Der aktuelle Baker Tilly Finanzierungskompass zeigt für Q3 2024 eine deutliche Reduktion der Zinssätze für Unternehmenskredite über alle Laufzeiten. Die EZB-Leitzinssenkungen in Q2 und Q3 haben somit ihre Wirkung auf die Zinssätze für Unternehmenskredite entfaltet (Rückgang EURIBOR-Sätze und EURIBOR Swap-Sätze). Die Hoffnung auf eine zusätzliche substanzielle EZB-Leitzinssenkung (> 50 bps) im Dezember 2024 wird durch die zuletzt leicht gestiegene Inflation etwas gebremst.
Weiter verschärft hat sich hingegen die restriktive Kreditvergabe der Banken aufgrund der nach wie vor schwachen wirtschaftlichen Entwicklung und Druck auf Bonitäten/ Ratings. Grundsätzlich ist eine weitere leichte Reduktion der Unternehmenskreditzinsen für das restliche Jahr 2024 zu erwarten.
Spannend wird sein, wie sich der Wahlausgang in den USA sowie der Bruch der Regierungskoalition in Deutschland in den nächsten Wochen und Monaten auf Wirtschaft und Zinsniveau bzw. Renditeerwartungen auswirken werden. Diese sind im Analysezeitraum des Finanzierungskompasses Q3 2024 noch nicht erfasst. Die ohnehin hohen Unsicherheiten dürften damit jedoch eher gestiegen als kleiner geworden sein. An den Anleihemärkten ließ sich gleichwohl zunächst noch keine klare Richtung ablesen.
Die aktuelle Ausgabe unseres Baker Tilly Finanzierungskompasses analysiert für Unternehmen erneut die Entwicklungen an den Geld- und Zinsmärkten. Im dritten Quartal 2024 war das Finanzierungsmarktumfeld trotz deutlich reduzierter Referenzzinsen immer noch eingetrübt. Die Finanzierungsanforderungen und -strukturen der Banken sind weiter restriktiv, speziell im Non-Investment-Grade-Bereich. Sind Unternehmen zudem noch in kriselnden Branchen aktiv, sind die Finanzierungsgespräche und -verhandlungen besonders schwierig.
Wie haben sich die Zinsen für Unternehmenskredite im 3. Quartal 2024 entwickelt?
Die Zinssätze für Unternehmenskredite über alle Laufzeitbänder waren im 3. Quartal 2024 stark rückläufig, insbesondere im Laufzeitband bis 5 Jahre. In Bezug auf die Referenzzinsen (EURIBOR-Sätze) war durch die EZB-Leitzinssenkungen in Q2 und Q3 2024 eine entsprechende deutliche Reduzierung über alle Laufzeiten zu beobachten, die sich auch im Oktober 2024 fortgesetzt hat. Die EURIBOR Swap-Sätze über alle Laufzeitbänder sind ebenfalls in Q3 2024 substanziell zurückgegangen, zuletzt jedoch wieder leicht angestiegen.
Inzwischen ist eine leichte „Normalisierung“ der Zinsstrukturkurve erkennbar. Bis zu einer Laufzeit von 3 Jahren ist unverändert eine inverse Zinsstrukturkurve und ab einer Laufzeit von 3 Jahren eine flache bzw. leicht steigende Zinsstrukturkurve zu beobachten, aber die Differenz zwischen kurz- und mittel- bis langfristigen Zinssätzen für Unternehmenskredite wird kleiner.
Entwicklung Unternehmenskreditzinssätze
Die europäische Zentralbank scheint weiter in einem gewissen Dilemma zu stecken. Auf der einen Seite zeigen die Daten noch eine vergleichsweise hohe bzw. wieder leicht steigende Kerninflation in einigen Euro-Ländern, was gegen weitere schnelle und substanzielle EZB-Leitzinssenkungen spricht. Auf der anderen Seite befeuern unverändert schwache Konjunkturdaten in einigen Euro-Ländern (insbesondere in Deutschland) die Forderungen nach weiteren EZB-Leitzinssenkungen. Wir halten eine Leitzinssenkung von 25 bps im Dezember 2024 der EZB für das wahrscheinlichste Szenario. Einen signifikanten Rückgang der EZB-Leitzinsen im Dezember 2024 von über 50 bps halten wir aktuell für eher unwahrscheinlich.
Eine weitere Reduktion der EZB-Leitzinsen würde zu geringeren Liquiditätskosten der Banken und Referenzzinsen führen. Mögliche nächste Zinsschritte (auch im Jahr 2025) dürften in den aktuellen 6M und 12M EURIBOR-Sätzen zum Teil schon eingepreist sein.
Trotz der stark gesunkenen EURIBOR-Sätze und EURIBOR Swap-Sätze hat das makroökonomische und politische Umfeld für Unternehmen weiterhin hohe Herausforderungen bei den Finanzierungsgesprächen zur Folge. Die schwache konjunkturelle Entwicklung und die verhaltenen Zukunftsaussichten werden weiter zu einer restriktiven Kreditvergabe, konservativeren Finanzierungsstrukturen und höheren Kreditmargen im Jahr 2024 und 2025 (mit insgesamt eher schwächeren Rating-/ Bonitätsentwicklungen aus den Jahresabschlüssen 2024) führen.
Unternehmen in schwierigen Branchen und / oder ohne Investment Grade Rating sollten sich auf längere und schwierige Finanzierungsverhandlungen einstellen. Wir empfehlen deshalb frühzeitig den Beginn etwaiger Finanzierungsgespräche. Gegebenenfalls sollte auch die Aufnahme neuer Finanzierungspartner und alternativer Finanzierungsinstrumente vorausschauend geprüft werden.