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Klimaschutz gewinnt für das Projektgeschäft und die strategische Ausrichtung von Unternehmen enorm an Bedeutung. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht strengere Klimaschutzvorgaben in Aussicht gestellt, medienwirksame Klagen zur Einhaltung von Klimaschutzvorgaben angestrengt oder neue staatliche Lenkungsmaßnahmen diskutiert werden.
Zukünftig wird es nicht nur ein nationales Klimaschutzgesetz geben. Vielmehr ist auch der europäische Gesetzgeber aktiv geworden. Auch wenn das europäische Klimaschutzgesetz noch die formalen Gesetzgebungsprozesse durchlaufen muss, wirft es bereits jetzt seine Schatten voraus.
Was hierdurch im Einzelnen auf uns zu kommt, werden wir erfahren, wenn die Europäische Kommission ihren Aktionsplan "Fit for 55" vorstellt. Die Vorstellung, welche für den 14. Juli 2021 vorgesehen ist, wird Anhaltspunkte dafür liefern, wie die Europäische Union ihr Ziel erreichen möchte, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 55 % gegenüber dem Referenzjahr 1990 zu senken.
Baker Tilly informiert Sie zukünftig in regelmäßigen Abständen über die aktuellsten Entwicklungen im Bereich des Klimaschutzes. Uns interessiert, was Sie interessiert:
Unser Anspruch ist es, Ihnen regelmäßig Antworten zu den vorstehenden Fragen zu liefern.
In der EU soll es zukünftig – ebenso wie bereits in Deutschland – ein eigenes Klimagesetz geben, welches den Pfad zur Minderung der Treibhausgasemissionen bis 2050 vorgeben und die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens von 2015 gesetzlich absichern soll. Die EU-Kommission hatte hierzu am 4. März 2020 einen Gesetzesvorschlag (Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnung (EU) 2018/1999 - Europäisches Klimagesetz) vorgelegt, der im Nachgang kontrovers diskutiert wurde.
Bei der Kontroverse ging es insbesondere um die Höhe des Minderungsziels für das Jahr 2030. Die EU-Kommission hatte ursprünglich für das Jahr 2030 eine Minderung der Treibhausgase um 50 % bis 55 % gegenüber dem Referenzjahr 1990 vorgeschlagen. Am 17. September 2020 hat die EU-Kommission ihre Zielsetzung für das Jahr 2030 auf mindestens 55 % angehoben. Das Europäische Parlament wollte das Minderungsziel für das Jahr 2030 sogar auf 60 % anheben. Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben sich am 11. Dezember 2020 hingegen dem Vorschlag der EU-Kommission angeschlossen und sich für ein Minderungsziel von 55 % ausgesprochen.
Am 5. Mai 2021 konnten die beiden europäischen Gesetzgebungsorgane, der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlament, schließlich eine vorläufige Einigung erzielen. Auf Basis dieser Einigung soll das europäische Klimagesetz insbesondere die folgenden Vorgaben enthalten:
Die vorläufige Einigung muss vom Rat der Europäischen Union und vom Europäischen Parlament noch formal gebilligt werden, bevor das Europäische Klimagesetz die weiteren formellen Schritte des Annahmeverfahrens durchlaufen kann.
Das Europäische Klimagesetz bildet lediglich den Rahmen. Wie die ambitionierten Vorgaben eingehalten werden sollen, bleibt daher Fachgesetzen, d.h. auf europäischer Ebene Richtlinien und Verordnungen, vorbehalten. Zur Konkretisierung des European Green Deal, welcher am 11. Dezember 2019 durch Ursula von der Leyen verkündet wurde, hat die EU-Kommission am 17. September 2020 neben der Anhebung des Reduktionsziels für das Jahr 2030 auf 55 % (siehe oben) den sog. Klimazielplan für 2030 vorgelegt. Dieser Plan beinhaltet folgende Elemente:
In der Folgenabschätzung gelangt die EU-Kommission zu dem Ergebnis, dass die ursprünglich gesteckten Ziele für das Jahr 2030 (Minderung der Treibhausgase bis 2030 auf 40 %, Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch auf 32 %, Absenkung des Energieverbrauchs um 32,5 %) durch die bislang umgesetzten Maßnahmen, insbesondere durch den europäischen Emissionshandel und die Lastenteilungsverordnung im Wesentlichen erreicht werden können. Zugleich führt die EU-Kommission jedoch aus, dass die verschärften Minderungsziele (55 % bis 2030) weitere Anstrengungen erfordern und zu diesem Zweck weitere legislative Maßnahmen erforderlich sind.
Die weiteren Einzelheiten bleiben dem "Fit-for-55"-Maßnahmenpaket vorbehalten, welches die EU-Kommission am 14. Juli 2021 vorstellen möchte. Gegenstand dieses Maßnahmenpakets soll die Überarbeitung und Anpassung von 10 (!) Richtlinien und Verordnungen sein:
Wir werden im Nachgang zur offiziellen Vorstellung dieser Gesetzgebungsmaßnahmen am 14. Juli 2021 über die Einzelheiten berichten.
Zu einem späteren Zeitpunkt (Q4 2021) sollen noch die beiden folgenden Maßnahmen vorgestellt werden:
Kernelemente des „Fit for 55“-Maßnahmenpakets sollen u.a. folgende Vorgaben sein:
Über die weiteren Einzelheiten werden wir Sie an dieser Stelle regelmäßig unterrichten.
Auf nationaler Ebene wurde die Novelle des Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) am 24. Juni 2021 durch den Bundestag beschlossen, sie tritt nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft. Das bestehende nationale Klimaschutzziel wird für das Jahr 2030 auf mindestens 65 Prozent und für das Jahr 2040 auf mindestens 88 Prozent erhöht. Die Gesetzesänderung dient dazu, den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2021 (1 BvR 2656/18; 1 BvR 78/20; 1 BvR 96/20; 1 BvR 288/20) umzusetzen. Im Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Bundes-Klimaschutzgesetz vom 12. Dezember 2019 mit den Grundrechten unvereinbar ist, soweit eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Regelung über die Fortschreibung der Minderungsziele für Zeiträume ab dem Jahr 2031 fehlt.
Das Bundes-Klimaschutzgesetz enthält als Rahmengesetz verbindliche Minderungsziele der Treibhausgasemissionen und sieht Klimaschutzmaßnahmen für die einzelnen Sektoren vor, um die Klimaschutzziele auch tatsächlich zu erreichen. Die Umsetzung dieser Maßnahmen obliegt einer Vielzahl von Fachgesetzen.
In diesem Zusammenhang besonders relevant ist der Europäische Emissionshandel, welcher in Deutschland maßgeblich im Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz (TEHG) umgesetzt wird. Daneben gibt es den nationalen Emissionshandel, welcher mit Wirkung ab dem 01.01.2021 im Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) eingeführt wurde. Hiervon erfasst werden insbesondere die Sektoren Wärme und Verkehr. Nicht erfasst werden hingegen die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie und Luftverkehr. Diese Sektoren werden bereits im Rahmen des Europäischen Emissionshandels reguliert.
Sowohl der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts als auch die Gesetzesänderung des Bundes-Klimaschutzgesetzes verdeutlichen einmal mehr die Verbindlichkeit der Einhaltung der Klimaschutzvorgaben und sprechen diesen den in Art. 20a GG normierten Verfassungsrang zu.
Ebenso veranschaulicht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 3. Juni 2021 (C-635/18) die weitreichenden Folgen der Missachtung europarechtlicher Verpflichtungen. Im Rahmen der Vertragsverletzungsklage der EU-Kommission stellte das Gericht einen Verstoß der Bundesrepublik Deutschland gegen die europarechtlichen Vorgaben der Luftreinhaltung aufgrund systematischer und anhaltender Überschreitung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) fest. Bei Unterlassen der Ergreifung geeigneter Maßnahmen drohen neben Auflagen auch finanzielle Sanktionen wie die Festsetzung eines Pauschalbetrages oder die Zahlung von Zwangsgeldern.
Dr. Steffen Knepper
Rechtsanwalt
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