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Die nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung wird überarbeitet – mit weitreichenden Auswirkungen für die Energiewirtschaft.
Der neu ernannte Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Dr. Robert Habeck, verdeutlichte kürzlich bei der Vorstellung der „Eröffnungsbilanz Klimaschutz“, dass die Klimaziele 2022 und 2023 verfehlt werden. Die vorgestellten Sofortmaßnahmen beinhalten u.a. die Überarbeitung der nationalen Wasserstoffstrategie mit dem Ziel, den Markthochlauf zu beschleunigen und stärker finanziell zu fördern. Hieraus resultieren weitreichenden Herausforderungen und Chancen für die deutsche Energiewirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Eine umfassende und ganzheitliche Planung erscheint dringend erforderlich.
Wasserstoff ist im Zusammenhang mit der Energiewende eines der zentralen Themen, welches die Energiewirtschaft derzeit beschäftigt. Branchenvertreter und Verbände sehen darin insbesondere für die Deckung des Wärmebedarfs einen entscheidenden Weg in eine CO2-arme und sozialverträgliche Zukunft.
Auch in Deutschland wird der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur in jüngster Zeit stärker gefordert, gefördert und damit vorangetrieben. Die Konzeption einer nationalen Wasserstoffstrategie durch die Bundesregierung, die zunehmende Berücksichtigung in Gesetzen und Verordnungen (z.B. Ausarbeitung H2-NEV) und die Etablierung von zahlreichen Förderinstrumenten sind nur einige Belege dafür.
Die Schaffung verlässlicher Rahmenbedingungen insbesondere in puncto Planungssicherheit ist dabei für einen erfolgreichen und beschleunigten Markthochlauf aus mehreren Gründen besonders wichtig. So ist der Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur aufwendig und kostspielig, unterliegt einem langen Planungs- und Lebenszyklus und muss mit der Planung entlang der gesamten Wertschöpfungskette eng abgestimmt werden.
Die Herausforderungen sind genauso vielschichtig wie komplex, da die zukünftige Wasserstoffversorgung im Zusammenspiel mit der gesamten Energieversorgung im Land und vor Ort betrachtet werden sollte – unter Berücksichtigung verschiedener Energieträger, Technologien und die dazugehörigen Infrastrukturen. Aus unserer Sicht resultieren hieraus weitreichende Auswirkungen für die Energieversorger.
Abschätzung von Angebot und Nachfrage als Ausgangspunkt
Einen zentralen Aspekt stellt eine geografische Abschätzung der zukünftigen Wasserstoff-Nachfrage dar. Auf dieser Basis sollten Strategien hinsichtlich der zukünftigen Beschaffung und Erzeugung des benötigten Wasserstoffs erarbeitet werden. Die Erzeugungs- und Transportkosten aber auch die Art und der Ort der Erzeugung sind dabei relevante Fragestellungen (z.B. zentral vs. dezentral, Inland vs. Ausland). Darüber hinaus gilt es im Vertrieb abzuschätzen, welche Auswirkung eine zukünftige Versorgung mit Wasserstoff wiederum auf den Strom-, Gas- und Wärmeabsatz vor Ort haben wird.
Netzentwicklungsstrategie und umfassende Planung
Das entsprechende Sachanlagevermögen ist langlebig, kapitalintensiv und bedarf einer vorausschauenden technischen Planung. Die zukünftige Wasserstoff- und Wärmestrategie stellt einen Energieversorger heute vor Herausforderungen hinsichtlich der Reinvestitionen in die Energienetze. Notwendig ist eine langfristige Investitions- und Planungssicherheit, um entscheiden zu können, welche Endverbraucher zukünftig wie versorgt werden können: Beimischung von Wasserstoff, reinem Wasserstoff, Strom (Wärmepumpe) oder (Fern-)Wärme. Während für (Fern-)Wärme, Wasserstoff und Strom sich vor allem die Frage nach dem zukünftigen Auf- und Ausbau der Versorgung stellt, muss beim herkömmlichen Erdgas vielleicht sogar über den Rückbau, jedoch in jedem Fall nur über die technisch notwendigen Maßnahmen weiter nachgedacht werden.
Frage nach der H2-readiness der Infrastruktur
Für den Gasnetzbetreiber stellen sich zudem konkret Fragen hinsichtlich der Eignung der bestehenden Netzinfrastruktur für den Transport von Wasserstoff oder etwaigen Beimischungsquoten. Hierbei können, je nach Höhe der Beimischungsquote, unterschiedliche technische Maßgaben bestehen. Um die technischen Anforderungen zu erfüllen, können gegebenenfalls zusätzliche Investitionen anfallen. Planungsaufwand und Umstellungskosten bzgl. der flächendeckenden Anpassung aller Endverbrauchergeräte hinsichtlich einer Nutzung von Wasserstoff sind in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht zu unterschätzen. Erfahrungen zum Aufwand und Komplexität konnten einige Netzbetreiber bei der aktuellen Umstellung von L- auf H-Gas bereits sammeln.
Wir empfehlen daher, die zukünftige Investitionsstrategie auch mit anderen Energienetzen ((Fern-)Wärme, Strom und Erdgas) eng verzahnt abzustimmen, um ein effizientes und smartes Versorgungskonzept zu entwickeln. Ein vernetztes, spartenübergreifendes wie vorausschauendes Denken und Planen entlang der Wertschöpfungskette stellt deshalb ein zentraler Bestandteil und wichtigste Herausforderung für die nächsten Jahre dar.
Die Herausforderungen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben, stellen unseres Erachtens dabei eine Chance für den Energieversorger dar, auch durch den gezielten Ausbau neuer Geschäftsfelder die eigene Ertragskraft zu erhalten und zu steigern.
Politik und Gesetzgeber haben bislang noch keine ausreichende Planungssicherheit gegeben. Jedoch hat der neue Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz jüngst angekündigt, die bisherigen Instrumente zu überarbeiten und anzupassen. Gerade deswegen sollten Energieversorger proaktiv die ersten wichtigen strategischen Bausteine für ein zukunftssicheres Versorgungskonzept legen.
Hartmut MüllerPartner
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