EVB-IT Rahmenvereinbarung und digitales Vertragstool: Ein bedeutender Schritt für die öffentliche IT-Beschaffung

  • 05.12.2024
  • Lesezeit 4 Minuten

Die öffentliche IT-Beschaffung erreicht mit der Einführung der neuen EVB-IT-Rahmenvereinbarung und dem digitalen Vertragserstellungstool „EVB-IT digital“ eine neue Stufe der Digitalisierung und Effizienz. Die neuen Rahmenverträge bieten sowohl für öffentliche Auftraggeber als auch für Unternehmen neue Chancen. Dennoch gilt es, rechtliche Fallstricke zu vermeiden.

Der Bund vereint erstmals alle elf bestehenden EVB-IT-Vertragsarten in einer zentralen Rahmenvereinbarung, die ausschließlich über das interaktive Tool verfügbar ist. Dadurch wird der Beschaffungsprozess nicht nur teilautomatisiert, sondern auch deutlich vereinfacht.

EVB-IT-Verträge: Ausgewogener Kompromiss zwischen öffentlichen Auftraggebern und IT-Unternehmen

Die EVB-IT (Ergänzende Vertragsbedingungen für die Beschaffung von IT-Leistungen) sind seit Jahrzehnten ein etabliertes Instrument für IT-Vergaben der öffentlichen Hand. Sie wurden entwickelt, um den Rückgriff auf standardisierte Vertragsbedingungen zu ermöglichen und so für alle Beteiligten Rechtssicherheit und Effizienz in den Vergabeverfahren zu schaffen. Durch die Einbindung der IT-Wirtschaft, vertreten durch den Branchenverband Bitkom e.V., stellen die EVB-IT-Verträge einen ausgewogenen Kompromiss zwischen den Anforderungen der öffentlichen Auftraggeber und den Interessen der IT-Unternehmen dar.

Die neue Rahmenvereinbarung: Modular und digital

Mit der neuen EVB-IT-Rahmenvereinbarung wird der bisherige Ansatz der Einzeldokumente erweitert und vereinfacht. Die Rahmenvereinbarung deckt verschiedene Module ab, die je nach Beschaffungsfall individuell zusammengestellt werden können. Diese Module umfassen beispielsweise den Kauf von Hardware, die Überlassung von Software, Dienstleistungen sowie die Erbringung von Cloud-Leistungen. Die modulare Struktur ermöglicht es den öffentlichen Auftraggebern, maßgeschneiderte Verträge für ihre spezifischen Beschaffungsanforderungen zu erstellen, ohne unnötige Klauseln oder Regelungen zu integrieren.

Ein zentrales Element dieser Neuerung ist das Vertragserstellungstool „EVB-IT digital“, das eine teilautomatisierte Erstellung der Verträge ermöglicht. Im Gegensatz zu den bisherigen textbasierten Vorlagen führt das digitale Open-Source-Tool die Nutzer durch ein interaktives Interviewformat. Dadurch werden Verträge schneller, präziser und mit geringerer Fehleranfälligkeit erstellt. Besonders in komplexen Beschaffungsvorgängen, wie etwa bei der Vergabe von IT-Systemen oder Cloud-Leistungen, bietet das Tool erhebliche Vorteile.

Schneller, einfacher, breitere Marktakzeptanz: „EVB-IT digital“

Die neue EVB-IT Rahmenvereinbarung und das dazugehörige Tool sind nicht nur ein Gewinn für die öffentliche Verwaltung, sondern auch für die IT-Wirtschaft. Die Standardisierung und Vereinfachung der Vertragsbedingungen sorgen für schnellere Verfahren und eine höhere Marktakzeptanz. Zudem wird der Verwaltungsaufwand erheblich reduziert, da der Prüfaufwand und die Notwendigkeit manueller Anpassungen minimiert werden.

Für Auftraggeber bedeutet dies eine höhere Rechtssicherheit und weniger Verzögerungen bei der Auftragsvergabe. Bereits 2023 nutzte die Zentralstelle für IT-Beschaffung (ZIB) die EVB-IT für Vergaben im Umfang von rund 8 Milliarden Euro – ein klares Zeichen für die zentrale Rolle dieser Verträge.

Neues Tool optimal nutzen: Rechtliche Fallstricke der neuen Rahmenverträge

Obwohl die neuen EVB-IT Rahmenverträge zahlreiche Chancen bieten, sind auch einige Fallstricke zu beachten, die die erfolgreiche Umsetzung erschweren können. Ein häufiger Stolperstein ist die komplexe Vertragsgestaltung bei modularen Verträgen, die eine präzise Anpassung der Vertragsbestandteile an den individuellen Beschaffungsbedarf erfordert. Fehler oder Unklarheiten in der Modulauswahl können rechtliche Unsicherheiten und späteren Anpassungsbedarf zur Folge haben.

Ein weiteres Risiko besteht in der fehlenden Produktneutralität, die zu Wettbewerbsbeschränkungen führen kann, wenn die Vertragsbedingungen zu spezifisch auf bestimmte Anbieter oder Technologien zugeschnitten sind.

Haftungsrisiken vermeiden, Compliance wahren

Zudem ist die Definition von Gewährleistungs- und Haftungsfragen bei den einzelnen Modulen entscheidend, da unklare Regelungen dazu führen können, dass Auftraggeber oder Anbieter in Haftung genommen werden, ohne dass Verantwortlichkeiten klar festgelegt sind. Auch die vertragliche Festlegung von Anpassungs- und Änderungsmöglichkeiten während der Vertragslaufzeit kann problematisch sein. Ohne rechtskonforme Änderungsvereinbarungen könnte es zu Nachverhandlungen kommen, die vergaberechtliche Vorgaben verletzen.

Schließlich ist die rechtliche Absicherung von Datenschutz- und Compliance-Vorgaben im digitalen Beschaffungsprozess essenziell, um die Verträge den Anforderungen der DSGVO und anderen gesetzlichen Bestimmungen anzupassen.

Wenn Sie Unterstützung bei der Anwendung der neuen EVB-IT Rahmenverträge oder bei anderen vergaberechtlichen Fragestellungen benötigen, stehen wir Ihnen gerne zur Seite. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass Ihre IT-Beschaffungen rechtssicher und effizient abgewickelt werden.
 

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Autor dieses Artikels

Dr. Christian Teuber

Partner

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Vergaberecht

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