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Für die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie sollen im Gesundheitswesen neue regulatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden, hierbei handelt es sich insbesondere um zwei Gesetzespakete, das Gesundheitsdatennutzungsgesetz sowie das Digitalgesetz.
Bundesgesundheitsminister Lauterbach hatte am 9. März 2023 die Digitalisierungsstrategie des Bundes im Gesundheitsbereich vorgestellt. Die Gesetzespakete sollen es unter anderem Patienten, der Forschung sowie der Politik ermöglichen, leichter auf Gesundheitsdaten zuzugreifen. Ein ähnliches Vorhaben gibt es bereits auf EU-Ebene.
Ob die Strategie der Politik aufgeht, bleibt abzuwarten, insbesondere im Hinblick auf die Voraussetzung einer (neuen) interoperablen IT-Infrastruktur. Die Anforderungen an den Schutz besonders schützenswerter personenbezogener Daten, wie es Gesundheitsdaten sind, sind bekanntermaßen hoch. Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die zu ergreifenden technischen und organisatorischen Maßnahmen. Hier sollten Unternehmen stets bei der Implementierung neuer Systeme und Strukturen Unterstützung mit entsprechender Expertise zu Rate ziehen, um Ressourcen effizient zu nutzen und Mehraufwände aufgrund fehlerhafter Umsetzung datenschutzrechtlicher Vorgaben zu vermeiden.
Warum strebt die Politik eine Digitalisierungsstrategie im Gesundheitswesen an?
Hintergrund der Gesetzesvorhaben ist, dass Patienten bisher keinen geregelten Zugang zu ihren Gesundheitsdaten (wie bspw. Laborberichte, Röntgenbilder, Diagnosen) haben. Darüber hinaus können Gesundheitsdaten nur unter den strengen Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) erhoben, gespeichert und (weiter-)verarbeitet werden. Das stellt insbesondere für die Forschung eine Herausforderung dar oder führt erfahrungsgemäß sogar zu dem Eindruck, es könnten sowieso keine Gesundheitsdaten in zulässiger Art und Weise genutzt werden.
Was steckt hinter dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz?
Erklärtes Ziel des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes ist laut Koalitionsvertrag „die bessere wissenschaftliche Nutzung von Gesundheitsdaten im Einklang mit der DSGVO“. Ermöglicht werden soll dies durch die Einrichtung einer zentralen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle, die den Zugang zu Forschungsdaten aus verschiedenen Quellen (z.B. Krebsregister, Krankenkassen) ermöglicht.
Mittels Forschungspseudonymen sollen die unterschiedlichen Datenquellen verknüpft werden, um hierdurch von den bisherigen „Datensilos“ wegzukommen. Durch eine solche sektorübergreifende Nutzung von Gesundheitsdaten soll die medizinische Versorgung von Patienten verbessert werden (Primärnutzung) und Innovation, insbesondere in der Pharmaindustrie, gefördert werden (Sekundärnutzung).
Zugang zu Gesundheitsdaten: Komplexe Herausforderungen in der Umsetzung
Technisch setzt dies voraus, die Gesundheitsdaten dergestalt zu strukturieren und zu standardisieren, dass sie interoperabel sind. Hierfür hat der Gesetzgeber mit § 355 SGB V hinsichtlich der elektronischen Patientenakte sowie mit Erlass der auf § 394a SGB V gestützten Gesundheits-IT-Interoperabilitäts-Governance-Verordnung (GIGV) bereits einen rechtlichen Rahmen geschaffen. Dennoch wird die praktische Umsetzung die IT, betroffene Unternehmen im Gesundheitsbereich sowie Ärzte wohl vor sehr komplexe Herausforderungen stellen.
Mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz soll darüber hinaus die federführende Datenschutzaufsicht für länderübergreifende Forschungsvorhaben auf alle Gesundheitsdaten erweitert werden, die datenschutzrechtliche Aufsicht soll dann nur noch durch einen Landesdatenschutzbeauftragten erfolgen. Zudem soll die forschende Industrie künftig Anträge auf Datenzugang beim Forschungsdatenzentrum Gesundheit (FDZ) stellen können. Vor diesem Hintergrund soll für Datenanfragen in Zukunft nur noch der Nutzungszweck, nicht aber der Absender entscheidend sein.
EU-Verordnung vs. Gesundheitsdatennutzungsgesetz
Schließlich bleibt abzuwarten, inwieweit das Gesundheitsdatennutzungsgesetz bereits mit der kommenden Verordnung zur Schaffung eines europäischen Raums für Gesundheitsdaten (EHDS-VO), über die aktuell der Europäische Rat diskutiert, kompatibel sein wird. Die EDHS-VO hat die Einrichtung eines sogenannten Europäischen Gesundheitsdatenraums zum Ziel, sodass in jedem Fall vielfältige Parallelen zum Gesundheitsdatennutzungsgesetz bestehen werden.
In Anbetracht dessen, dass die EU-Verordnung, aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts den nationalen Regelungen vorgeht, ist zu erwarten, dass sich das Gesundheitsdatennutzungsgesetz auf das Wesentliche beschränken wird. Eine Herausforderung für den EU- sowie den nationalen Gesetzgeber wird diesbezüglich die Rechtsprechung des EuGH zur Vorratsdatenspeicherung sein, denn nichts anderes ist die geplante Vorhaltung von Gesundheitsdaten.
Das Digitalgesetz und die Einführung der elektronischen Patientenakte
Mit dem Digitalgesetz wird angestrebt, bis Ende 2024 eine elektronische Patientenakte (ePA) für alle gesetzlich Versicherten einzurichten. Um die Einrichtung entsprechend zu beschleunigen, soll ein sogenanntes „Opt-out“ Prinzip gelten. Das bedeutet, dass die Nutzung der ePA grundsätzlich freiwillig sein wird, wobei aber jeder, der dieser nicht ausdrücklich widerspricht, automatisch eine ePA erhält.
Mit der ePA sollen Patienten einen Gesamtüberblick über die von ihnen gespeicherten Gesundheitsdaten bei Ärzten und Krankenhäusern, erhalten, das heißt eine Übersicht über Arztbriefe, Behandlungspläne und Medikamente. Hierdurch sollen auch medizinische Leistungserbringer auf diese Daten zugreifen und diese deshalb auch für Forschungszwecke einsetzen. Wie das im Detail unter Berücksichtigung der Vorgaben der DSGVO ermöglicht werden soll, bleibt abzuwarten.
Darüber hinaus soll mit dem Digitalgesetz zum 1. Januar 2024 das E-Rezept verbindlicher Standard in der Arzneimittelversorgung werden. Nachdem das E-Rezept in seiner alten Fassung als zu kompliziert galt, soll es nun zur vereinfachten Nutzung sowohl mit Gesundheitskarte als auch mit ePA-App eingelöst werden können.
Vor diesem Hintergrund ist es für Ärzte und Unternehmen im Gesundheitsbereich wichtig, die gesetzlichen Entwicklungen im Auge zu haben und sich auf die mit ihnen einhergehenden Änderungen einzustellen.
Sarah Busch
Senior Manager
Rechtsanwältin, zertifizierte Beraterin im Datenschutzrecht
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