Neuer Höchststand bei Kreditrestriktionen für Mittelständler und abgeschwächter Rückgang der Zinsen

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  • 07.02.2025
  • Lesezeit 4 Minuten

Der aktuelle Baker Tilly Finanzierungskompass zeigt für Q4 2024 eine deutliche Reduktion der Zinssätze für Unternehmenskredite im Laufzeitband ≤ 1 Jahr. Der Rückgang hat sich aber im Vergleich zum Q3 2024 merkbar abgeschwächt. Im Laufzeitband > 1 Jahr ist hingegen kaum eine Veränderung zum Q3 2024 erkennbar.

Finanzierungskompass Q4 2024


Über das gesamte Jahr 2024 haben die EZB-Leitzinssenkungen dennoch ihre Wirkung auf die Zinssätze für Unternehmenskredite entfaltet. Auch hier fällt der Rückgang im Laufzeitband ≤ 1 Jahr deutlich größer aus als im Laufzeitband > 1 Jahr (Abkehr von der inversen Zinsstrukturkurve). Die Hoffnung auf eine zusätzliche substantielle EZB-Leitzinssenkung im Jahr 2025 besteht weiter, trotz einer zuletzt erhöhten (Kern)Inflation. Mit 0,25% hat die EZB hier am 5. Februar bereits den Anfang gemacht.

Aufgrund der nach wie vor schwachen wirtschaftlichen Entwicklung und des Drucks auf Bonitäten / Ratings ist unverändert eine restriktive Kreditvergabe der Banken zu beobachten. Für kleine und mittelständische Unternehmen ist sogar ein neuer Höchststand ausgewiesen. Wir erwarten für 2025 weitere Schritte in Richtung einer linearen Zinsstrukturkurve, d.h. Reduktion der Unternehmenskreditzinsen im Laufzeitband ≤ 1 Jahr und stabile Unternehmenskreditzinsen im Laufzeitband > 1 Jahr. 
 
Spannend wird sein, wie sich der Wahlausgang in Deutschland sowie die geopolitische Lage (u.a. mögliche Importzölle der USA) in den nächsten Monaten auf Wirtschaft und Zinsniveau bzw. Renditeerwartungen auswirken werden. Die hohe Unsicherheit dürfte in den nächsten Monaten weiterhin Bestand haben. 

 

Wie haben sich die Zinsen für Unternehmenskredite im 4. Quartal 2024 entwickelt?

Die Zinssätze für Unternehmenskredite waren im 4. Quartal 2024 nur im Laufzeitband ≤ 1 Jahr deutlich rückläufig. Im Laufzeitenband > 1 Jahr lag der Rückgang zwischen 3 und 6 bps. In Bezug auf die Referenzzinsen (EURIBOR-Sätze) war durch die EZB-Leitzinssenkungen in Q4 2024 eine entsprechende Reduzierung über alle Laufzeiten zu beobachten. Auch hier war der Rückgang für die kurzfristigeren Sätze (1M und 3M EURIBOR) stärker als der Rückgang der langfristigeren Sätze (6M und 12M EURIBOR). Die EURIBOR Swap-Sätze waren zum Ende des Q4 2024 nahezu unverändert zum Ende des Q3 2024. Zwischen den Stichtagen war aber eine entsprechende Volatilität erkennbar. 
Die leichte „Normalisierung“ der Zinsstrukturkurve hat sich auch in Q4 2024 fortgeführt. Bis zu einer Laufzeit von 3 Jahren ist jedoch unverändert eine inverse Zinsstrukturkurve und ab einer Laufzeit von 3 Jahren eine leicht steigende Zinsstrukturkurve zu beobachten. Die Differenz zwischen kurz- und mittel- bis langfristigen Zinssätzen für Unternehmenskredite ist in Q4 2024 weiter rückläufig gewesen. 
 

1) abgeleitete monatliche Durchschnittszinssätze (unbesicherte Kredite, Berücksichtigung aller Bonitäten) 
 


Die europäische Zentralbank scheint weiter in einem gewissen Dilemma zu stecken. Auf der einen Seite zeigen die Daten für Januar 2025 noch eine vergleichsweise hohe bzw. wieder leicht steigende Kerninflation in einigen Euro-Ländern, was gegen weitere schnelle und substanzielle EZB-Leitzinssenkungen spricht. Auf der anderen Seite befeuern unverändert schwache Konjunkturdaten in einigen Euro-Ländern (insbesondere in Deutschland) die Forderungen nach weiteren EZB-Leitzinssenkungen. Wir halten eine Leitzinssenkung von 50 bps bis 100 bps im Jahr 2025 der EZB für wahrscheinlich, sofern sich die (Kern-)Inflation wie erwartet abschwächt. 

Eine weitere Reduktion der EZB-Leitzinsen würde zu geringeren Liquiditätskosten der Banken und Referenzzinsen führen. Dies dürfte aber im Wesentlichen nur die Laufzeitenbänder ≤ 1 Jahr betreffen. 

Das makroökonomische und politische Umfeld sowie die Basel IV Einführung hat für Unternehmen weiterhin hohe Herausforderungen bei den Finanzierungsgesprächen zur Folge. Die schwache konjunkturelle Entwicklung und die verhaltenen Zukunftsaussichten werden weiter zu einer restriktiven Kreditvergabe, konservativeren Finanzierungsstrukturen und höheren Kreditmargen im Jahr 2025 (mit insgesamt eher schwächeren Rating-/ Bonitätsentwicklungen aus den Jahresabschlüssen 2024) führen.  

Unternehmen in schwierigen Branchen und / oder ohne Investment Grade Rating sollten sich auf längere und schwierige Finanzierungsverhandlungen einstellen. Wir empfehlen deshalb frühzeitig den Beginn etwaiger Finanzierungsgespräche. Gegebenenfalls sollte auch die Aufnahme neuer Finanzierungspartner und alternativer Finanzierungsinstrumente vorausschauend geprüft werden.

Finanzierungskompass Q4 2024

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