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Mit seiner Entscheidung vom 19. Dezember 2024 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) das Fremdbeteiligungsverbot an Berufsausübungsgesellschaften freier Berufe bestätigt. Kapitalbeteiligungen an medizinischen Versorgungszentren (MVZ) sind dadurch weiterhin nur mittelbar möglich.
Finanzinvestoren können bisher nicht direkt als Gesellschafter an einem medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) beteiligt sein. Möglich ist lediglich eine mittelbare Beteiligung etwa durch ein Krankenhaus in privater Trägerschaft, das sich als Gesellschafter an einem MVZ beteiligt.
Nach der jüngsten Bestätigung des Fremdbeteiligungsverbots an Anwaltskanzleien durch den EuGH in seiner Entscheidung vom 19.12.2024 hinsichtlich der Unabhängigkeit der Anwaltschaft (Urteil vom 19.12.2024 - C-295/23) ist auch nicht mit einer Liberalisierung der bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Fremdbeteiligungsverbot bei anderen freien Berufen – einschließlich der Regelungen zum zulässigen Gesellschafterkreis eines MVZ – zu rechnen.
Die freien Berufe (d.h. etwa Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, etc.) unterliegen in Deutschland jeweils ähnlichen gesetzlichen Regelungen, welche eine Kapitalbeteiligung von Finanzinvestoren an Berufsausübungsgesellschaften der freien Berufe nicht zulassen. Daher dürfen an einer Gesellschaft, welche mehreren Freiberuflern zur gemeinsamen Berufsausübung dient, nur solche Personen als Gesellschafter beteiligt sein, die im Unternehmen dieser Gesellschaft tatsächlich tätig sind (z. B. als Ärzte oder Anwälte). Gesellschafter einer Arztpraxis können daher nur Ärzte sein, die in dieser Praxis arbeiten. Zudem ist die Anzahl der angestellten Ärzte, die eine Arztpraxis beschäftigen darf, gesetzlich beschränkt.
Der zulässige Gesellschafterkreis eines MVZ umfasst neben (i) niedergelassenen Ärzten auch (ii) Krankenhäuser, (iii) Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen, (iv) gemeinnützige Träger, die an der medizinischen Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung teilnehmen oder (v) Kommunen. Daher können Finanzinvestoren, z. B. als Gesellschafter eines Krankenhauses, auch mittelbar Gesellschafter eines MVZ sein. Die MVZ stellen daher bereits eine Ausnahme vom Fremdbeteiligungsverbot dar, indem sie die Beteiligung von bestimmten Gesellschaftertypen zulassen, welche nicht als Ärzte im jeweiligen MVZ mitarbeiten (können). Auf diese Weise beteiligen sich immer häufiger Private Equity Investoren mittelbar and MVZ-Strukturen.
Die bereits im Jahr 2003 durch den Gesetzgeber eingeführten MVZ stehen in der Öffentlichkeit hauptsächlich wegen ihrer Abweichung vom Fremdbeteiligungsverbot bis heute in der Kritik, konnten jedoch gleichzeitig einen Beitrag zur Verbesserung der medizinischen Versorgung leisten und bieten zahlreichen angestellten Ärzten Arbeitsplätze, da ein MVZ im Gegensatz zu einer Arztpraxis beliebig viele Ärzte im Angestelltenverhältnis beschäftigen darf.
Das Fremdbeteiligungsverbot schützt die Unabhängigkeit der freien Berufe. Wer den Interessen von Finanzinvestoren unterworfen sei, könne nicht unabhängig tätig sein, so der EuGH in seiner hier besprochenen Entscheidung.
Der Entscheidung vorausgegangen war ein Vorlagebeschluss des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs (AGH), wegen Bedenken am anwaltlichen Fremdbeteiligungsverbot. Ein Rechtsanwalt hatte 2021 die Mehrheit seiner Anteile an seiner Berufsausübungsgesellschaft an eine nicht-anwaltliche österreichische Gesellschaft abgetreten. Daraufhin widerrief die Rechtsanwaltskammer München nach § 59e Abs.1 S.1, § 59h Abs.3 S.1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) die anwaltliche Zulassung der Berufsausübungsgesellschaft.
In ihrer Klage gegen den Widerruf stellte sich die Berufsausübungsgesellschaft auf den Standpunkt, dass das Fremdbeteiligungsverbot für Rechtsanwaltsgesellschaften verfassungsrechtlich und europarechtlich nicht haltbar sei.
Dem folgte auch der Generalanwalt des EuGH und sah in dem Fremdbeteiligungsverbot eine unzulässige Beschränkung der europäischen Grundfreiheiten. Er räumte zwar ein, dass ein Fremdbeteiligungsverbot zum Schutz von Allgemeingütern möglich und notwendig sei, die Regelungen der BRAO dafür jedoch aufgrund ihrer Inkohärenz ungeeignet seien.
Der Generalanwalt des EuGH beanstandete u. a. das bestehende Erfordernis, dass Gesellschafter im Unternehmen der Berufsausübungsgesellschaft auch tatsächlich als Rechtsanwälte mitarbeiten, während die bloße Zugehörigkeit zur Anwaltschaft nicht genügt.
Auch verglich der Generalanwalt des EuGH die rechtsanwaltliche Tätigkeit mit der des Arztes. Strukturell entspräche die von einem Rechtsanwalt eigenverantwortlich zu leistende Rechtsberatung der Tätigkeit eines Arztes, da dieser ebenfalls die Behandlung des Patienten eigenverantwortlich führe. Durch diese Parallele wird die Entscheidung des EuGH auch für den Gesundheitssektor, insbesondere für die MVZ interessant.
Entgegen der Auffassung des Generalanwalts bewertete der EuGH das deutsche Fremdbeteiligungsverbot an Anwaltskanzleien jedoch als wirksam. Der Eingriff in die Niederlassungsfreiheit durch das Fremdbeteiligungsverbot ist nach Ansicht des EuGH durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt, da ansonsten die anwaltliche Unabhängigkeit in Gefahr sei. Ein Rechtsanwalt könne seinen Beruf jedoch nicht unabhängig und unter Beachtung seiner Berufs- und Standespflichten ausüben, wenn er einer Gesellschaft angehöre, deren Gesellschafter (auch) reine Finanzinvestoren seien, die selbst nicht anwaltlich tätig sind.
Auch wenn vom EuGH nicht ausdrücklich thematisiert, kann aufgrund der vom Generalanwalt des EuGH gezogene Parallele mit dem Gesundheitssektor und den ähnlichen berufsrechtlichen Pflichten der Ärzte die Entscheidung auch auf das Fremdbeteiligungsverbot bei Ärzten und den zulässigen Gesellschafterkreis der MVZ bezogen werden.
Das ärztliche Pendant zu den §§ 59e, 59h BRAO findet sich in § 95 Abs.1a SGB V. Demnach ist es Dritten untersagt, in Arztpraxen oder ambulante medizinische Einrichtungen zu investieren oder sie zu betreiben. Dadurch soll die Unabhängigkeit von Ärzten und die Qualität der medizinischen Versorgung gesichert werden. Ein möglicher Einfluss von Finanzinvestoren könnte den Fokus von der Patientenversorgung auf Profitmaximierung verschieben.
Aus den gleichen Gründen ist auch der Gesellschafterkreis eines MVZ gesetzlich beschränkt, erlaubt aber immerhin zusätzlich zu Ärzten die Beteiligung von anderen Akteuren aus dem Gesundheitssektor, z. B. Krankenhäusern.
Dennoch muss aufgrund der starken Nachfrage nach medizinischen Dienstleistungen und der hohen Kostensteigerungen im Gesundheitssektor (u. a. wegen der Alterung der Gesellschaft) das Fremdbeteiligungsverbot, einschließlich der Beschränkung des Gesellschafterkreises eines MVZ, auch als Hindernis für Innovation und Investition gesehen werden.
Nach dem dargestellten EuGH-Urteil steht nun fest, dass auch die Beschränkung des zulässigen Gesellschafterkreises der MVZ zusammen mit dem grundsätzlichen Fremdbeteiligungsverbot an Arztpraxen mit europäischen Recht vereinbar sind. Auch wenn die Entscheidung den wichtigen Schutz der ärztlichen Unabhängigkeit und die Qualität der MVZ hervorhebt, ist kritisch zu bewerten, dass durch die Fremdbeteiligungsverbote die Entwicklung effizienter und moderner medizinischer Versorgung behindert wird.
Weiterhin offen bleibt demnach, wie eine Balance zwischen der Unabhängigkeit der Ärzte und der Notwendigkeit von Investitionen im Gesundheitswesen gefunden werden kann. Festzuhalten ist jedoch, dass mittelbare Beteiligungen von Finanzinvestoren an einem MVZ auch nach der EuGH-Entscheidung nach wie vor möglich bleiben. Dies erfordert jedoch, wie oben dargestellt, die Wahl der richtigen Struktur.
Stephan Zuber
Partner
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Till Werner
Senior Manager
Rechtsanwalt
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