Über die globale Mindeststeuer
Die Mitglieder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) haben sich im Herbst 2021 auf eine globale Reform der Unternehmenssteuer geeinigt, welche aus Sicht der beteiligten Staaten ein Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit sein soll. Diese Reform beinhaltet eine Neuregelung zur Aufteilung der Besteuerungsrechte (Pillar 1) und eine globale Mindestbesteuerungsregelung (Pillar 2).
Diese zweite Säule („Mindestbesteuerung“) befindet sich in der gesetzgeberischen Umsetzungsphase. Nachdem der Rat der EU die Mindestbesteuerungsrichtlinie am 15. Dezember 2022 verabschiedet hat (Veröffentlichung im Amtsblatt der EU am 22. Dezemeber 2022 - Abl. L 328 vom 28. Dezemeber 2022 - RL 2022/2523) liegt nunmehr der Diskussionsentwurf des BMF des Mindeststeuergesetzes (MinStG) vom 17. März 2023 vor, das für alle Wirtschaftsjahre gelten soll, die nach dem 30. Dezember 2023 beginnen.
Pillar 2: Mindeststeuersatz von 15 Prozent
Für die globale Mindestbesteuerung („Pillar 2“) hat die OECD am 20. Dezember 2021 Modellregelungen veröffentlicht. Die Mindestbesteuerungsrichtline des Rates der EU ist am 22. Dezember 2022 veröffentlicht worden und am 21. März 2023 hat das BMF seinen Diskussionsentwurf eines Mindeststeuerungsgesetzes vorgelegt.
Die Staaten haben sich im Rahmen ihrer Abstimmungen bei der OECD darauf verständigt, dass sie im Falle der Einführung der Mindestbesteuerungsregelungen, diese so umsetzen werden, dass das jeweilige nationale Recht den OECD – Mindestbesteuerungsregelung (GloBE Model Rules) zu Pillar 2 inhaltlich entspricht. Diese OECD-Konformität ist bei der Umsetzung in nationales Recht deshalb so wichtig, weil nur durch gleichlaufende Gesetze in multinationalen Unternehmensgruppen eine Doppel- oder Mehrfachbesteuerung durch die neue Mindestbesteuerung vermieden wird. Vor diesem Hintergrund sind die weiteren OECD-Arbeiten an Pillar 2 besonders zu beachten. Am 15. Dezember 2022 wurden Regelungen für sog. Safe Harbours von dem sog. „Inclusive Framework“ der OECD veröffentlicht.
Zu den OECD – GloBE Model Rules zu Pillar 2 kam am 14. März 2022 zudem ein detaillierter Kommentar mit einem Umfang von 228 Seiten hinzu. Sowohl der OECD-Kommentar als auch die Veröffentlichung zu den „Safe Harbours“ wurde im Rahmen des Diskussionsentwurfs des BMF vom 21.03.2023 berücksichtigt und – soweit geboten – auch bereits in den Vorschlägen der gesetzlichen Regelung berücksichtigt.
Die entsprechenden PDFs hat die OECD zum Download zur Verfügung gestellt: Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy – Global Anti-Base Erosion Model Rules (Pillar 2); die EU Mindestbesteuerungsrichtlinie zum Download und den Download zum deutschen Diskussionsentwurf unter BMF.
Der Mindestbesteuerung sollen grundsätzlich alle größeren, multinationalen Unternehmen mit einem konsolidierten Mindestumsatz von 750 Mio. Euro p.a. unterliegen. Der Mindeststeuersatz selbst liegt bei 15 %.
Die Mindestbesteuerungsregelungen (kurz GloBE-Regelungen oder Pillar 2) setzen an verschiedenen Ebenen an, um eine Mindestbesteuerung einer multinationalen und nationalen Unternehmensgruppe per Jurisdiktion sicherzustellen.
Eine enge Zusammenarbeit von Tax, Finance, Controlling und IT ist notwendig, neue Prozesse müssen geschaffen, bestehende überprüft und weiterentwickelt werden, neue Daten müssen ggf. automatisiert zur Verfügung gestellt und in einem „Tool“ verarbeitet werden. Wichtig ist auch die Schulung des Personals über die neuen Mindestbesteuerungsregelungen, die – wegen der Verknüpfung mit dem Accounting – auch dann erforderlich sein wird, wenn man daran denkt, die Funktion der Erstellung des Mindeststeuerberichts und der Steuerklärungen zur Mindestbesteuerung an einen Berater outzusourcen.
Neben dem Verständnis der komplexen inhaltlichen Regelungen erfordert die Abbildung und Einhaltung der Pillar 2 Rules verlässliche und qualitativ hochwertige (Konzern-)Daten, stringente unternehmensinterne Prozesse und eine koordinierte globale Abstimmung innerhalb der Unternehmensgruppe und den verschiedenen Jurisdiktionen. Damit geht auch das Thema Tax Compliance Management System mit den neuen Regelungen „global“.
Das Pillar-2-Konzept basiert auf drei technischen Elementen, die ineinandergreifen
Income Inclusion Rule („IIR“) (im Diskussionsentwurf des BMF „Primärergänzungssteuer“): Nach dieser Einkommenszurechnungsregel wird grundsätzlich bei der obersten Muttergesellschaft („UPE“) / im Betriebsstättenfall beim Stammhaus die Effektivbesteuerung der ausländischen Einkünfte der jeweiligen niedrig besteuerten Tochtergesellschaft/Betriebsstätte auf das Mindeststeuerniveau angehoben. Dies erfolgt über eine sogenannte Top-up Tax. Allerdings sind die Länder berechtigt, in Bezug auf die in ihrem Steuerhoheitsgebiet ansässigen Unternehmen eine qualifizierte Domestic Top-Up Tax (sog. „ODMTT“) zu erheben, womit bereits für diese Jurisdiktion durch eine nationale Ergänzungssteuer das Mindestbesteuerungsniveau erreicht werden kann. In der EU-Mindestbesteuerungsrichtlinie und im deutschen Diskussionsentwurf ist eine solche nationale Ergänzungssteuer bereits enthalten. Eine solche nationale qualifizierte Ergänzungssteuer verdrängt die Besteuerung auf den höheren Ebenen der Unternehmensgruppe.
Undertaxed Profit Rule („UTPR“) (im Diskussionsentwurf des BMF „Sekundärergänzungssteuer“: Soweit keine Top-Up Tax nach der IIR (Primärergänzungssteuer) erhoben wird, wird subsidiär von allen Unternehmen der Unternehmensgruppe eine Sekundärsteuer nach einem Verteilungsschlüssel erhoben, der sich an der Anzahl der Beschäftigten und an den materiellen Vermögenswerten orientiert.
Switch-Over-Klausel: Den Stammhausstaaten wird damit in Fällen von Doppelbesteuerungsabkommen mit Freistellungsklausel für niedrig besteuerte Gewinne von ausländischen Betriebsstätten erlaubt, auf das Steuergut der ausländischen Betriebsstätte zuzugreifen, um gemäß der IIR die Steuerbelastung auf das Mindeststeuerniveau hoch zu schleusen.
Was ist von der Mindestbesteuerung ausgenommen?
Ausgenommen von der Mindestbesteuerung sollen Investmentvermögen, Pensionsvermögen, Wohlfahrtsfonds, internationale Organisationen, Non-Profit-Organisationen und solche Konzerngesellschaften (allerdings nur mit ihrem eigenen Gewinn) sein, die zwar selbst als steuerlich neutrales Regime nicht besteuert werden, bei denen aber die Steuer bei den Gesellschaftern erhoben wird. Sektorspezifisch sind Einkünfte aus dem internationalen Seeverkehr sowie Vergütungen auf das zusätzliche Kernkapital bei Banken und bestimmte Versicherungserträge nicht von der Mindestbesteuerung erfasst.
Mit der Mindestbesteuerung einher geht als Kernstück eine komplexe Ermittlung des GloBE-Einkommens und der sog. „erfassten Steuern“ als Berechnungsgrundlage für die effektive Steuerquote sowie einer etwaigen Top-up Tax und dies für jede Jurisdiktion bzw. jedes Mitglied der Gruppe (sogenannte „Constituent Entity“). Für die abzugebende Erklärung und den sog. „Mindeststeuerbericht“ wird ein standardisiertes Template entwickelt werden. Eine erste Fassung hat die OECD am 20.12.2022 veröffentlicht. Die Frist für die Abgabe der Erklärung beträgt 15 Monate nach Ablauf des Fiskaljahres (für die erstmalige Abgabe der Erklärung 18 Monate).