Gesetzgeber ermöglicht digitale GmbH-Gründung

  • 16.09.2022
  • Lesezeit 4 Minuten

Mit Wirkung zum 1. August 2022 wurde die gesetzliche Grundlage geschaffen, durch die der obligatorische Notartermin bei einer GmbH-Gründung auch digital per Videokonferenz stattfinden kann. Baker Tilly Director Andreas Metzner und Rechtsreferendar Maximilian Schmidt erläutern die Details.

Die Digitalisierung in gesellschaftsrechtlichen Angelegenheiten nimmt an Fahrt auf: Im Juni 2021 hat der Gesetzgeber das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie („DiRUG“, BGBl. 2021, Teil I, 3338) beschlossen und damit die gesetzliche Grundlage geschaffen, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) auf digitalem Wege zu gründen. Mit dem Gesetz, das zum 1. August 2022 in Kraft trat, setzt der nationale Gesetzgeber die EU-Richtlinie (EU) 2019/1151 um. 

Zuvor erforderte die Gründung einer GmbH stets, dass sämtliche Gründungsgesellschafter, Geschäftsführer oder deren jeweilige Stellvertreter zur Beurkundung des Gesellschaftsvertrags physisch im Notariat zusammenkommen. Mit dem Inkrafttreten des DiRUG kann die bislang notwendige Präsenz durch Videokommunikation nach den neuen §§ 16a ff. BeurkG ersetzt werden. 

Wie eine digitale GmbH-Gründung konkret abläuft

Dabei kommen die Gründer und der Notar nicht physisch, sondern digital in einer Videokonferenz zusammen. Die technische Grundlage dessen bildet ein durch die Bundesnotarkammer bereitzustellendes Videokommunikationssystem. Um sicherzustellen, dass die zugeschalteten Personen tatsächlich die Berechtigten sind, muss der Notar die Identität feststellen. Hierzu weisen sich die Beteiligten zunächst elektronisch aus, etwa durch die eID-Funktion des Personalausweises. Im zweiten Schritt erfolgt ein Abgleich ausgelesener Lichtbilder mit den Erscheinungsbildern der zugeschalteten Personen. Die Unterzeichnung der Gründungsdokumente wird ersetzt durch eine qualifizierte elektronische Signatur.

Auch eine Identifizierung mit ausländischen Dokumenten ist möglich, sofern sie von einem anderen Mitgliedsstaat der EU ausgestellt wurden und für den Zweck der elektronischen Identifizierung unter Wahrung desselben hohen Sicherheitsniveaus geeignet sind. Inhaber von Ausweisdokumenten, die außerhalb der EU ausgestellt wurden, finden in der Gesetzesänderung keine Berücksichtigung.

Die neue Möglichkeit der Online-Gründung gilt ausschließlich für Bargründungen, bei der das benötigte Stammkapital bar eingezahlt wird. Im Falle einer Sachgründung, bei der die Einlage des Stammkapitals durch Sachwerte wie etwa Grundstücke, Maschinen oder Fahrzeuge erbracht wird, ist das persönliche Erscheinen vor dem Notar nach wie vor verpflichtend. Ein aktueller Referentenentwurf plant jedoch bereits die Ausweitung des Online-Verfahrens auf Sachgründungen. 

Betont sei an dieser Stelle, dass das neue Verfahren lediglich eine Alternative zum bisherigen Gründungsprozess darstellt. Eine Pflicht der Gründer, auf das physische Erscheinen vor dem Notar zu verzichten, geht mit der Gesetzesänderung nicht einher. Auch eine gemischte (hybride) Form der Gründung, bei dem ein Teil der Gründer physisch erscheint und sich der andere Teil mittels Videokommunikation zuschaltet, ist zukünftig kein Problem. 

Auf Seiten der Notare soll es hingegen verpflichtend sein, gründungswilligen Unternehmern die Möglichkeit der Online-Gründung anzubieten. Hegt der Notar im Einzelfall Zweifel an der Erfüllbarkeit seiner Amtspflichten, etwa mangels Gewissheit über die Person der Beteiligten, ist er jedoch zur Ablehnung des Online-Verfahrens berechtigt (§ 16a Abs. 2 BeurkG).

Offene Fragen bei der Online-Gründung in puncto Sachagios und verdeckter Sacheinlage

Ungeklärt bleibt im Hinblick auf die aktuell klare Differenzierung der Gesetzesänderung zwischen Bar- und Sachgründung, ob eine Online-Gründung auch im Falle eines Sachagios oder der sogenannten verdeckten Sacheinlage Wirksamkeit entfaltet. Bei letzterem Konstrukt erbringt der Gesellschafter zunächst regulär eine Bareinlage. Durch diese Finanzmittel erwirbt die Gesellschaft im Fortgang einen Sachgegenstand von einem der Gesellschafter, sodass de facto Bar- gegen Sacheinlage getauscht wird. Da die Gesetzeslage seit 2008 keine Unwirksamkeit dieses Austauschgeschäftes mehr vorsieht, findet ein Rückabwicklung nicht zwingend statt, sodass die verdeckte Sacheinlage Bestand haben kann. Welche Auswirkungen dies unter der neuen Rechtslage hat, bleibt abzuwarten. 

Trotz dieser bestehenden Unklarheiten bietet die neu geschaffene Möglichkeit zur Online-Gründung viel Potential, den Gründungsprozess einfacher und komfortabler zu gestalten. Insbesondere in zeitlicher Hinsicht verspricht das neue Verfahren teils erhebliche Beschleunigungen.

Weiter beschleunigt werden kann die Gesellschaftsgründung grundsätzlich durch Leistung der Einlage mittels Barzahlung, die die Rechtsprechung anerkennt (OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 1992, 1253, 1255). In diesem Falle versichert der Geschäftsführer gegenüber dem Registergericht die geleisteten Einlagen. Diese Vorgehensweise ersetzt die unter Umständen aufwendigen und zeitintensiven Bankgeschäfte kurzfristig. Während bei Zahlungen in Euro eine ordnungsgemäße Einzahlung ohne Weiteres angenommen werden kann, ist bei Nutzung anderer Währungen zu beachten, dass es sich hierbei nur um eine Leistung erfüllungshalber handelt. Hier wird in der Folge daher ein Umtausch in inländische Währung oder eine äquivalente Kontogutschrift zur endgültigen Erfüllung der Einlagepflicht notwendig.

Wir beraten Sie gern bestmöglich in allen Fragen zu Gesellschaftsgründungen im bisherigen oder neuen Verfahren. 

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Autor dieses Artikels

Andreas Metzner, LL.M.

Director

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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