Arbeitsrechtliche Folgen des Bürokratieentlastungsgesetzes IV für Arbeitgeber – große Ziele, kleine Wirkung?

Ein Aktenstapel liegt auf dem Schreibtisch.
  • 19.11.2024
  • Lesezeit 4 Minuten

Am 18. Oktober 2024 hat der Bundesrat dem Entwurf für ein Bürokratieentlastungsgesetz IV („BEG IV“) zugestimmt. Das BEG IV ist am 29. Oktober 2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlich worden und tritt nun im Wesentlichen am 1. Januar 2025 in Kraft. Nach Anpassungen im Gesetzgebungsprozess erfolgen auch im Arbeitsrecht erhebliche Erleichterungen bei Formerfordernissen.

Im Rahmen des BEG IV möchte der Gesetzgeber in der Vergangenheit verpasste Chancen aufholen und dem konkreten Handlungsbedarf beim Thema Entbürokratisierung gerecht werden. Ziel des BEG IV ist es, durch die Vereinfachung von Abläufen die Wirtschaft zu entlasten und mithin den wirtschaftlichen Aufschwung zu fördern. Gleichzeitig soll der Staat handlungsfähiger und bürgerfreundlicher werden.

Änderungen im Arbeitsrecht – dies sind die Erleichterungen bei Formerfordernissen

Folgende Änderungen betreffen den arbeitsrechtlichen Bereich:

Formerfordernisse bei Arbeitsverträgen 

Besonders relevant ist die Anpassung des Nachweisgesetzes, welche eine Erleichterung der Formerfordernisse bei Arbeitsverträgen vorsieht. Hiernach kann der Nachweis der wesentlichen Arbeitsbedingungen anstelle der strengen Schriftform zukünftig in Textform oder durch die Übersendung eines Arbeitsvertrags in elektronischer Form nach § 126a BGB erfolgen. Fortan ist mithin eine deutliche Erleichterung der Personalverwaltung sowie das Vorantreiben der Digitalisierung zu erwarten.

Eine Ausnahme erfolgt jedoch für Branchen, die durch § 2a Abs. 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (wie z.B. Bau- oder Gaststättengewerbe) besonderen Anforderungen unterliegen. Hier sieht der Gesetzgeber weiterhin zum Schutze der Beschäftigten das strengere Schriftformerfordernis vor.

Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, dass befristete Arbeitsverträge weiterhin einem strengen Schriftformerfordernis unterliegen (§ 14 Abs. 4 TzBfG). 

Lediglich für Vereinbarungen zur Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zur Regelaltersgrenze genügt zukünftig ebenfalls die Textform. Diese Ausnahme vom Schriftformerfordernis für Befristungsregelungen regelt nunmehr der neu geschaffene § 41 Abs. 2 SGB VI.

Erteilung von Arbeitszeugnissen

In Bezug auf Arbeitszeugnisse besteht fortan die Möglichkeit des Arbeitgebers, mit Zustimmung des Arbeitnehmers Zeugnisse in Textform und somit elektronisch zu erteilen (§ 109 Abs. 3 GewO). 

Beantragung und Ankündigung von Elternzeit und Pflege

Auch mit Blick auf Elternzeit und Pflege sind Anpassungen vorgesehen: Für Eltern wird die Beantragung der Elternzeit durch die Möglichkeit der Geltendmachung des Anspruchs für ab 1. Mai 2025 geborene Kinder in Textform vereinfacht werden.

Die Textform ist darüber hinaus ebenfalls auf die Zustimmung des Arbeitgebers zur Teilzeitarbeit während der Elternzeit bei einem anderen Arbeitgeber anwendbar. 

Entsprechende Formerleichterungen gelten zudem für die Ankündigung der Inanspruchnahme von Pflege- oder Familienpflegezeit (§ 3 Pflegezeitgesetz).

Arbeitnehmerüberlassung

Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung genügt künftig die Textform für den Überlassungsvertrag zwischen Verleiher und Entleiher (§ 12 Abs. 1 S. 1 AÜG). 

Arbeitszeiten und Jugendarbeitsschutz

Darüber hinaus ermöglicht die Neuregelung des Arbeitszeitgesetzes und des Jugendarbeitsschutzgesetzes, dass Arbeitgeber bestehende Aushangpflichten auch in elektronischer Form erfüllen können, wenn allen Beschäftigten ein freier Zugang zu den Informationen gewährleistet ist.

Formerleichterungen schaffen für Arbeitgeber Erleichterungen in der täglichen Praxis

Die mit dem BEG IV einhergehenden Formerleichterungen sind insgesamt positiv zu bewerten. 

Dies gilt aus Arbeitgebersicht insbesondere für die überfällige Lockerung des Schriftformerfordernisses nach dem Nachweisgesetz. Für viele Arbeitgeber wird damit eine erhebliche Erleichterung in der täglichen Praxis eintreten und das Risiko von Bußgeldern minimiert werden.

Zu beachten ist, dass es auch weiterhin noch Vorgaben zur strengen Schriftform (teilweise ersetzbar durch qualifizierte elektronische Signatur) wie zum Beispiel für Kündigungen, Aufhebungsverträge, Befristungsabreden, nachvertragliches Wettbewerbsverbot und Wertguthabenvereinbarung gibt. Diese wurden durch das BEG IV nicht aufgehoben. Ob weitere Änderungen – wie durch den ehemaligen Bundesjustizminister Marco Buschmann angekündigt – aufgrund des bevorstehenden Regierungswechsels bereits im Jahr 2025 erfolgen werden, bleibt abzuwarten.

Keine unmittelbaren Auswirkungen auf bestehende Verträge und Vereinbarungen

Beachtet werden muss auch, dass das BEG IV keine unmittelbare Wirkung auf (bestehende) Arbeitsverträge, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen hat, die Vorgaben zur Einhaltung der Schriftform haben. Etwaige Änderungen sind mit dem jeweiligen Vertragspartner zur vereinbaren.

Arbeitgeber können vorhandene Ablaufprozesse prüfen. Es sollte dabei aber auch berücksichtigt werden, ob sich der Aufwand lohnt, oder nicht einfach etablierte Prozesse weitergelegt werden.

 

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Autoren dieses Artikels

Kerstin Weckert

Partner

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Licencié en droit, Mag. iur.

Marco Stahn

Director

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht

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