Fusionskontrolle in der Unternehmenskrise: Verfahren mit guter Vorbereitung beschleunigen

  • 12.11.2024
  • Lesezeit 4 Minuten

Im Rahmen von M&A-Transaktionen dauert die behördliche Fusionskontrolle in der Regel nicht länger als einen Monat – wenn der Fall „unproblematisch“ ist. Liegen jedoch kartellrechtliche Bedenken vor, kann sich das Verfahren über Monate hinziehen. Die geltenden Fristen sind für den Erwerb von Unternehmen in der Krise oder in der Insolvenz häufig zu lang. Mit guter Vorbereitung kann das Verfahren allerdings beschleunigt werden.

In Deutschland unterliegen M&A-Transaktionen, die bestimmte Umsatzschwellen überschreiten, der Fusionskontrolle durch das Bundeskartellamt. Bei kartellrechtlich unproblematischen Fällen wird die Fusionskontrolle üblicherweise innerhalb eines Monats abgeschlossen. In kartellrechtlichen problematischen Fällen kann die behördliche Fusionskontrolle bis zu fünf Monate (oder im Fall einer einvernehmlichen Fristverlängerung sogar länger) dauern.

Erst anschließend kann die Transaktion vollzogen werden, soweit das Bundeskartellamt den Zusammenschluss nicht untersagt. Diese Fristen sind für den Erwerb von Unternehmen in der Krise oder in der Insolvenz häufig zu lang, es droht der Verlust von Arbeitsplätzen und das Scheitern von M&A-Transaktionen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es für die Fusionskontrolle in der Unternehmenskrise besondere Regelungen gibt.

Kartellgesetz kennt keine verkürzten Fristen für Unternehmen in der Krise

Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) unterscheidet bei der Fusionskontrolle (mit Ausnahme der sog. Presseausnahmeklausel) nicht danach, ob das zu erwerbende Unternehmen wirtschaftlich „gesund“ oder in der Krise ist oder sich sogar in einem Insolvenzverfahren befindet. Verkürzte Fristen für das Fusionskontrollverfahren gibt es auch in der Unternehmenskrise nicht.

Besonderheiten gelten nach der Entscheidungspraxis des Bundeskartellamts aber für sog. „Sanierungsfusionen“. Sofern die Voraussetzungen vorliegen, wird der Zusammenschluss vom Bundeskartellamt nicht untersagt.

Strenge Voraussetzungen: „Sanierungsfusion“ selten eine Lösung

Damit ein Zusammenschluss als Sanierungsfusion qualifiziert werden kann, müssen laut Bundeskartellamt drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen:

  • Erstens darf das zu erwerbende Unternehmen ohne den Zusammenschluss nicht existenzfähig sein. Dies kann zum Beispiel durch das Testat einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft oder einen Insolvenzantrag nachgewiesen werden. 
  • Zweitens darf kein weniger wettbewerbsschädigender (Alternativ-)Erwerber in Betracht kommen. Dies kann nachgewiesen werden, wenn über mehrere Jahre hin erfolglose Verkaufsbemühungen dargelegt werden können. Alternativ kann der Nachweis durch einen vom Insolvenzverwalter angestrengten, strukturierten und offenen Verkaufsprozess erbracht werden.
  • Drittens ist der Nachweis erforderlich, dass dem potenziellen Erwerber im Falle eines Marktaustritts des zu erwerbenden Unternehmens ohnehin dessen Marktposition zufallen würde.

In der Praxis können die Nachweise für eine solche Sanierungsfusion mit Blick auf die beiden letztgenannten Positionen nur in Ausnahmefällen erbracht werden. Einen (erheblichen) Zeitvorteil bietet eine Sanierungsfusion ebenfalls nur ausnahmsweise. 

Beschleunigung der Fusionskontrolle: Vorbereitungen treffen, Kontakt mit den Behörden suchen

In der Praxis gibt es gleichwohl erprobte Wege zur Beschleunigung der Fusionskontrolle:

In einem ersten Schritt sollten mögliche kartellbehördliche Anmeldepflichten und mögliche Bedenken im Hinblick auf eine kurzfristige Freigabe der angestrebten M&A-Transaktion frühzeitig identifiziert werden.

Mit Blick auf die besondere Eilbedürftigkeit einer M&A-Transaktion aufgrund eines bereits laufenden oder kurz bevorstehenden Insolvenzverfahrens sollte in einem zweiten Schritt frühzeitig der Kontakt mit der zuständigen Beschlussabteilung des Bundeskartellamts aufgenommen werden.

Hierdurch können ggf. verschiedene Fragen bereits im Vorfeld der Anmeldung informell geklärt werden. Durch eine frühzeitige Einbindung des Bundeskartellamts kann dann das eigentliche Verfahren – in Abhängigkeit von der Komplexität der Transaktion und der zu beantwortenden Fragen – deutlich verkürzt werden.

Das Bundeskartellamt ist erfahrungsgemäß stets bemüht, eine kurzfristige Übernahme eines existenzbedrohten Unternehmens zu ermöglichen und damit den Erhalt des betroffenen Unternehmens und der Arbeitsplätze zu sichern, sofern keine ernsthaften Bedenken im Hinblick auf die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens bestehen. Dies kann man sich zunutze machen, muss aber hierfür die genannten „Hausaufgaben“ machen.

Fazit: Fusionskontrolle von Anfang an als zentralen Baustein der Transaktion behandeln

Auch in der Unternehmenskrise gelten für die Fusionskontrolle keine verkürzten Fristen und grundsätzlich keine besonderen Regelungen. Die Grundsätze über die „Sanierungsfusion“ kommen nur in Ausnahmefällen zum Tragen. Dennoch kann die Dauer des Fusionskontrollverfahrens im Interesse der beteiligten Unternehmen deutlich verkürzt werden, wenn das Thema „Fusionskontrolle“ von vorneherein als zentraler Bestandteil der Transaktion verstanden und das Bundeskartellamt frühzeitig involviert wird.
 

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Autoren dieses Artikels

Dr. Stefan Meßmer

Partner

Rechtsanwalt

Christoph Reinhardt

Manager

Rechtsanwalt

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