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Die meisten Aktiengesellschaften entscheiden sich für die Durchführung einer virtuellen Hauptversammlung, um Kosten und Immissionen einzusparen. Aller Euphorie über die neu geschaffene Möglichkeit zum Trotz sollten sich jedoch gerade mittelständische Aktiengesellschaften mit den Vorteilen einer hybriden Hauptversammlung beschäftigen.
§ 118a AktG: Die dauerhafte Möglichkeit zur Durchführung rein virtueller Hauptversammlungen
Nachdem die virtuelle Hauptversammlung durch die Covid-19 Gesetzgebung zunächst temporär ermöglicht worden war, trat am 27. Juli 2022 § 118a AktG in Kraft. Danach besteht für Aktiengesellschaften bei entsprechender Satzungsregelung auch in Zukunft die Möglichkeit einer Durchführung rein virtueller Hauptversammlungen.
Aktiengesellschaften haben aufgrund der Übergangsregelung in § 26n Abs. 1 EGAktG noch bis zum 31. August 2023 Zeit, eine virtuelle Hauptversammlung auch ohne derartige Satzungsregelung durchzuführen und so auch für die darauffolgenden Jahre die Möglichkeit der virtuellen Durchführung zu schaffen.
In den aktuell vielfach anstehenden Hauptversammlungen werden nunmehr entsprechende Beschlüsse gefasst. Vor allem kleine Aktiengesellschaften sollten sich dabei jedoch möglicherweise in Zurückhaltung üben. Für sie kann die bereits bestehende Möglichkeit der Entscheidung für eine hybride Hauptversammlung eine vorzugswürdige Alternative darstellen.
Mehr Aufwand und Kosten: Virtuelle Hauptversammlung erfordert alle fünf Jahre eine Satzungsänderung
Nach § 130 Abs. 1 S. 1 AktG ist jeder Beschluss der Hauptversammlung durch eine notariell aufgenommene Niederschrift zu beurkunden. Die Regelung gilt jedoch nur für börsennotierte Gesellschaften. Bei nicht börsennotierten Gesellschaften ist eine notariell aufgenommene Niederschrift dagegen nur in Einzelfällen erforderlich, z.B. im Falle einer Satzungsänderung.
Die virtuelle Durchführung der Hauptversammlung oder die Ermächtigung des Vorstands zur Entscheidung über eine derartige Versammlung bedarf einer ausdrücklichen Satzungsregelung. Eine derartige Satzungsregelung darf aber zeitlich nicht unbeschränkt gelten. Stattdessen ist zwingend eine Befristung der Regelung auf maximal fünf Jahre vorzunehmen.
Jede Bestätigung der Satzungsregelung oder erneute Fassung des Beschlusses über die virtuelle Hauptversammlung stellt (nach aktuell herrschender Auffassung in der Fachliteratur) jeweils wiederum eine Satzungsänderung dar. Jeder erneuernde bzw. bestätigende Beschluss erfordert bei nichtbörsennotierten Gesellschaften also eine (ansonsten meist nicht erforderliche) notariell aufgenommenen Niederschrift des Hauptversammlungsbeschlusses und löst (Notar-)Gebühren sowie zusätzlichen Aufwand aus.
Die hybride Hauptversammlung, also eine Präsenzhauptversammlung mit zusätzlicher Online-Teilnahmemöglichkeit (nach § 118 Abs. 1 S. 2 AktG), kann dagegen auf Grundlage einer Satzungsregelung (zugunsten der hybriden Durchführung oder einer Ermächtigung des Vorstands zu dieser Entscheidung) durchgeführt werden, die zeitlich unbeschränkte Geltung entfalten darf. Eine Erneuerung der entsprechenden Satzungsregelung ist für die hybride Hauptversammlung nicht erforderlich. Gerade Aktiengesellschaften des Mittelstandes kennen ihre Aktionärsstruktur häufig gut. Ihre Planungen der Hauptversammlung können sich daher nach den tatsächlichen Bedürfnissen der Aktionäre richten. Eine in gleichem Maße umfassende Abdeckung aller erdenklichen Eventualitäten ist daher – anders als bei börsennotierten Aktiengesellschaften – häufig entbehrlich.
Stattdessen kann der Wunsch im Vordergrund stehen, eine Teilnahme sowohl vor Ort als auch virtuell zu ermöglichen. Eventuell kann auch bereits vorhergesehen werden, wie viele Teilnehmende vor Ort zu erwarten sind und wie viele Aktionäre eine Zuschaltung bevorzugen. Für derartige Gestaltungen ist die virtuelle Durchführung jedoch weder erforderlich noch interessengerecht.
Flexibilität bei der Ausgestaltung der Rechte zugeschalteter Aktionäre
Die Rechte der Aktionäre bei einer virtuellen Hauptversammlung sind durch § 130a AktG den Rechten der vor Ort teilnehmenden Aktionäre einer Präsenz-Hauptversammlung angeglichen worden. Anders als bei einer virtuellen Hauptversammlung besteht bei einer hybriden Hauptversammlung für jeden Aktionär jedoch stets auch die Möglichkeit einer Teilnahme vor Ort mit der Folge umfassender Teilnahmerechte. Die virtuelle Einwahlmöglichkeit eröffnet lediglich eine zusätzliche Teilnahmeoption. Die Teilnahmerechte der virtuell zugeschalteten Aktionäre können daher weitaus flexibler ausgestaltet werden.
Das hybride Teilnahmemodell eröffnet auch insofern eine flexiblere und an die jeweiligen Interessen der Beteiligten angepasste Ausgestaltung. Die hybride Hauptversammlung ermöglicht sowohl die Gleichstellung der zugeschalteten Aktionäre mit denjenigen vor Ort als auch eine Einschränkung ihrer Rechte. Die konkrete Bestimmung der jeweiligen Rechte der zugeschalteten Aktionäre kann bereits durch die Satzung erfolgen. Ebenfalls ist grundsätzlich eine Ermächtigung des Vorstands zur konkreten Ausgestaltung möglich.
Satzungsregelungen über die Durchführung der Hauptversammlung können daher insbesondere bei Aktiengesellschaften des Mittelstands auf deren konkrete Bedürfnisse angepasst werden.
Leonie Kröhnke
Senior Manager
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht
Daniel Laws
Partner
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
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