Zollrechtliches Risiko: Produktionsverlagerung kann als Umgehung von Strafzöllen gewertet werden

  • 12.12.2022
  • Lesezeit 3 Minuten

Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 23. März 2022, Az.: 4 K 2282/20 Z, eine wichtige Frage entschieden zum Ursprung bei Produktionsverlagerung aus einem Staat, für den Antidumpingzölle bestehen, in ein Nachbarland, für dessen Ursprungswaren kein Antidumpingzoll anfällt. Das Finanzgericht definiert in der Entscheidung die Voraussetzungen für eine Umgehung der Ursprungsregelungen nach Art. 25 ZK, jetzt in Art. 33 UZK-DelVO geregelt, mit der Folge, dass die Produktion keinen Ursprung verleiht und im vorliegenden Fall der Antidumpingzollsatz für chinesische Waren anzuwenden war. 

In Zeiten, in denen jahrzehntelang etablierte Wirtschaftsbeziehungen infrage gestellt werden und in vielen Bereichen bereits Lieferengpässe bestehen, ist ein gutes, internationales Sourcing für Unternehmen essenziell, um den eigenen Fortbestand zu sichern. Damit die vermeintlich neue Lieferquelle sich nicht als wirtschaftliches oder ordnungsrechtliches Fiasko entpuppt, sind die zoll- und außenwirtschaftsrechtlichen Vorschriften zu berücksichtigen. So ist etwa der Bezug von Gütern aus Embargo-Staaten, wie Russland, häufig verboten und unter Strafe gestellt. Daneben darf die vermeintliche „Goldquelle“ sich jedoch nicht zum Kostengrab entwickeln, was schnell passiert, wenn angenommene Begünstigungen entfallen oder sogar Strafzölle bzw. Antidumpingzölle anfallen. Letzteres ist i. d. R. abgängig von dem handelspolitischen Ursprung der Waren. 

Was war geschehen? 
Die Klägerin bezog in den Jahren 2010 und 2011 Schrauben von einer Tochtergesellschaft eines chinesischen Schraubenherstellers aus Indonesien. Diese Tochtergesellschaft wurde Ende 2008 gegründet und mit Produktionsequipment im Wert von mehreren Millionen US-Dollar ausgestattet. Das (Vor-)Material bezog die Produktionsgesellschaft stets aus China.

Im Zuge behördlicher Untersuchungen wurde festgestellt, dass die Tochtergesellschaft mehr Schrauben in die EU exportiert hat, als es mit dem dortigen Maschinenpark möglich gewesen wäre. Daraufhin hat die deutsche Zollverwaltung bei verschiedenen Importeuren Antidumpingzölle nachträglich erhoben, weil davon ausgegangen wurde, dass keine nachweisliche Produktionstätigkeit in Indonesien erfolgte, sondern eine Umfuhr chinesischer Schrauben über Indonesien.

Im Rahmen finanzgerichtlicher Verfahren konnte belegt werden, dass durchaus in Indonesien Kapazitäten gegeben waren und Produktion stattfand. In dem o. g. Verfahren vor dem Finanzgericht Düsseldorf ging dieses davon aus, dass ein indonesischer Ursprung nur dann erlangt werden könne, wenn dort nachweisbar produziert wurde und die Produktionstätigkeiten wirtschaftlich gerechtfertigt waren. Der letzte Punkt soll dann nicht gegeben sein, wenn die Produktion nur dazu diente, die Antidumpingzölle zu vermeiden, also eine "Umgehung" der Regelungen vorlag. Hiervon ging das Finanzgericht Düsseldorf aus, da die Produktionstätigkeit in unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Einführung des damaligen Antidumpingzolls (Verordnung EG Nr. 91/2009) erfolgte und es sich zudem noch um die Tochtergesellschaft eines größeren chinesischen Schraubenproduzenten handelte. Insofern waren, trotz belegter Produktionstätigkeiten in Indonesien, Antidumpingzölle zu zahlen.

Was bedeutet das für Ihre Praxis?
Soweit Sie Produkte von neuen internationalen Lieferanten sourcen, prüfen Sie gründlich, ob hierdurch Verbote oder handelspolitische Maßnahmen betroffen sind. Soweit es sich um Güter handelt, die aus bestimmten Staaten Zusatzzöllen unterliegen, sollte insbesondere der zutreffende zollrechtliche Ursprung genau geprüft werden. Gern können wir Ihnen hierzu eine Kurz-Check-Liste übersenden.

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Autor dieses Artikels

Sven Pohl

Director

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