Erfolgsabhängige Vergütung: Vorsicht bei Geschäftszielen in Bonuszielvereinbarungen

Arbeitsrecht

Die Erreichung unternehmensbezogener Ziele wird bei erfolgsabhängigen Zielvereinbarungen immer wieder als Bewertungsmaßstab herangezogen. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Urt. v. 24.08.2022 – 4 Sa 53/21) hat nun eine Bestimmung, nach der der Arbeitgeber die Unternehmensziele nach billigem Ermessen bestimmen konnte, einer gerichtlichen Billigkeitskontrolle unterzogen.

Das Gericht stellte dabei fest, dass die Geschäftsziele im vorliegenden Fall vom Arbeitgeber einseitig festgelegt und dem Arbeitnehmer lediglich mitgeteilt wurden, sodass es sich um ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht handelt, das nicht billigem Ermessen entsprach. Der Klägerin wurde der Bonus daher aufgrund der Unverbindlichkeit des Leistungsbestimmungsrechts zugesprochen.

Erfolgsabhängige Vergütungen durch Zielvereinbarungen flexibilisieren das Arbeitsentgelt und setzen Leistungsanreize für die Belegschaft. Rechtsgrundlage ist oft eine Rahmenregelung im Arbeitsvertrag oder eine Nebenabrede. Einzel- oder Betriebsvereinbarungen konkretisieren die zu erreichenden persönlichen oder unternehmensbezogenen Ziele, die Dotierung und deren Verteilung auf den einzelnen Mitarbeiter.

Streit über variable Vergütung

Die Parteien streiten über die Zahlung einer variablen Vergütung für das Jahr 2017. Der Arbeitsvertrag räumt der Klägerin zzgl. zum Grundgehalt einen Anspruch auf eine jährliche erfolgsabhängige Bruttovergütung i. H. v. 10 Prozent des Bruttojahresgehalts ein. Sie ist abhängig vom Erreichen der in der jeweils gültigen betrieblichen Regelung bestimmten Unternehmensziele und der persönlichen Ziele.

Die im Betrieb geltende Betriebsvereinbarung (BV Bonus) sieht vor, dass Mitarbeiter und Vorgesetzter jährlich eine individuelle Zielvereinbarung schließen. Sie soll Geschäftsziele und persönliche Ziele enthalten. Geschäftsziele werden nicht vereinbart, sondern durch das Unternehmen, respektive durch den jeweiligen Geschäftsbereich, festgelegt und mitgeteilt. Sie können sich auf die verschiedenen Bereiche der Gruppe beziehen. Die persönlichen Ziele sind auf der Basis der auf die Organisationseinheiten heruntergebrochenen strategischen Ziele des Unternehmens zu vereinbaren, wobei zwischen dem Mitarbeiter und dem Vorgesetzten drei bis fünf Ziele zu vereinbaren sind.

In einem Zielvereinbarungsgespräch zwischen der Klägerin und ihrem Vorgesetzten im Jahr 2017 wurden persönliche Ziele vereinbart. 2017 wurden auch die unternehmensübergreifenden Geschäftsziele und Ziele des Geschäftsbereichs (Business Unit) mitgeteilt.

Die Begründung des Gerichts

Bereits das Arbeitsgericht hat der Klägerin einen Bonus zugesprochen. Die von der Beklagten dagegen eingelegte Berufung war erfolglos. Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat der Klägerin eine variable Vergütung für das Jahr 2017 i. H. v. 8.756,78 EUR brutto zugesprochen.

Der Anspruch der Klägerin beruht auf dem Arbeitsvertrag i. V. m. der BV Bonus. Eine Zielvereinbarung, die Voraussetzung für den Anspruch ist, liegt vor. Geschäftsziele werden nach dem Wortlaut der BV Bonus nicht vereinbart, sondern von der Beklagten „festgelegt und mitgeteilt“. Dies stellt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht dar. Tatsächlich wurden mit der Mitarbeiterin ausschließlich die persönlichen Ziele vereinbart.

Die von der Beklagten getroffene Leistungsbestimmung entsprach aber nicht billigem Ermessen. Die Ermessensausübung ist auf den Rahmen beschränkt, den die BV Bonus vorgibt. Die Betriebsvereinbarung stellt auf die Unternehmensziele ab. Die von der Beklagten vorgenommene Festsetzung unternehmensübergreifender, konzernbezogener Ziele ist von der BV Bonus nicht gedeckt. Sie beschränkt das Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten bei der Festlegung der Geschäftsziele auf geschäftsbereichsspezifische und unternehmensbezogene Ziele. Zwar würde mit „Gruppe“ ein Konzernbezug hergestellt werden, die Geschäftsziele sind jedoch auf organisatorische Einheiten des Konzerns bezogen. Die Leistungsbestimmung der Beklagten ist deshalb unverbindlich.
Im Rahmen der Ersatzleistungsbestimmung durch das Gericht ist somit ausschließlich auf die mitgeteilten Ziele für den Geschäftsbereich (Business Unit) abzustellen. Das Urteil folgt einer Parallelentscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.10.2021 – 10 AZR 729/19, die für dieselbe Beklagte ergangen ist.

Unser Praxishinweis

Bei der Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechts i. S. v. § 315 BGB hat der Arbeitgeber die Vorgaben aus vertraglichen oder kollektivrechtlichen Vereinbarungen zu beachten. Je präziser diese gefasst sind, desto geringer ist die Fehleranfälligkeit in der Anwendung.

Wir empfehlen bestehende Betriebsvereinbarungen, die erfolgsabhängige Vergütungen zum Gegenstand haben, kritisch zu prüfen. Der Arbeitgeber sollte außerdem bei der Ausgestaltung - soweit dies mit Blick auf § 4a EFZG möglich ist - berücksichtigen, wie sich Zeiten ohne Arbeitsleistung infolge von Arbeitsunfähigkeit auf die erfolgsabhängige Vergütung auswirken.

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