Dr. Siegfried Friedrich im Gespräch mit Rechtsanwalt und Steuerberater Oliver Hubertus, Partner bei Baker Tilly und Experte für rechtliche und steuerliche Gestaltungen und Strukturierung im Profisport.
Dr. Siegfried Friedrich: Wenn man sich noch mal vor Augen führt, dass man als Profi-Club an ganz verschiedenen Stellen innerhalb des Fußballkonzerns Finanzbedarf hat, stellt sich die Frage, wie frei ist man bei der individuellen Gestaltung aus rechtlicher und steuerrechtlicher Sicht.
Oliver, ich habe mal gelernt, dass ein gemeinnütziger Verein nicht so ohne weiteres Vermögen veräußern darf und die Mittelzuflüsse daraus frei verwenden kann. Was muss bei der Gestaltung von Investorenengagements beachtet werden?
Oliver Hubertus: Du sprichst eines der komplexesten Themen im Bereich der Gemeinnützigkeit an. Das Interesse von Investoren geht neben einem Return of Invest dahin, einen Mindestumfang an Mitspracherechten zu erlangen; beide Elemente sind im Hinblick auf die Gemeinnützigkeit eher hinderlich, schließen am Ende jedoch ein Investment nicht aus. Der Regelfall ist daher, die von rund 50% der Proficlubs bereits vollzogene Ausgliederung eines Teils des Vereinsvermögens in eine gewerbliche Spielbetriebsgesellschaft und hieran anschließend die Beteiligung des Investors an dieser Gesellschaft. Würde die Gemeinnützigkeit aberkannt werden, hätte das fatale Folgen für den Verein: keine Steuerbefreiung, keine Spendenbescheinigungen, erhebliche Steuerzahlungen und eine unangenehme Diskussion mit den Verbänden über potenzielle Auswirkungen die „Lizenzierung“.
Dr. Friedrich: Muss man daraus schlussfolgern, dass Investorenengagements immer eine Ausgliederung voraussetzen?
Hubertus: Es ist der Regelfall, aber letztlich nicht alternativlos. Für alle Vereine, die aus den unterschiedlichsten Gründen keine Ausgliederung vornehmen, könnte als Alternative durchaus auch ein Invest durch hybride Beteiligungen wie z.B. Genussrechte unmittelbar am wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „Profiabteilung“ implementiert werden. Diese Form der Beteiligung ist sicherlich rechtlich und steuerlich für beide Beteiligten komplexer umsetzbar, aber dennoch optional möglich.
Dr. Friedrich: Wenn sich Vereine für eine Ausgliederung entscheiden, gibt es dann nur den Weg Anteilsverkauf?
Hubertus: Hier gibt es einen nicht unerheblichen Gestaltungsspielraum: Der Verein kann die Ausgliederung so gestalten, dass der Investor an der aufnehmenden Gesellschaft schon beteiligt ist. Dann bedarf es keines weiteren Anteilsverkaufes mehr. Möglich ist aber auch, dass der Verein zunächst alle Anteile im Rahmen der Ausgliederung selbst erwirbt und danach an den Investor Anteile an der Spielbetriebsgesellschaft verkauft. Schließlich kann anstelle eines Anteilsverkaufes auch eine Kapitalerhöhung im Nachgang oder zusammen mit der Ausgliederung erfolgen, d.h. der Investor erhält keine Anteile an der Spielbetriebsgesellschaft vom Verein, sondern es werden ihm im Zuge einer Kapitalerhöhung neue Anteile an der Spielbetriebsgesellschaft gewährt.
Dr. Friedrich: Gibt es bei diesen Varianten der Investorenaufnahme einen „Königsweg“?
Hubertus: Nein; es muss der konkrete Einzelfall gewürdigt und die Interessenlage von Verein und Investor abgewogen werden, welche Variante insbesondere gesellschafts- und steuerrechtlich, aber auch aus Finanzierungssicht konkret der „Best Case“ ist.
Dr. Friedrich: Kannst du das an einem Beispiel näher erläutern?
Hubertus: Nehmen wir an, der Verein hat aufgrund einer nicht ganz erfolgreichen abgelaufenen Spielzeit und zu hoher Personalkosten im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb „Profiabteilung“ einen Verlust im laufenden Geschäftsjahr zu erwarten. Aufgrund des hohen Interesses von Investoren an dem „Produkt“ Profifußball ist der „Profiabteilung“ allerdings ein hoher Unternehmenswert beizumessen. Der Verein will nun ausgliedern, ohne Steuern zu zahlen, aber mit dem Wunsch gleich nach der Ausgliederung Investoren an der Spielbetriebsgesellschaft zu beteiligen.
Dr. Friedrich: In dem Fall gliedert der Verein aus und verkauft danach Anteile an den Investor?
Hubertus: Ja, das könnte er tun, muss allerdings sehr genau die steuerlichen Aspekte beachten und gestalten, um nicht vermeidbare Steuerzahlungen zu generieren.
Dr. Friedrich: Was schlägst du vor?
Hubertus: Der Verein sollte aufgrund der im Bereich „Profiabteilung“ erlittenen Verluste eine Ausgliederung nicht zum steuerlichen Buchwert, sondern zu Zwischenwerten vornehmen, um die in der abgelaufenen Spielzeit erlittenen Verluste gemeinnützigkeitsunschädlich auf seiner Ebene zu nutzen. Er schiebt damit zugleich steuerliches Abschreibungsvolumen in die Gesellschaft und kann so in den Folgejahren dort seine Steuerquote senken. Völlig unabhängig vom steuerlichen Ansatz hat der Verein handelsrechtlich einen sehr weiten Spielraum. Er kann die Ausgliederung dazu nutzen bis zur Höhe des Verkehrswertes des ausgegliederten Vermögens Eigenkapital zu bilden oder aber einfach die Buchwerte fortführen. Um nun auch bei der Beteiligung des Investors die Steuerneutralität zu wahren, werden keine Anteile an der Gesellschaft an den Investor verkauft, dies wär steuerschädlich, sondern die Gesellschaft erhöht ihr Kapital und der Investor beteiligt sich per Bareinlage an der Gesellschaft. Der Verein seinerseits verwässert seine Beteiligung an der Spielbetriebsgesellschaft: Das heißt, wir hätten eine volle Zielerreichung; es werden keine Steuern generiert, die Gemeinnützigkeit ist gewahrt, „Verluste“ werden durch den Zwischenwertansatz steueroptimiert vom Verein in die Gesellschaft transferiert und die Gesellschaft hat infolge der Barkapitalerhöhung liquide Mittel zur Verfügung.
Dr. Friedrich: Die Umsetzung eines Invests und die vorangehende Strukturierung unterscheidet sich grundsätzlich nicht von anderen Branchen; gibt es denn verbandsrechtliche Besonderheiten, wie die „50+1“ Regelung, die Investoren abschrecken könnten?
Hubertus: Einen „Abschreckeffekt“ konnte ich bisher durch das Verbandsrecht nicht erkennen. Ich bin da eher pragmatisch und sehe es völlig wertneutral. Das Verbandsrecht ist zwingend bei Ausgliederungen und Beteiligungen von Investoren mit zu berücksichtigen.
Dr. Friedrich: Aber was heißt das konkret? Wie viele Anteile dürfen denn zum Beispiel an einen Investor übertragen werden, wenn man die 50+1 Regel beachten muss?
Hubertus: „Übersetzt“ bedeutet „50+1“, dass ein Verein, der Muttergesellschaft einer „Profispielbetriebsgesellschaft“ ist, mehrheitlich an dieser Gesellschaft beteiligt sein muss. Mehrheitlich meint hierbei die Stimmen-, nicht jedoch die Kapitalmehrheit. Insofern könnte der Verein bei einer Spielbetriebsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH 99,99% bzw. bei einer AG 74,99% der Kapitalanteil auf den Investor übertragen, aber 50+ 1 Stimmen zurück behalten. Bei einer KGaA, könnte der Verein sogar 100% der Kapitalanteile samt Stimmen übertragen – so lange er alleiniger Gesellschafter der persönlich haftenden Gesellschafterin der KGaA ist, die ihrerseits die Geschäfte der Gesellschaft führt und diese nach außen vertritt. Solange die 50+1 Regelung zu berücksichtigen ist, muss ein Investor akzeptieren, dass der Verein ihn überstimmen kann.
Dr. Friedrich: Sind solche Beteiligungsverhältnisse die Regel?
Hubertus: Es kommt auf die Situation an; beispielsweise war der "TSG 1899 Hoffenheim" der Verein nach der Verlagerung der Profiabteilung (wohl) aus grunderwerbsteuerlichen Gründen nur noch mit rund 5,1% am Kapital beteiligt. Andere Vereine, wie zum Beispiel der FC Bayern München, halten dagegen noch die Sperrminorität von 75% an der Spielbetriebsgesellschaft. Einen Cash-Zufluss aus den Anteilen kann der Verein bzw. die Spielbetriebsgesellschaft grundsätzlich nur einmal generieren; daher sollte bei allen Überlegungen sich für Investoren zu öffnen auch eine Abwägung dahin gehend erfolgen, ob die Anteile nur einmal übertragen werden und danach für den Verein im Hinblick auf einen Liquiditätszufluss verbraucht sind.
Dr. Friedrich: Und welche Aspekte müssen wir bezüglich Financial Fairplay im Auge haben?
Hubertus: Sicherlich sehr wesentlich ist dabei die Break-Even-Regelung. Diese verbietet es Vereinen bzw. Spielbetriebsgesellschaften, unter Berücksichtigung gewisser Korridore, nicht mehr auszugeben als Einnahmen generiert werden. Was als relevante Einnahme und Ausgabe zu verstehen ist, ist dabei in den FFP-Rules festgelegt, wobei sich die FFP-Rules an den IFRS-Standards orientieren. Erfolgt nun ein Invest an einer Spielbetriebsgesellschaft so wird der Investor zur „Related Party“ bezogen auf sämtliche Geschäftsbeziehungen, die der Investor – neben seinem Anteil – sonst mit der Spielbetriebsgesellschaft unterhält. Oftmals sind Investoren nicht nur daran interessiert, einen Anteil an der Spielbetriebsgesellschaft zu halten, sondern es bestehen darüber hinaus auch sonstige Vertragsbeziehungen, wie zum Beispiel Sponsoringverträge. Aufgrund der nach dem Invest bestehenden „Nähebeziehung“ des Investors zur Spielbetriebsgesellschaft sind aus solchen Vertragsbeziehungen resultierende Einnahmen nicht mehr ohne Weiteres in der Break-Even-Betrachtung anzusetzen; es ist nun stets auch der Nachweis zu führen, dass das vereinbart Entgelt „angemessen“ ist. Kann dieser Nachweis nicht oder nur zum Teil geführt werden, so fallen solche (anteiligen) Einnahmen aus der Break-Even-Betrachtung zum Nachteil der Spielbetriebsgesellschaft raus.
Dr. Friedrich: Vielen Dank Oliver, ich fasse deine Worte mal so zusammen. Es ist vieles für die individuell passende Lösung gestaltbar, aber rechtlich und steuerlich nicht so ganz ohne!
(Manuskript. Es gilt das gesprochene Wort.)
SpoBis – SPONSORS Business Summit, Düsseldorf, 09.-10. Februar 2015
Forum “Investoren im Fußball“ 9. Feb., 13 Uhr
„Die Beteiligung von Investoren an Fußballclubs – eine kalkulierbare Investitionsentscheidung?“, Dr. Siegfried Friedrich, Partner Baker Tilly