US-Sonderzölle: Kurzfristig optimieren – mittelfristig vorbereiten

US-Sonderzölle: Kurzfristig optimieren – mittelfristig vorbereiten
  • 16.04.2025
  • Lesezeit 3 Minuten

Politische Unsicherheit, wirtschaftlicher Handlungsbedarf. Die vorübergehende Aussetzung der US-Sonderzölle schafft kurzfristig Spielraum – langfristig bleibt strategische Vorbereitung auf zoll- und steuerliche Auswirkungen unerlässlich.

Die von der US-Regierung Anfang April 2025 angekündigten Import-Sonderzölle wurden wenige Tage später wieder für 90 Tage ausgesetzt. Diese Zickzack-Entwicklung verdeutlicht die politische Unwägbarkeit der volatilen transatlantischen Handelspolitik. 

Auch wenn aktuell (Stand 16. April 2025) keine akuten Mehrbelastungen für Unternehmen bestehen, zeigt sich: Zölle sind kein Randthema – sie betreffen operative und steuerliche Strukturen gleichermaßen.

In dieser Situation empfiehlt sich ein zweistufiger Ansatz:

  • Kurzfristig sollten operative Entlastungspotenziale im Zollrecht identifiziert und genutzt werden. 
  • Mittelfristig gilt es, strukturelle Folgen auf Verrechnungspreise, Umsatzsteuer und internationales Steuerrecht zu prüfen und strategisch vorzubereiten.

Kurzfristig reagieren: zollrechtliche Optimierung

Auch ohne akuten Zolldruck lassen sich bereits heute zollrechtliche Gestaltungsoptionen mit wirtschaftlicher Wirkung identifizieren. Eine Status-quo-Analyse hilft, mögliche Einsparungen ohne tiefgreifende Strukturveränderungen zu realisieren.

Zollabgaben und Zollwert
  • Zolltarifnummer / Einreihung: Überprüfung der Tarifierung; ggf. Beantragung verbindlicher Zolltarifauskünfte.
  • Zollwert: Reduzierung durch saubere Abgrenzung von Hinzurechnungen (Lizenzen, Transport, F&E).
  • First Sale Rule: Anwendung bei Importen in die USA möglich – unter strengen formellen Voraussetzungen.
  • Preisanpassungen: Wirtschaftlich gebotene Reduktionen müssen auch zollwertrechtlich analysiert werden.
Ursprung und Produktionsstandorte
  • Ursprungsbegründung: Prüfung, ob eine Verlagerung genügt, um zollrechtlich einen neuen Ursprung zu begründen.
  • Freihandelsabkommen: Nutzung von Präferenzregelungen zur Abgabenreduzierung.
  • Umgehungstatbestände: z. B. gemäß Art. 33 UZK-DelVO vermeiden (vgl. EuGH Harley-Davidson [C-297/23 P]).
Zollverfahren und -erleichterungen
  • Zolllager: Aufschub der Abgaben, Sicherung von Liquidität und Lieferflexibilität.
  • Aktive/passive Veredelung: Aussetzung bzw. Reduzierung der Einfuhrabgaben bei Be- und Verarbeitungsvorgängen ohne dauerhaften Verbleib im Markt
  • Vorübergehende Verwendung: Einfuhrabgabenreduktion bei vorübergehender Nutzung bspw. bei Messen, im Projektgeschäft etc.
  • Verwendungsbezogene Befreiungen: z. B. für Erprobungsware oder Endverwendung prüfen.

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Mittelfristig vorbereiten: Steuerliche Strukturfolgen bei Zollerhebung

Sollten Sonderzölle dauerhaft oder erneut eingeführt werden, wirken sich diese über den operativen Bereich hinaus auf die steuerliche Struktur vieler Unternehmen aus. In diesen Fällen ist eine koordinierte Betrachtung von Zoll, Verrechnungspreise, Umsatzsteuer und internationalem Steuerrecht erforderlich.

Verrechnungspreise

  • Zollbedingte Mehrkosten beeinflussen die Preissetzung innerhalb von Lieferketten.
  • Eine Reduktion der Verrechnungspreise kann erforderlich werden, um Absatzmärkte aufrechtzuerhalten.
  • Dabei sind Fremdvergleichsgrundsätze und die steuerliche Dokumentation zu beachten.
  • In bestimmten Konstellationen ist eine Funktionsverlagerung oder Änderung der Lieferwege wirtschaftlich sinnvoll – mit entsprechenden steuerlichen Implikationen.
  • Exit Taxation ist mitzudenken, wenn Wertschöpfung ins Ausland verlagert wird.

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Umsatzsteuer

  • Neue Transportwege können in anderen Ländern zu Registrierungs- und Meldepflichten führen.
  • Leistungsortverlagerungen, z. B. bei Reihengeschäften, haben Auswirkungen auf die Steuerbarkeit.
  • Einfuhrumsatzsteuer-, Vorsteuerabzug- und Compliance-Risiken können in neuen Lieferbeziehungen entstehen.
  • Auch bei nicht verbundenen Unternehmen sind umsatzsteuerliche Folgen zu beachten.

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International Tax

  • Entstrickungstatbestände entstehen, wenn das deutsche Besteuerungsrecht wegfällt (z. B. bei Sitz- oder Funktionsverlagerung).
  • Nachversteuerung früherer Umstrukturierungen bei Verstoß gegen Nachbehaltensfristen.
  • Betriebsstättenrisiken durch Substanzverlagerung oder Mitarbeitereinsatz im Ausland.
  • Hinzurechnungsbesteuerung bei niedrig besteuerten Auslandsgesellschaften gemäß § 7 AStG.

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Diese Effekte entstehen nicht isoliert – sie ergeben sich aus unternehmerischen Reaktionen auf zollpolitische Entwicklungen. Die Einbindung steuerlicher Expertise in die Strukturplanung ist daher unerlässlich.

Fazit

Die Aussetzung der US-Sonderzölle bietet Unternehmen die Gelegenheit, zollrechtliche Potenziale zu heben – und gleichzeitig strukturelle Optionen vorzubereiten. Der wirtschaftliche Effekt ist erheblich: Während sich kurzfristige Maßnahmen unmittelbar auf die Abgabenlast auswirken, sind mittel- bis langfristige Strukturentscheidungen ausschlaggebend für die steuerliche Belastung und internationale Wettbewerbsfähigkeit.

Wir unterstützen Sie dabei, beide Ebenen abgestimmt zu betrachten – zollrechtlich, steuerlich und strategisch.
 

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Autoren dieses Artikels

Sebastian Billig

Partner

Rechtsanwalt

Matthias Chuchra, LL.M. (com.)

Partner

Wirtschaftsprüfer, Steuerberater

Marion Fetzer

Partner, Head of Indirect Tax

Steuerberaterin

Carsten Hüning

Partner, Global Leader Transfer Pricing

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