D&O-Versicherung: Keine Deckung bei „Strohmann“-Geschäftsführer

Bild: brennende Euro-Scheine in der Luft

Das OLG Hamm entschied: Wer als „Strohmann“-Geschäftsführer agiert und dies bei Abschluss einer D&O-Versicherung verschweigt, verliert seinen Versicherungsschutz. Im Streitfall verweigerte der Versicherer die Deckung wegen arglistiger Täuschung – mit drastischen Folgen für den Betroffenen. Transparenz ist gegenüber dem Versicherer essenziell.

Wenn ein Geschäftsführer lediglich als „Strohmann“ agiert, ist er verpflichtet, diesen Umstand bei Abschluss einer D&O-Police proaktiv dem Versicherer mitzuteilen. Andernfalls kann der Versicherer im Schadensfall die Deckung verweigern. Dies entschied das OLG Hamm mit Hinweisbeschluss vom 28. Februar 2024 (Az.: 20 U 224/23).

Sachverhalt der Entscheidung

Ein Polizeibeamter und Gründer einer GmbH legte aus dienstrechtlichen Gründen sein Geschäftsführeramt nieder. Stattdessen wurde der Kläger als „Strohmann“ -Geschäftsführer im Handelsregister eingetragen, während der Gründer Prokura behielt und die Geschäfte faktisch leitete. 

Im Mai 2020 schloss der Kläger eine D&O-Versicherung ab, ohne dem Versicherer die tatsächlichen Geschäftsverhältnisse offenzulegen. Nachdem 2022 das Insolvenzverfahren über die GmbH eröffnet wurde, forderte der Kläger Freistellung von der Versicherung, da er für Zahlungen nach Insolvenzreife haftbar gemacht wurde. Die Versicherung verweigerte jedoch die Deckung aufgrund arglistiger Täuschung.

Wie entschied das Gericht?

Das OLG Hamm entschied, dass der Kläger keinen Versicherungsschutz erhält, da er die Beklagte bei Vertragsabschluss arglistig täuschte. Der Kläger hatte es versäumt, die Beklagte über seine tatsächliche Rolle als nur formeller Geschäftsführer aufzuklären, obwohl dies für den Versicherer relevant gewesen wäre. 

Das Gericht stützte sich auf die Gesetzesbegründung zu § 19 Abs. 1 VVG, die eine Anfechtung bei Arglist nicht ausschließt. Zwar besteht eine Aufklärungspflicht des Versicherungsnehmers nur hinsichtlich erheblicher Gefahrumstände, die vom Versicherer abgefragt wurden. Eine spontane Offenbarungspflicht sei jedoch dann gegeben, wenn offensichtliche, gefahrerhebliche Umstände vorliegen, die so selten oder fernliegend sind, dass der Versicherer nicht verpflichtet ist, diese abzufragen. 

Im konkreten Fall stellte das Gericht fest, dass der formell als Geschäftsführer tätige Kläger und der aufgrund seiner anderen beruflichen Verpflichtungen gebundene faktische Geschäftsführer ihre Organpflichten nicht wahrnehmen konnten und dadurch das Risiko für die Gesellschaft erheblich erhöhten. Der Versicherer hätte bei ordnungsgemäßer Aufklärung den Vertrag vermutlich nicht abgeschlossen. Da das Gericht Vorsatz annahm, bejahte es das Vorliegen einer arglistigen Täuschung, wodurch der Kläger keinen Anspruch auf den Versicherungsschutz hatte.

Praktische Konsequenzen für Unternehmen und Versicherer:

  1. Hohes Risiko für Strohmann-Geschäftsführer: Es droht die Gefahr einer Haftung mit dem Privatvermögen.
  2. Transparenz ist entscheidend: Geschäftsführer sollten alle relevanten Informationen zu ihrer tatsächlichen Rolle und etwaigen Interessenkonflikten dem Versicherer offenlegen.
  3. Sensibilisierung für Haftungsfallstricke: Die Unternehmensführung sollte das eigene Handeln regelmäßig auf den Prüfstand stellen, um Haftungsrisiken zu erkennen und zu vermeiden.
  4. Versicherer müssen prüfen: Versicherungsunternehmen sollten bei der Prüfung von D&O-Anträgen noch genauer auf die vollständige Offenlegung der tatsächlichen Geschäftsverhältnisse achten.

Für Unternehmen und Geschäftsführer bedeutet die Entscheidung, dass eine transparente Kommunikation mit dem Versicherer entscheidend ist, um im Schadensfall abgesichert zu bleiben. Nur durch vollständige Offenlegung wird der Versicherungsschutz gewährleistet. Für „Strohmann“-Geschäftsführer ist dabei ein besonders hohes Risiko festzustellen. 

Selbst wenn sie sich vollkommen aus der Geschäftsführung der jeweiligen Gesellschaft heraushalten, haften sie unter Umständen für Sozialversicherungsbeiträge (BGH, Beschluss vom 13.10.2016 - 3 StR 352/16) oder Steuerschulden der Gesellschaft. Besteht dann kein Versicherungsschutz, müssen sie mit ihrem persönlichen Vermögen für die Forderungen einstehen (etwa nach § 43 Abs. 2 GmbHG). 

Eine Eintragung in das Handelsregister sollte vor diesem Hintergrund stets wohlüberlegt sein. Sprechen Sie uns bei Fragen zu diesem Thema gerne an!

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Autoren dieses Artikels

Dr. Rahel Reichold

Partner

Rechtsanwältin

Dominique Helberg, LL.M.

Director

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Steuerrecht

Simon Bloch

Manager

Rechtsanwalt

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