Der Begriff „Digitalisierung“ ist derzeit in aller Munde. Häufig werden entsprechende Diskussionen aber nur sehr oberflächlich geführt und dann sehr pauschale Aussagen getroffen, wie „Wir sind zu spät.“ oder „Wir sind nicht schnell genug.“. Die konkreten inhaltlichen Ausgestaltungen sowie Implikationen auf unternehmerische Prozesse, insbesondere auch im Finanz- und Rechnungswesen, lassen hingegen so manche Diskussionen vermissen.
Der Endverbraucher ist unlängst umgeben von der Digitalisierung. Smartphones und Tablets sind Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs und kaum wegzudenken. Neue, effiziente Funktionen vereinfachen das Leben stetig und verkürzen signifikant die Zeit für mühselige Aufgaben. Doch was im privaten Umfeld als normal erachtet wird, wird auf Unternehmensebene teilweise noch wenig gelebt. Besonders in der Buchhaltung stapeln sich noch immer Berge von Papierrechnungen, die in langwierigen Abläufen abgearbeitet werden müssen. Der Übergang zu Scanning-Lösungen wurde zwar bereits teilweise vollzogen, eine vollständige Digitalisierung des Geschäftsprozesses ist jedoch immer noch die Ausnahme. Dies ist umso verwunderlicher, da entsprechende Projekte sich in der Regel sehr schnell amortisieren und bereits seit rund 5 Jahren keine umsatzsteuerrechtlichen Hindernisse mehr bestehen.
Durch die Neufassung des § 14 Absatz 1 und 3 UStG durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 vom 1. November 2011 sind die umsatzsteuerrechtlichen Regelungen für elektronische Rechnungen zum 1. Juli 2011 neu gefasst worden (vgl. auch das zugehörige BMF-Schreiben vom 2. Juli 2012 zur Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung). Hierdurch ist die Nutzung elektronischer Rechnungen (E-Invoicing) erheblich vereinfacht worden. Seitdem können u.a. auch Rechnungen, die per E-Mail übermittelt werden, zum Vorsteuerabzug berechtigen. Sowohl bei der Papierrechnung als auch bei elektronischen Rechnung müssen lediglich die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Papierrechnung und elektronische Rechnung werden somit umsatzsteuerrechtlich seit dem 1. Juli 2011 gleich behandelt.
Der mögliche prozessuale, bspw. kreditorische Ablauf lässt sich nun – vereinfacht dargestellt – wie folgt gestalten: Die Rechnung gelangt als digitale Datei in die Buchhaltung und wird automatisch im System validiert. Es folgen ein automatische Zuordnung zur Bestellung und zum Wareneingang und anschließend die Buchung. Manuelle Eingriffe sind lediglich zur Klärung von Problemen oder Rückfragen und ggf. zur finalen Freigabe notwendig. Abschließend erfolgt die automatisierte Zahlung.
Das Format der elektronischen Rechnung unterscheidet sich bisweilen jedoch erheblich und variiert u.a. je Region und Branche des Unternehmens. Eine Kompatibilität ist selten gegeben, vielmehr führen die unterschiedlichen Normen, insbesondere auch im internationalen Kontext, zu Komplexität, Rechtsunsicherheit und zusätzlichen Betriebskosten. Um dieser Problematik entgegenzuwirken, haben das Europäische Parlament und der Rat mit der EU-Richtlinie 2014/55/EU beschlossen, dass die elektronische Rechnungsstellung (bei öffentlichen Aufträgen) ab 2018 nur noch über ein einheitliches Format erfolgen soll.
Von deutscher Seite aus forciert das Forum für elektronische Rechnung die Entwicklung eines solchen einheitlichen Formats und hat mit ZUGFeRD (Zentraler User Guide des Forums elektronische Rechnung Deutschland) im Jahr 2014 eine entsprechende Lösung vorgestellt. Aktuell steigen die Nutzerzahlen und Softwarelösungen, die das Format unterstützen, kontinuierlich. Ein Standardvorgehen („one fits all“) zur Implementierung des elektronischen Rechnungsformats ist jedoch nicht ratsam und hängt vielmehr erheblich von den unternehmensspezifischen Parametern und Geschäftsprozessen ab. Eine Erhebung der systemseitigen, organisatorischen und prozessualen Strukturen ist daher unerlässlich, um Handlungsfelder und Umsetzungsaufwand zu identifizieren und zu quantifizieren.
Baker Tilly berät seit Jahren Unternehmen bei der Optimierung ihrer Prozesse im Finanz- und Rechnungswesen. Unser Expertenteam entwickelt dabei stets Lösungen, die individuell und passgenau auf Ihr Unternehmen zugeschnitten sind. Eine umfassende Branchenexpertise und hohes Maß an gelebter Interdisziplinarität runden unseren Beratungsansatz ab. Für Fragen zu dem Thema E-Invoicing stehen Ihnen unsere Berater gerne zur Verfügung.