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Um auf die anhaltenden Missstände in den lokalen Textilbetrieben von Ikea und Amazon hinzuweisen, nutzten Menschenrechtsorganisationen erstmals das seit Januar geltende deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz („LkSG“). Der Fall verdeutlicht den Handlungsbedarf für betroffene Unternehmen und ihre Lieferketten.
Konkret reichten die Frauenrechts-NGO Femnet, das Europäische Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) sowie die bangladeschische Gewerkschaft NGWF beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle („BAFA“) Beschwerde gegen den Einrichtungskonzern Ikea und den Onlinehändler Amazon ein. Die Unternehmen sollen ihrer Sorgfaltspflicht bei Zulieferern der Textilindustrie in Bangladesch nicht nachkommen sein.
Aus Sicht der Beschwerdeführenden müssten Unternehmen dem Internationalen Abkommen für Gesundheit und Sicherheit in der Textilindustrie (Bangladesch Accord) beitreten, um ihre menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten einzuhalten, wie sie sich aus dem deutschen Lieferkettengesetz ergeben. Bereits die Nichtunterzeichnung stellt aus Sicht der NGOs eine Verletzung der Sorgfaltspflicht von Unternehmen dar.
Weiterhin sei die Vereinigungsfreiheit in den Zulieferfabriken nicht gewährleistet und es gäbe keine wirksamen Beschwerdeverfahren (Whistle Blowing). Die Sorgfaltspflichtverletzung bestünden unabhängig davon, ob die Unternehmen individuelle Vereinbarungen über Umwelt- und Menschenrechtsbedingungen mit ihren Zulieferern treffen. Unklar ist, ob das BAFA hierin bereits eine Sorgfaltspflichtverletzung sehen wird – jedenfalls könnte erwartet werden, dass die Behörde den Umstand der Nichtunterzeichnung in die Risikoanalyse einbeziehen wird.
Das BAFA ist nach § 19 Abs. 1 LkSG für die behördliche Kontrolle und Durchsetzung der Sorgfaltspflichten zuständig und wird gemäß § 14 Abs. 1 Nr.2 LkSG auf Antrag tätig, wenn die antragstellende Person substantiiert geltend macht, infolge der Nichterfüllung einer Sorgfaltspflicht (unmittelbar bevorstehend) durch ein Unternehmen verletzt zu sein. Eine entsprechende Beschwerde kann auf der Website des BAFA ausschließlich durch das darin vorgesehene Online-Formular eingereicht werden. Die Ermächtigung von Gewerkschaften oder NGOs zur Geltendmachung der eigenen Rechte ist durch die besondere Prozessstandschaft in § 11 LkSG geregelt.
Das LkSG kennt als eine Art der Durchsetzung und Sanktionierung der vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten auch die Verhängung von Bußgeldern. Das Gesetz staffelt die Geldbußen je nach Gewicht des Verstoßes von 800.000 Euro bis 100.000 Euro vgl. § 24 Abs. 2 LkSG. Hervorzuheben ist, dass das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz für die Verletzung der Pflichten zur Einleitung von Abhilfemaßnahmen auch wesentlich höhere Geldbußen von bis zu 2 % des jährlichen, globalen Umsatzes der Unternehmen ermöglicht.
Die eingelegten Beschwerden verdeutlichen erstmals, welche Dimension und Konsequenz aus dem LkSG für Unternehmen erwachsen können: Die Beschwerde einer ausländischen Gewerkschaft zu behaupteten Missständen bei einem ausländischen Unternehmen (dem Zulieferer) und die Forderung zur Einhaltung eines von dieser Organisation definierten Sorgfaltsmaßstabs (hier der Bangladesch Accord) führen zu einer Prüfung durch eine deutsche Behörde, die wiederrum der deutschen Tochtergesellschaft eines weltweit tätigen Unternehmens ein Bußgeld auferlegen darf.
Es steht zu befürchten, dass der Fall initiierende Wirkung hat, eine große Beschwerdewelle loszutreten. Um sich dagegen zu wappnen, sollten zur Einhaltung der Sorgfaltspflichten verpflichtete Unternehmen ein nachhaltiges und gesetzeskonformes Lieferantenmanagements aufsetzen.
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Oliver Köster, LL.M.
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