle Strukturierungsüberlegungen mit Bezug zu Grundstücksübertragungen und für bereits durchgeführte grunderwerbsteuerfreie Übergänge, für die die Sperrfristen i.S. der §§ 5, 6 GrEStG noch laufen, ergibt sich daher das Risiko des (rückwirkenden) Anfalls von Grunderwerbsteuer.
Hier könnte es zum Eintritt einer „Sperrfristverletzung qua Gesetz“ bedingt dadurch kommen, dass betreffende Grundstücke ab dem 1. Januar 2024 faktisch nicht mehr im Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft gehalten werden können. Infolgedessen käme es zum 1. Januar 2024 automatisch zur vollumfänglichen Verminderung der grunderwerbsteuerlichen Beteiligungsquote i.S. der §§ 5, 6 GrEStG, so dass hierdurch rückwirkend Grunderwerbsteuer ausgelöst würde.
Diese Konstellationen sind unseres Erachtens jedoch erheblich kritischer zu sehen als solche, bei denen es zu einem Anfall von Grunderwerbsteuer durch eine aktive Handlung des Steuerpflichtigen nach Inkrafttreten des MoPeG kommt.
Im Einzelnen hierzu wie folgt:
(Verfassungsrechtliche) Rückwirkungsproblematik
Ein rückwirkendes Entfallen der von §§ 5 und 6 GrEStG vorgesehenen Grunderwerbsteuerbefreiungen für umgesetzte Grundstücksübertragungen auf bzw. von Personengesellschaften dürfte u.E. mit dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Vertrauensschutzgrundsatz kollidieren. Dieser besagt, dass sich der Steuerpflichtige auf eine bestimmte Gesetzeslage verlassen können soll, damit er entsprechend disponieren kann.
Dies dürfte nach unserem Dafürhalten auch dann noch gelten, wenn die Steuerpflichtigen aktuell erst die Grundstücksübertragung vornehmen werden. Denn zum derzeitigen Zeitpunkt sind jedenfalls noch keine offensichtlichen Anhaltspunkte vorliegend, dass der Steuergesetzgeber die Grunderwerbsteuerbefreiungen nach §§ 5, 6 GrEStG ab dem 1. Januar 2024 rückwirkend entfallen lassen möchte.
Abgesehen davon ist ein rückwirkendes Entfallen der grunderwerbsteuerlichen Privilegierungen der §§ 5 und 6 GrEStG auch vor dem folgenden Hintergrund fraglich:
Der Gesetzgeber hätte grundsätzlich die Folgen des MoPeG bereits im Rahmen der Grunderwerbsteuerreform 2021 miteinbeziehen und die §§ 5, 6 GrEStG im Lichte des gewünschten „Gleichlaufs“ von Personen- und Kapitalgesellschaften im Grunderwerbsteuerrecht entweder gleich ganz für die Zukunft abschaffen oder auf Kapitalgesellschaften erweitern können. Dies hat er aber nicht getan. Ob es sich dabei um eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung gehandelt hat oder nicht, kann zwar nicht von außen bestimmt werden. Jedenfalls mit Blick auf eine Inkaufnahme einer rückwirkenden Versagung der Grunderwerbsteuerbefreiungen i.S. der §§ 5, 6 GrEStG erscheint es nach unserem Dafürhalten daher aber eher unwahrscheinlich, dass sich der Steuergesetzgeber nun ausgerechnet unter den Umständen des MoPeG (nochmal) anders entscheidet.
Je nachdem, wann eine mögliche Änderung der §§ 5 und 6 GrEStG bzw. die Einführung einer entsprechenden Übergangregelung durch den Gesetzgeber in Betracht gezogen werden sollte, bestünde schlimmstenfalls für sämtliche relevanten grunderwerbsteuerfreien Grundstücksübergänge von oder auf eine Gesamthand in den kommenden zwei Jahren zumindest Rechtsunsicherheit dahingehend, ob rückwirkend Grunderwerbsteuer ausgelöst wird oder nicht. Deshalb ist in jedem Fall eine eingehende Analyse bei aktuellen entsprechenden Strukturierungsüberlegungen vorzunehmen.
Entgegenstehender Sinn und Zweck der §§ 5 Abs. 3 und 6 Abs. 3 GrEStG
Des Weiteren dürfte aus teleologischer Sicht der § 5 Abs. 3 und § 6 Abs. 3 GrEStG einer rückwirkenden Grunderwerbsteuerversagung entgegenstehen. Denn die durch die betreffenden Vorschriften angeordneten Sperrfristen haben den Charakter von Missbrauchsvermeidungsvorschriften.
Dass eine bloße Gesetzesänderung ohne steuergestalterisches Eingreifen des Steuerpflichtigen jedoch den Tatbestand des Gestaltungsmissbrauchs erfüllen soll, erscheint unseres Erachtens weder plausibel noch gerechtfertigt. Dies belegen auch die vor dem Hintergrund des Brexit in § 5 Abs. 3 Satz 2 GrEStG bzw. § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG eingefügten Regelungen, die in der vorliegenden Konstellation ebenfalls anstelle einer Übergangsregelung denkbar wären.
Resümee
Vor dem Hintergrund des in der Gesetzesbegründung entsprechend zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Willens, der verfassungsrechtlichen Problematik und des Vorgehens des Gesetzgebers im Zuge der Grunderwerbsteuerreform 2021 erscheint es zumindest naheliegender, dass sich der Steuergesetzgeber als „Minimalziel“ für eine Übergangregelung entscheiden dürfte, die sämtliche bis zum 31. Dezember 2023 erfolgenden relevanten Übertragungsvorgänge aus dem Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 GrEStG ausnimmt, sodass der Wegfall des Gesamthandsprinzips allein nicht zu einer Sperrfristverletzung führen sollte. Ein solches Petitum wird beispielsweise in der auf den 11. August 2022 datierenden Stellungnahme zum Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2022 („JStG 2022“) auch durch diverse Industrieverbände aufgegriffen.
Es bleibt im Sinne der Rechtssicherheit zu hoffen, dass der Gesetzgeber dieser Aufforderung tatsächlich bereits im Zuge des JStG 2022 nachkommt und entsprechende Übergangsregelungen in das GrEStG einfügt.
Steuerpflichtige sollten aktuell bei geplanten Strukturierungen, die die Grunderwerbsteuerbefreiungen der §§ 5, 6 GrEStG nutzen, sehr genau hinschauen und eine Risikoabwägung vornehmen. Im Einzelfall könnten sie auch beispielsweise den Abschluss einer sogenannten „Steuerversicherung“ in Erwägung ziehen.
Christian Wegener
Partner
Steuerberater
Dr. Christiane Krüger, LL.M.
Senior Manager
Rechtsanwältin, Steuerberaterin
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