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Verschärfung der sog. Körperschaftsklauseln, keine negativen Anschaffungskosten in Einbringungsfällen nach § 20 UmwStG und Sperrfristfortbestand auch bei einer Einbringung von erhaltenen Anteilen.
Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024) in der Fassung der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (BT-Drucks. 20/13419), der am 18.10.2024 in der 2. und 3. Lesung durch den Bundestag beschlossen wurde, enthält verschiedene Gesetzesänderungen, die für die Steuerpraxis bei Transaktionen und Strukturierungen von hoher Bedeutung sind. Wir geben einen Überblick über ausgewählte Änderungen betreffend die Körperschaftsklauseln des § 6 Abs. 5 EStG sowie die §§ 20 Abs. 2 und § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG.
Nachdem der Gesetzesentwurf den Bundestag bereits passiert hat, soll das JStG 2024 dem Vernehmen nach am 22.11.2024 durch den Bundesrat verabschiedet werden. Sollten die geplanten Änderungen auch vom Bundesrat wie erwartet gebilligt werden, sind bereits in Kürze eine Reihe relevanter Änderungen zu beachten.
§ 6 Abs. 5 EStG wird im Rahmen des JStG 2024 um einen neuen Satz 7 mit folgendem Wortlaut erweitert:
„Eine unmittelbare oder mittelbare Begründung oder Erhöhung eines Anteils einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse an dem übertragenen Wirtschaftsgut im Sinne von Satz 5 und 6 liegt auch vor, wenn dieser Anteil an die Stelle eines unmittelbaren oder mittelbaren Anteils einer anderen Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse tritt.“
Bei § 6 Abs. 5 Satz 7 EStG n.F. handelt es sich um einen klassischen Fall eines Nichtanwendungsgesetzes.
Der BFH hat bereits mit Urteil vom 15.07.2021 (Az. IV R 36/18, BFHE 274, S. 55) u.a. entschieden, dass § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG teleologisch zu reduzieren ist, wenn in Bezug auf stille Reserven lediglich die Zurechnung von einem Körperschaftsteuersubjekt zu einem anderen Körperschaftsteuersubjekt eintritt. Für diese Fälle verneint der BFH eine Sperrfristverletzung i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG mangels einer schädlichen Statusänderung – d.h. eines (unversteuerten) Wechsels vom Einkommensteuer- in das Körperschaftsteuerregime - , so dass es nicht zu einem rückwirkenden Teilwertansatz kommt.
Ausgehend von ihrem Telos sollen die Körperschaftsklauseln des § 6 Abs. 5 Satz 5 und 6 EStG die Statusänderung der stillen Reserven auf Ebene der Mitunternehmerschaft sanktionieren, die dadurch eintrete, dass die zuvor einer Mitunternehmerschaft zuzurechnenden stillen Reserven erstmalig einem Körperschaftsteuersubjekt zuzurechnen sind. Auch solle eine Statusänderung auf Ebene des Gesellschafters vermieden werden, damit die stillen Reserven nicht unter Nutzung des Teileinkünfteverfahrens durch die Veräußerung der infolge der Übertragung im Wert gestiegenen Anteile am Körperschafsteuersubjekt realisiert werden unter Vermeidung einer (schädlichen) Verfügung über das Wirtschaftsgut selbst.
Der BFH hat in seinem Urteil eine solche i.S.d. § 6 Abs. 5 Satz 5 EStG schädliche Statusänderung jedoch verneint, soweit dem Körperschaftsteuersubjekt sowohl vor als auch nach der Übertragung nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG das Wirtschaftsgut vermögensmäßig unverändert zuzurechnen ist und sich in Folge einer Umwandlung lediglich die Beteiligungskette ändert, d.h. die Zurechnung zu einem anderen Körperschaftsteuersubjekt erfolgt. Dies kann u.a. der Fall sein bei einer mittelbaren Beteiligung durch die Mitunternehmerstellung an einer Oberpersonengesellschaft.
Nach Auffassung des BFH ist der Begriff der Statusänderung nicht subjektbezogen zu verstehen. In der Folge ist die Anwendung der Körperschaftsklauseln (in ihrer bisherigen Fassung) auf die Fälle beschränkt, in denen die stillen Reserven bislang einer Mitunternehmerschaft zuzuordnen waren und sodann erstmalig einem Körperschafsteuersubjekt zugerechnet werden. Dies begründet der BFH damit, dass „mit dem Wort „Anteil“ i.S.d. § 6 Abs. 5 S. 5 EStG (auch des S. 6) […] – ausgehend vom Sinn und Zweck dieser Regelungen – im Grundsatz die (unmittelbare oder mittelbare) vermögensmäßige Beteiligung eines Körperschaftsteuersubjekts an dem nach S. 3 dieser Vorschrift übertragenen Wirtschaftsgut und damit an den darin gespeicherten stillen Reserven gemeint“ sei.
Genau diese am Telos der Körperschaftsklauseln orientierte Auslegung wird durch § 6 Abs. 5 Satz 7 EStG n.F. nunmehr jedoch unterbunden. Der Gesetzgeber begründet dies mit der Absicht der Bekämpfung missbräuchlicher Gestaltungen, die vor dem Hintergrund der BFH-Rechtsprechung ermöglicht worden seien. Denn die Auslegung der Körperschaftsklauseln durch den BFH ermögliche mehraktige Gestaltungen, die darauf abzielen, Einzelwirtschaftsgüter gezielt von einem Körperschaftsteuersubjekt zum nächsten zu übertragen, ohne dass eine begünstigte Sachgesamtheit vorliege, was jedoch Voraussetzung einer Buchwerteinbringung nach dem UmwStG sei (vgl. BT-Drucks. 20/13419, S. 255). Konkret soll also eine Umgehung der insoweit strengeren Voraussetzungen des UmwStG vermieden werden.
§ 6 Abs. 5 Satz 7 EStG n.F. wird i.Ü. durch § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG n.F. auch für die Realteilung für anwendbar erklärt. § 52 Abs. 12 Satz 16 EStG n.F. erklärt § 6 Abs. 5 Satz 7 EStG n.F. und § 16 Abs. 3 Satz 5 EStG n.F. bereits für Übertragungen von Wirtschaftsgütern für anwendbar, die nach dem 18.10.2024 erfolgen.
Die Neuregelung durch § 6 Abs. 5 Satz 7 EStG n.F. geht u.E. zu weit. Im Einklang mit der Entscheidung des BFH sollte der Telos des § 6 Abs. 5 Satz 5 und 6 EStG den entscheidenden Ausschlag in Bezug auf die (Nicht-)Anwendbarkeit der sog. Körperschaftsklauseln geben. Dies gilt umso mehr, als es sich bei § 6 Abs. 5 Satz 5 und 6 EStG um Missbrauchsvermeidungsnormen handelt, die mit Augenmaß angewendet werden sollten, um sicherzustellen, dass der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG nicht zu stark eingeschränkt wird.
In den nunmehr durch § 6 Abs. 5 Satz 7 EStG n.F. erfassten Konstellationen mangelt es jedoch gerade an einer als „schädlich“ erachteten Statusänderung, da es gerade nicht zu einem Überspringen der stillen Reserven in ein anderes (günstigeres) Besteuerungsregime kommt. Die (rückwirkende) Versagung des Buchwertansatzes nach § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG erscheint daher insoweit nicht gerechtfertigt.
Sofern in der Beratungspraxis in der Vergangenheit von entsprechenden Gestaltungen nicht ohnehin abgesehen wurde vor dem Hintergrund der ausgebliebenen Veröffentlichung der Entscheidung des BFH im Bundessteuerblatt II und der daraus folgenden, bislang bestehenden Unklarheit in Bezug auf die Haltung der Finanzverwaltung hierzu, sind sie zu vermeiden in Anbetracht des nunmehr gesetzlich angeordneten rückwirkenden Teilwertansatzes. Durch die Anordnung der Anwendbarkeit der Neuregelungen auf Übertragungen, die nach dem Tag des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestages stattfinden, verbleibt nunmehr auch kein Spielraum mehr, Beteiligungsstrukturen etwa noch bis zum Jahresende ohne eine rückwirkende Aufdeckung der stillen Reserven zu bereinigen.
§ 20 Abs. 2 UmwStG wird um folgenden Satz 5 erweitert:
„Das eingebrachte Betriebsvermögen im Sinne von Satz 2 Nummer 2 und 4 sowie Satz 4 ermittelt sich unter Berücksichtigung der Entnahmen und Einlagen im Sinne des Absatzes 5 Satz 2.“
Zudem wird durch § 27 Abs. 23 UmwStG n.F. eine rückwirkende Anwendbarkeit der Neuregelung angeordnet auf „Einbringungen […], wenn in den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge der Umwandlungsbeschluss nach dem 31. Dezember 2023 erfolgt ist oder in den anderen Fällen der Einbringungsvertrag nach dem 31. Dezember 2023 geschlossen worden ist.“
Auch hierbei handelt es sich um einen Fall der Nichtanwendungsgesetzgebung.
Die geplante Neuregelung geht auf das Urteil des BFH vom 07.03.2018 (Az. I R 12/16, BFH/NV 2018, S. 1063) zurück, mit dem der BFH entschieden hatte, dass in Einbringungsfällen durch Entnahmen im steuerlichen Rückwirkungszeitraum negative Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile entstehen können, da entsprechende Entnahmen nicht auf den steuerlichen Übertragungsstichtag zurückwirken und mithin eine an sich nach § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG gebotene Wertaufstockung unterbleiben kann. Die Entscheidung und ihre möglichen Folgen wurden seinerzeit ausgiebig in der Praxisliteratur als Gestaltungsoption diskutiert. Denn mit dieser Entscheidung stellte sich der BFH der bisherigen Verwaltungsauffassung entgegen, dass das eingebrachte Betriebsvermögen auch durch Entnahmen während des Rückwirkungszeitraumes nicht negativ werden darf und in diesen Fällen eine (teilweise) Wertaufstockung nach § 20 Abs. 5 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG vorzunehmen ist (vgl. Rn. 20.19 UmwStE 2011).
§ 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG n.F. hat ausweislich der Gesetzesbegründung insoweit lediglich klarstellenden Charakter laut Ansicht des Gesetzgebers (vgl. die Gesetzesbegründung zum Regierungsentwurf des JStG 2024, BT-Drucks. 20/12780, S. 155 f.). Die bisherige Verwaltungsauffassung wird nunmehr gesetzlich festgeschrieben, da es der Intention des Gesetzgebers in Bezug auf § 20 UmwStG entspreche, negative Anschaffungskosten zu vermeiden, was sowohl anhand von § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG als auch anhand der Gesetzesmaterialien betreffend die Einfügung des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG im Rahmen des Steueränderungsgesetzes vom 06.11.2015 deutlich erkennbar geworden sei.
§ 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG n.F. gilt entsprechend des Gesetzeswortlautes auch bei der Anwendung der Bestimmung etwaiger (unschädlicher) Gegenleistungen i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG, bei dem der Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens der Gegenleistung (maximal 25 % des Buchwerts des eingebrachten Betriebsvermögens oder EUR 500.000, höchstens jedoch der Buchwert des eingebrachten Betriebsvermögens) gegenübergestellt wird. Folglich reduzieren z.B. Entnahmen im Rückwirkungszeitraum die Höhe möglicher für die Buchwertübertragung unschädlicher Gegenleistungen. Eine Umgehung der Grenzen der sonstigen Gegenleistung i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG ist daher ausgeschlossen.
§ 20 Abs. 5 Satz 2 UmwStG durchbricht den Grundsatz, dass im Falle einer rückwirkenden Einbringung das Einkommen und Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft so zu ermitteln sind, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags auf die Übernehmerin übergegangen wäre, ausdrücklich für den Fall, dass es nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag – und somit im Rückwirkungszeitraum – zu einer Entnahme oder Einlage kommt. In diesem Fall sind gemäß § 20 Abs. 5 Satz 3 UmwStG stattdessen die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile um den Buchwert der Entnahmen zu vermindern und um den sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG ergebenden Wert der Einlagen zu erhöhen. Hierdurch wird eine Besteuerung nicht betrieblich veranlasster Zahlungen an den Anteilseigner der aufnehmenden Kapitalgesellschaft als Entnahmen aus dem aus dem eingebrachten Betriebsvermögen erreicht und eine Umqualifikation in eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) unstrittig vermieden. Es ist allgemein anerkannt, dass gemäß § 20 Abs. 5 Satz 2 und 3 UmwStG über den typischen Fall der sonst im Rahmen einer vGA zu erfassenden Sachverhalte hinaus für Zwecke der Einkommensermittlung auf Ebene des Einbringenden sämtliche nicht betrieblich veranlassten Auszahlungen von Geldbeträgen im Rückwirkungszeitraum steuerlich noch dem eingebrachten Betrieb und nicht der übernehmenden Kapitalgesellschaft zuzurechnen sind. Es wird zutreffend auf die zivilrechtliche Rechtslage abgestellt, nach der das eingebrachte Betriebsvermögen bis zur zivilrechtlichen Wirksamkeit der Einbringung noch dem Einbringenden zuzurechnen ist. Folglich kann durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum auch keine Einlagenrückgewähr aus der übernehmenden Kapitalgesellschaft fingiert werden. Ein andernfalls entstehender Sperrfristverstoß i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 3 UmwStG wird somit konsequent verhindert.
Daher ist das Vorgehen, wie nunmehr durch § 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG n.F. angeordnet, im Ergebnis jedenfalls im Einklang mit dem Regelungszusammenhang von § 20 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 i.V.m § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und Abs. 3 Satz 1 UmwStG und der aus den anderen gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen des Buchwertansatzes zum Ausdruck kommenden Entscheidung des Gesetzgebers, dass eine Sacheinlage keine negativen Anschaffungskosten für die erworbenen Anteile zur Folge haben kann. Auch die Einfügung von § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG war ausweislich der Gesetzesmaterialien erkennbar von dieser Intention getrieben, wie auch in der Gesetzesbegründung des JStG 2024 nochmal hervorgehoben wird.
Vor diesem Hintergrund kann für den Grundfall des § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG kein abweichendes Verständnis zugrunde gelegt – und somit die Entstehung negativer Anschaffungskosten bei sich anschaffungskostenmindernd auswirkenden Entnahmen im Rückwirkungszeitraum zugelassen – werden, weil sonst innerhalb ein und derselben Norm ein unterschiedliches Verständnis von Anschaffungskosten der erworbenen Beteiligung an der Übernehmerin zugrunde gelegt würde, was wenig plausibel und nicht gerechtfertigt erscheint.
In Bezug auf die Anordnung einer rückwirkenden Anwendung bestehen u.E. insoweit keine Bedenken, da die Neuregelung ausschließlich klarstellender Natur ist. Zudem sollte anhand der der Entstehung negativer Anschaffungskosten entgegenstehenden Rn. 20.19 UmwStE 2011 im Zusammenspiel mit der Entscheidung der Finanzverwaltung gegen eine Veröffentlichung des betreffenden BFH-Urteils im BStBl. II deutlich erkennbar gewesen sein, dass die Finanzverwaltung ihre bisherige Auffassung nicht aufgegeben hat, sodass eine etwaige Argumentation unter Bezugnahme auf Vertrauensschutzerwägungen nicht verfängt.
Die Neuregelung entzieht somit sämtlichen Gestaltungen den Boden, die auf eine Entstehung negativer Anschaffungskosten durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum abzielen. Ein Buchwertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens ist zukünftig insoweit nicht (mehr) möglich. Es bleibt bei dem Erfordernis einer Wertaufstockung nach § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG, soweit das eingebrachte Betriebsvermögen durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum negativ wird. Dies gilt auch in Bezug auf § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG.
§ 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG n.F. steht sodann auch im Einklang mit Rn. 20.19 und 20.19a des Entwurfs des neugefassten Umwandlungssteuererlassentwurfs (Entwurf des BMF vom 11. Oktober 2023 – „UmwStE 2024“), die zum Ausdruck bringen, dass die Finanzverwaltung weiterhin an der bisherigen Auffassung festhält, dass bei einem Passivüberhang im Anwendungsbereich von § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG eine Wertaufstockung erforderlich ist, sofern ein Ansatz zum Buchwert gewünscht ist. Zudem wird erstmalig im Entwurf des UmwStE 2024 festgeschrieben, dass § 20 Abs. 2 Satz 4 UmwStG sicherstellt, dass sich aufgrund von § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 UmwStG keine negativen Anschaffungskosten für den Einbringenden ergeben können. Mit anderen Worten, ist bereits im Entwurf des UmwStE 2024 die geplante Gesetzesänderung durch das JStG 2024 hinreichend angedeutet worden.
Nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG n.F. sind für die Feststellung des Passivüberhangs nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UmwStG aber auch Einlagen im Rückwirkungszeitraum i.S.d. § 20 Abs. 5 Satz 2 UmwStG zu berücksichtigen. Dies ist u.E. im Umkehrschluss begrüßenswert und folgerichtig. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit per Einlage im Rückwirkungszeitraum den Passivüberhang und damit die Wertaufstockung ggf. zu vermeiden oder zu reduzieren. Gerade bei sich in der Krise befindlichen Unternehmen mit einem Passivüberhang zum maßgeblichen steuerlichen Übertragungsstichtag (§ 20 Abs. 5, 6 UmwStG) wird durch § 20 Abs. 2 Satz 5 UmwStG n.F. mehr Gestaltungsfreiheit im laufenden Wirtschaftsjahr, d.h. dem Rückwirkungszeitraum, eingeräumt werden, um dennoch rückwirkend insoweit zu Buchwerten und damit steuerneutral übertragen zu können.
§ 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG wird im Zuge des JStG 2024 wie folgt geändert:
„Sätze 1 bis 4 sind nicht anzuwenden, soweit der Einbringende die erhaltenen Anteile unter Aufdeckung der stillen Reserven veräußert hat; dies gilt auch in den Fällen von § 6 des Außensteuergesetzes vom 8. September 1972 (BGBl. I S. 1713), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 7. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2782) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, wenn und soweit die Steuer nicht gestundet wird.“
Sowohl bei Transaktionen (z.B. im Falle eines Roll-Over bei Private Equity oder Venture Capital Beteiligungen) als auch bei gruppeninternen Umstrukturierungen spielt gerade der Anteilstausch nach § 21 UmwStG eine entscheidende Rolle zur Vermeidung der Besteuerung stiller Reserven (sog. „Dry Income“). Des Weiteren haben Verkäufer als natürliche Personen bei Transaktionen Interesse den Share Deal (Verkauf der Kapitalgesellschaftsanteile) doch noch kurzfristig unter der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG vorzunehmen, obwohl dies eigentlich nur vor sieben Jahren (vor Closing der Transaktion) hätte entsprechend durch Zwischenschaltung einer Holding-Kapitalgesellschaft vollständig steuerneutral erfolgen können.
Eine Weitereinbringung der sperrfristbehafteten Anteile (§ 22 Abs. 2 UmwStG) in der Gruppenstruktur zu Buchwerten ist grundsätzlich ohne Sperrfristverstoß (mit der Folge der Auslösung des sog. Einbringungsgewinns II) innerhalb der siebjährigen Sperrfrist möglich.
Jedoch wurde die Einbringung der erhaltenen Anteile (z.B. an der Holding-Kapitalgesellschaft, in die zuvor die Anteile an der Zielgesellschaft, die Gegenstand eines Share Deals war, eingebracht wurden) zuweilen versucht dergestalt auszunutzen, dass dadurch die Sperrfristbehaftung entfallen sollte. Denn eine nachträgliche Besteuerung des Einbringungsgewinns II findet nicht statt, wenn zuvor der Einbringende die erhaltenen Anteile (z.B. die Anteile an der aufnehmenden Zwischenholding in der Rechtsform einer GmbH) veräußert (vgl. § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG).
Bringt z.B. eine natürliche Person (Veräußerer im Falle eines Share Deals) in einem ersten Schritt Anteile an der Zielgesellschaft (A-GmbH) nach § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG zum Buchwert in eine Zwischenholding (B-GmbH) ein und sodann in einem zweiten Schritt die an der B-GmbH erhaltenen Anteile ebenfalls zu Buchwerten in eine weitere Kapitalgesellschaft (C-GmbH), so wurde bislang diskutiert, ob die Buchwerteinbringung der Anteile an der B-GmbH in die C-GmbH die laufende Sperrfrist in Bezug auf die im ersten Schritt eingebrachten Anteile an der A-GmbH beendet. Dies hätte sodann nämlich zur Folge, dass die Zwischenholding (B-GmbH) die Anteile an der Zielgesellschaft (A-GmbH) nach § 8b Abs. 2, 3 KStG steuerfrei im Rahmen des avisierten Share Deals veräußern könnte ohne Sperrfristverletzung. Dies Frage wurde von der bislang h.M. im umwandlungssteuerrechtlichen Schrifttum bejaht, so dass sich entsprechende Gestaltungen im Markt entwickelten und anhaltende Diskussionen über Jahre auslösten.
Nachstehend ist eine illustrative Darstellung des Beispielsfalls dargestellt:
Anknüpfungspunkt für eine entsprechende Argumentation war der bisherige Wortlaut des § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG, wie vorstehend bereits dargestellt, der die Entstehung eines Einbringungsgewinns ausschließt, soweit der Erbringende die erhaltenen Anteile veräußert hat. Dabei wurde unter den Begriff der „Veräußerung“ auch eine Einbringung von erhaltenen Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gesehen, und zwar unabhängig vom gewählten Wertansatz der Einbringung. Dies wurde mithin auch auf die Ausführungen unter Rn. 00.02 UmwStE 2011 gestützt, aus denen herausgelesen werden könne, dass auch die Finanzverwaltung in den betreffenden Konstellationen eine Verletzung der Sperrfrist verneine. Jedoch gab es nach unserem Dafürhalten keine expliziten Äußerungen der Finanzverwaltung im UmwStE 2011 hierzu, noch konnte diese Auslegung auf einer expliziten Rechtsprechung gestützt werden. Daher bestand u.E. stets ein relevantes Risiko der Nichtanerkennung solcher Strukturierungen durch die Finanzverwaltung.
Der Gesetzgeber teilt diese Auffassung ebenfalls nicht. Die diesbezüglich vorgesehene Neuregelung dient somit ausweislich der Gesetzesbegründung lediglich der Klarstellung der gesetzgeberischen Intention (vgl. die Gesetzesbegründung zum Regierungsentwurf des JStG 2024, BT-Drucks. 20/12780, S. 156). Nach § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG sei nur dann ausnahmsweise von der Besteuerung eines sog. Einbringungsgewinns II abzusehen, wenn unter dem gemeinen Wert eingebrachte Anteile durch die übernehmende Gesellschaft zwar innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist veräußert werden, aber der Einbringende die erhaltenen Anteile bereits vor dem schädlichen Ereignis veräußert hat. Denn eine systematische Auslegung des § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG sowie der Telos der Norm gebieten, dass nur „echte“ Veräußerungen unter Aufdeckung der stillen Reserven und gerade nicht eine (Weiter-)Einbringung zu Buchwerten als (fingierte) Veräußerung von dieser Vorschrift erfasst werden.
Dies stehe laut Gesetzesbegründung auch im Einklang mit der im Rahmen des SEStEG getroffenen Grundentscheidung, von einer Besteuerung des Einbringungsgewinns II abzusehen, wenn durch die Wertverknüpfung der Einbringungsgewinn bereits als Veräußerungsgewinn der erhaltenen Anteile besteuert wurde. Dies sei jedoch bei einer Weitereinbringung nur dann der Fall, wenn eine Aufdeckung der stillen Reserven erfolgte. Dies werde durch die Neuänderung nun noch einmal ausdrücklich klargestellt.
Diese Änderung führt zum nun „sicheren“ Ende solcher Gestaltungen. Denn nur eine vollentgeltliche Veräußerung der erhaltenen Anteile oder deren Einbringung zum gemeinen Wert führt zu einer vollständigen Aufdeckung der stillen Reserven auf Ebene des Einbringenden. Da die Steuerfreistellung gemäß § 8b Abs. 2, 3 KStG für den Einbringenden nicht zur Anwendung kommt, kommt es nur in diesem Fall nicht zu einer „Verwirklichung“ einer Statusverbesserung, sodass der Grund für eine Anwendung des § 22 Abs. 2 Satz1 UmwStG im konkreten Fall entfällt.
Ohne Aufdeckung der stillen Reserven im Rahmen der Einbringung der erhaltenen Anteile käme es jedoch nicht zu einer Besteuerung des Gewinns aus dem originären Anteilstausch etwa nach dem Teileinkünfteverfahren, sodass die Statusverbesserung erhalten bliebe. Es erscheint daher zutreffend oder mindestens naheliegend, den Veräußerungsbegriff bereits im Rahmen der bislang geltenden Fassung von § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG entsprechend dem Telos auszulegen und eine Beendigung der Sperrfrist nur in Bezug auf „echte“ vollentgeltliche Veräußerungen bzw. Einbringungen zum gemeinen Wert anzunehmen. Es handelt sich vor diesem Hintergrund sodann in der Tat bei § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG n.F. lediglich um eine klarstellende Änderung.
Entsprechende Gestaltungen sind daher für die Beratungspraxis nunmehr endgültig nicht zu empfehlen.
Für Gestaltungen, die in der Vergangenheit unter Bezugnahme auf die überwiegende Auffassung in der steuerrechtlichen Fachliteratur vorgenommen wurden, sollte sich vor dem Hintergrund des Verzichts des Gesetzgebers auf ein rückwirkendes Inkrafttreten der Neureglungen jedoch zumindest kein unmittelbares steuerliches Risiko ergeben. Jedoch besteht ein wohl hohes Risiko, dass entsprechende Gestaltungen – gerade auch vor dem Hintergrund der klarstellenden Natur der Gesetzesänderung – im Rahmen einer künftigen Betriebsprüfung aufgegriffen werden und eine rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns II vorgenommen wird.
Die Neuregelung steht i.Ü. auch im Einklang mit dem Entwurf des neuen UmwStE 2024. Zwar sieht Rn. 00.02 UmwStE 2024 weiterhin vor, dass Umwandlungen und Einbringungen auf der Ebene des übertragenden Rechtsträgers sowie des übernehmenden Rechtsträgers als Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge hinsichtlich des übertragenen Vermögens qualifizieren. Sie wird jedoch flankiert durch die korrespondierend zu § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG n.F. neugefasste Rn. 22.17 UmwStE 2024. An dieser Stelle wird zukünftig nunmehr ebenfalls ausdrücklich klargestellt, dass eine rückwirkende Einbringungsgewinnbesteuerung nach dem Sinn und Zweck des § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG nur dann unterbleibt, „wenn die vorangehende Veräußerung der erhaltenen Anteile durch den Einbringenden die vollständige Aufdeckung der stillen Reserven zur Folge hatte“.
Christian Wegener
Partner
Steuerberater
Dr. Christiane Krüger, LL.M.
Senior Manager
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