Strengere Regeln für Verlustverrechnung: BFH bestätigt enge Auslegung

Strengere Regeln für Verlustverrechnung: BFH bestätigt enge Auslegung
  • 17.04.2025
  • Lesezeit 4 Minuten

Der Bundesfinanzhof stellt klar: Nur wirtschaftlich gebundenes Eigenkapital zählt bei der Verlustverrechnung von Kommanditisten. Gesellschaftsverträge müssen dafür substanzielle Voraussetzungen erfüllen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 16. Januar 2025 (Az. IV R 28/23) seine Rechtsprechung zur Verlustverrechnungsbeschränkung bei Kommanditisten nach § 15a Einkommensteuergesetz (EStG) weiter geschärft. Im Fokus: die steuerliche Einordnung außerbilanzieller Hinzurechnungen nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG und die zivilrechtliche Abgrenzung von Gesellschafterkonten als Eigen- oder Fremdkapital.

Im konkreten Fall ging es um die Frage, ob eine auf einem neuen Gesellschafterkonto verbuchte Einlage sowie eine gewinnerhöhende Hinzurechnung nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG bei der Ermittlung des verrechenbaren Verlusts eines Kommanditisten berücksichtigt werden können. Der BFH verneint dies mit klarer Begründung und betont erneut die maßgebliche Bedeutung der wirtschaftlichen Belastung und der zivilrechtlichen Gestaltung.

Keine kapitalsaldoerhöhende Wirkung der Hinzurechnung

Der BFH stellt unmissverständlich klar, dass die außerbilanzielle Hinzurechnung gemäß § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG das steuerliche Kapitalkonto eines Kommanditisten nicht beeinflusst. Der Hinzurechnungsbetrag ist keine Position der Handels- oder Steuerbilanz und wirkt sich daher nicht auf die Eigenkapitalausstattung im Sinne des § 15a EStG aus. Eine etwaige Erhöhung des steuerlichen Ergebnisses durch die außerbilanzielle Hinzurechnung bleibt – ebenso wie die zuvor erfolgte gewinnmindernde Bildung des Investitionsabzugsbetrags (IAB) nach § 7g EStG – damit ohne Wirkung auf die Verlustverrechnung. Somit stellt der BFH klar, dass sich lediglich die steuerbilanzielle Gewinnminderung aus dem Abzug eines IAB von den Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts auf die Kapitalkonten und damit die Ermittlung der Verlustverrechnung nach § 15a EStG auswirkt.

Die Entscheidung folgt der bisherigen Rechtsprechungslinie, unter anderem dem Urteil vom 27. Mai 2020 (XI R 12/18, BStBl II 2020, 779), und bestätigt die Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 15. Juni 2022, BStBl I 2022, 945). Maßgeblich bleibt, dass eine außerbilanzielle Korrektur nicht zu einer tatsächlichen wirtschaftlichen Belastung des Kommanditisten führt und folglich nicht zur Erhöhung seiner Verlustausgleichsfähigkeit beitragen kann.

Neues Kapitalkonto erfüllt Voraussetzungen für Eigenkapital nicht

Ebenfalls ohne Erfolg blieb der Versuch der Klägerin, die im Jahr 2018 geleistete Einlage in das steuerliche Kapitalkonto einfließen zu lassen. Zwar wurde die Einlage auf einem neu geschaffenen "Kapitalkonto III" verbucht und dieses formal dem Eigenkapital zugeordnet. Nach der inhaltlichen Ausgestaltung durch Gesellschaftsvertrag und Gesellschafterbeschluss fehlten jedoch die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung als Eigenkapitalkonto.

Der BFH knüpft seine Bewertung im Wesentlichen an zwei materielle Kriterien:

  • Erstens muss ein steuerliches Kapitalkonto an Verlusten der Gesellschaft teilnehmen. Im Streitfall wurden Verluste ausschließlich auf einem gesonderten Verlustvortragskonto verbucht. Das neue Konto diente ausschließlich der Erfassung positiver Jahresergebnisse und Einlagen.
  • Zweitens ist eine Entnahmebeschränkung erforderlich. Auch diese war nicht gegeben: Die Guthaben auf dem Konto konnten ohne Einschränkung auf ein Darlehenskonto übertragen und von dort jederzeit entnommen werden. Eine wirtschaftliche Bindung bestand nicht.

Die Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zu § 15a EStG, insbesondere dem Urteil vom 10. November 2022 (IV R 8/19, BStBl II 2023, 332), und hebt erneut hervor, dass die zivilrechtliche Struktur und nicht die kontenmäßige Bezeichnung entscheidend ist.

Gestaltungsimplikationen für Gesellschaftsverträge

Für die Praxis ergibt sich daraus ein klarer Handlungsrahmen: Wer Einlagen in das steuerliche Kapitalkonto einbeziehen und die Verlustverrechnungskompetenz von Kommanditisten absichern möchte, muss die gesellschaftsrechtliche Grundlage entsprechend gestalten. Erforderlich sind:

  • eine ausdrückliche Verlustbeteiligung des jeweiligen Kontos,
  • klare Beschränkungen der Verfügbarkeit der Mittel,
  • sowie eine eindeutige und dokumentierte Zulässigkeit freiwilliger Einlagen, idealerweise durch Gesellschafterbeschluss im Vorfeld der Leistung.

Fehlen diese Voraussetzungen, können selbst wirtschaftlich substanzielle Einlagen im Hinblick auf die Verlustverrechnung nach § 15a EStG wirkungslos bleiben.

Konsequenzen für Kommanditisten und Gesellschaftsverträge

Das Urteil konkretisiert, was in der Praxis häufig übersehen wird: Nicht die buchhalterische Erfassung, sondern die zivilrechtliche Substanz entscheidet über die Anerkennung eines Gesellschafterkontos als Eigenkapital im Sinne des § 15a EStG. Gesellschaften, die flexible Einlagemodelle nutzen, sollten bestehende gesellschaftsvertragliche Regelungen daraufhin kritisch überprüfen. Substanzielle Verlustverrechnung verlangt tatsächliche Eigenkapitalbindung – bloße Bezeichnungen reichen nicht aus. Hinsichtlich der Hinzurechnung nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG stellt der BFH klar, dass außerbilanzielle Korrekturen im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung zu keiner tatsächlichen wirtschaftlichen Belastung eines Kommanditisten führen und keinen Einfluss auf die Kapitalkonten bzw. die Verlustverrechnung nach § 15a EStG haben. 

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Autor dieses Artikels

Matthias Winkler

Partner

Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht

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