Probezeit bei einem befristeten Arbeitsverhältnis – wie lang darf sie sein?

Bild: Zwei Frauen unterhalten sich im Büro
  • 24.02.2025
  • Lesezeit 6 Minuten

Das LAG Berlin-Brandenburg hat bestätigt, dass die Probezeit in befristeten Arbeitsverträgen maximal 25 Prozent der Vertragsdauer betragen darf. Arbeitgeber sollten das Urteil mit Blick auf die Gestaltung ihrer Arbeitsverträge beachten.

Immer wieder taucht bei befristeten Arbeitsverhältnissen die Frage auf, wie lang eine Probezeit sein darf, damit sie wirksam ist. Mit dieser Frage hat sich vor kurzem auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in einem Kündigungsschutzprozess befasst, in dem es um die Wirksamkeit einer vertraglich vereinbarten viermonatigen Probezeit bei einem auf ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnis ging. Im Ergebnis hat das LAG diese Probezeit als zu lang und damit unwirksam angesehen.
 

Gesetzeslage: Probezeit muss im Verhältnis zur erwarteten Befristung und Tätigkeit stehen

Nach § 622 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Unstreitig ist, dass entsprechend in unbefristeten Arbeitsverhältnissen eine Probezeit von bis zu sechs Monaten wirksam vereinbart werden kann.

Für befristete Arbeitsverhältnisse gibt es eine Sonderregelung in § 15 Abs. 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG), die mit Wirkung zum 01.08.2022 in das Gesetz aufgenommen worden ist. Danach muss, wenn für ein befristetes Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart wird, diese im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen. Wann diese Voraussetzung erfüllt ist, lässt das Gesetz offen. 

Damit stellt sich bei jedem befristeten Arbeitsverhältnis die Frage, ob und mit welcher Dauer eine Probezeit jeweils vereinbart werden kann, um die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 TzBfG zu erfüllen und wirksam zu sein. 

Rechtsprechung: Probezeit darf 25 Prozent der vereinbarten Vertragsdauer nicht überschreiten

Mit dieser Frage hat sich bereits das LAG Schleswig-Holstein im Jahr 2023 befasst. Es hat in seinem damaligen Urteil (LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 18.10.2023 – 3 Sa 81/23) eine Probezeit für die Dauer der Hälfte der Befristung für angemessen und mit den Vorgaben des § 15 Abs. 3 TzBfG vereinbar gehalten. Bei einer einjährigen Befristung wäre danach eine Probezeit von sechs Monaten zulässig.

Das LAG Berlin-Brandenburg ist dem nicht gefolgt, sondern hat sich in seiner Entscheidung (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 02.07.2024 – 19 Sa 1150/23) auf den Standpunkt gestellt, dass bei einem befristeten Arbeitsverhältnis ein angemessenes Verhältnis zur Probezeit dann besteht, wenn die Probezeit nicht länger als 25 Prozent der vereinbarten, befristeten Vertragsdauer beträgt. Mit anderen Worten: als Anhaltspunkt für die Angemessenheit einer Probezeit nach § 15 TzBfG ist ein Wert von 25 Prozent anzunehmen.

Entsprechend ist das LAG in seinem Urteil zu dem Ergebnis gekommen, dass eine viermonatige Probezeit bei einem auf ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnis unwirksam ist.

Klägerin focht Wirksamkeit der Kündigung wegen zu langer Probezeit an

Im zugrundeliegenden Fall war zwischen den Parteien ein vom 22.08.2022 bis zum 21.08.2023 befristeter Arbeitsvertrag geschlossen worden. Sie hatten zudem eine Probezeit von vier Monaten, während das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden konnte, vereinbart. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 09.12.2022, zugegangen am 10.12.2022, innerhalb der Probezeit, die bis zum 21.12.2022 dauerte, zum nächstmöglichen Termin. Die Arbeitnehmerin hat Kündigungsschutzklage erhoben und sich auf den Standpunkt gestellt, die vereinbarte Probezeit von vier Monaten sei mit Blick auf die Befristungsdauer von einem Jahr unverhältnismäßig und damit unwirksam. Dies führe dann auch zur Unwirksamkeit der Kündigung insgesamt und zum Fortbestehen ihres Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Befristung.

Das Arbeitsgericht Berlin hat in erster Instanz entschieden, dass das Arbeitsverhältnis zwar nicht aufgrund der kurzen Kündigungsfrist von zwei Wochen während der Probezeit endete, weil die vereinbarte Probezeit im Verhältnis der Befristung zu lang und daher unwirksam sei. Es sei aber wirksam zum 15.01.2023 unter Einhaltung der gesetzlichen Regelkündigungsfrist des § 622 Abs. 3 BGB gekündigt worden. 

Gegen diese erstinstanzliche Entscheidung haben beide Seiten Berufung eingelegt. Aus Sicht des Arbeitgebers endete das Arbeitsverhältnis aufgrund der kurzen Frist während der Probezeit bereits im Dezember 2022, nach Ansicht der Arbeitnehmerin konnte die Kündigung während der Probezeit vom 09.12.2022 nicht in eine Kündigung unter Einhaltung der gesetzlichen (längeren) Kündigungsfristen des § 622 Abs. 3 BGB umgedeutet werden, sondern war insgesamt unwirksam.

LAG Berlin-Brandenburg wies Berufungen zurück – Kündigung gemäß gesetzlicher Frist wirksam

Das LAG Berlin-Brandenburg hat beide Berufungen zurückgewiesen und die Entscheidung des Arbeitsgerichts Berlin im Ergebnis bestätigt. Maßstab für ein angemessenes Verhältnis zwischen Befristungsdauer und Probezeit, ist ein Wert von 25 Prozent. Bei einer einjährigen Befristung ist demnach eine Probezeit von drei Monaten angemessen, eine Probezeit von vier Monaten dagegen nicht. Entsprechend ist eine viermonatige Probezeit bei einer einjährigen Befristung unwirksam. Etwas anderes gilt nach Ansicht des LAG nur dann, wenn der Arbeitgeber ausnahmsweise nachweisen kann, dass die Art der Tätigkeit ein anderes als das Verhältnis von 25 Prozent rechtfertigt. Im konkret entschiedenen Fall hat der Arbeitgeber dazu nichts dargelegt, so dass diese Ausnahme nicht greift, die vereinbarte Probezeit daher unwirksam ist. 

Allerdings ist nach Ansicht des LAG aus der vereinbarten Probezeit trotz deren Unwirksamkeit erkennbar, dass die Parteien eine ordentliche Kündigung auch während der Dauer der Befristung grundsätzlich zulassen wollten. Daher konnte der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen nach § 622 Abs. 3 BGB wirksam kündigen. Die unwirksame Probezeitkündigung ist mithin nach Auffassung des LAG als wirksame ordentliche Kündigung zu werten, die das Arbeitsverhältnis wirksam vor Ablauf der Befristung beendet hat. 

Praxistipp: Obacht beim Abschluss befristeter Verträge

Auch, wenn das LAG Berlin-Brandenburg mit seiner Entscheidung etwas mehr Klarheit in die Frage der wirksamen Vereinbarung einer Probezeit bei befristeten Arbeitsverhältnissen gebracht und mit 25 Prozent einen Anhaltspunkt für die Bewertung geschaffen hat, sind nach wie vor viele Fragen offen. Andere Gerichte (z. B. das LAG Schleswig-Holstein, s.o.) halten andere Maßstäbe für angebracht. Eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu dieser Frage steht noch aus. Insoweit ist offen, wohin die Reise gehen wird und ob sich der vom LAG Berlin-Brandenburg festgelegte Maßstab durchsetzen wird.

In der Praxis ist es wichtig, sich bei Abschluss befristeter Verträge der Problematik der Länge einer möglichen Probezeit bewusst zu sein und darauf zu achten, dass diese nicht zu lang vereinbart wird. Das Verhältnis eins zu vier (25 %), wie vom LAG Berlin-Brandenburg festgelegt, erscheint zumindest als Minimum sicher, schließt aber nicht zwingend eine längere Probezeit aus. 

Zudem sollte im befristeten Vertrag klar geregelt werden, dass die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des befristeten Vertrages besteht.  

Gerne beraten wir Sie bei der Ausgestaltung Ihrer befristeten Arbeitsverträge.


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Autor dieses Artikels

Gabriele Heise

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Verwaltungsrecht

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