Wettbewerbsverbot im Kündigungsschutzprozess
Nach Ansicht des LAG Düsseldorf darf ein Arbeitnehmer aufgrund des vertraglichen Wettbewerbsverbots, welches während der gesamten rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses gilt, grundsätzlich, auch nach Zugang einer von ihm gerichtlich angegriffenen fristlosen Kündigung des Arbeitgebers, keine Konkurrenztätigkeit ausüben, falls sich die Kündigung später als unwirksam herausstellt.
Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG), Urteil vom 25. Oktober 2023 - 12 SA 262/23 -
Vorinstanz: ArbG Solingen, Urteil vom 14. März 2023 - 1 Ca 826/22
Im konkreten Fall wurde der Beklagte, ein angestellter Steuerberater, im Dezember 2021 durch den Kanzleiinhaber fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt. Grund der Kündigung war ein angeblicher Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot. Der Beklagte erhob Kündigungsschutzklage und obsiegte erstinstanzlich (ArbG Solingen, Urteil vom 16.11.22, 4 Ca 3/22). Dagegen reichte der Inhaber Berufung ein, über die noch nicht entschieden war.
Der Kanzleiinhaber/Kläger hatte zwischenzeitlich selbst geklagt und setzte sich mit seiner Unterlassungsklage wegen Wettbewerbsverletzung (ArbG Solingen vom 14.03.2023, 1 Ca 826/22) durch, da der Beklagte aus seiner Privatwohnung, welche sich in Nähe zu der Kanzlei befand, Mandanten der Kanzlei auf eigene Rechnung betreute.
Da der Beklagte dieses Urteil ignorierte, kündigte der Kläger am 31.03.2023 erneut fristlos. Hiergegen reichte der Beklagte ebenfalls Kündigungsschutzklage ein.
Mit der Berufung wehrte sich der Beklagte gegen das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Pflicht zur Wettbewerbsunterlassung. Die Berufung des Beklagten hatte teilweise Erfolg.
Das LAG hielt das Urteil bis zur ausgesprochenen Kündigung des Klägers vom 31. März 2023 für richtig, hob es aber für die danach folgende Zeitspanne auf.
Das aus dem Arbeitsverhältnis folgende Wettbewerbsverbot nach § 60 Abs. 1 HGB bzw. § 241 Abs. 2 BGB gelte während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses.
- Während eines Kündigungsschutzverfahrens gelte diese Verpflichtung ebenfalls, jedenfalls dann, wenn die Kündigung offensichtlich unwirksam sei oder der Kläger erstinstanzlich obsiegt habe.
- In den übrigen Fällen, wenn die Kündigung weder offensichtlich unwirksam ist noch ein klagestattgebendes Urteil im Kündigungsschutzprozess vorliegt, besteht ein Unterlassungsanspruch nur in Ausnahmefällen, wenn die Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers ausgeht.
- Die Pflicht zur Wettbewerbsunterlassung entfalle, wenn die ausgesprochene Kündigung offensichtlich wirksam sei. Insoweit greift das LAG auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch zurück.
Im streitigen Fall heißt dies, dass der Beklagte aufgrund der zu seinen Gunsten ausgegangenen Kündigungsschutzklage zunächst zum Unterlassen von Wettbewerb verpflichtet war. Da er dieser Pflicht nicht nachkam, war die weitere Kündigung vom 31. März 2023 offensichtlich wirksam, sodass die zunächst bestehende Pflicht zur Unterlassung von Wettbewerb mit Ablauf dieses Tages endete.
Hinweis
Die Auffassung der LAG überzeugt.
Die Parteien verhalten sich widersprüchlich. Einerseits entlässt der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter, verlangt aber andererseits die Einhaltung des Wettbewerbsverbots. Der Mitarbeiter klagt seinerseits auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, steht aber gleichzeitig mit dem Arbeitgeber im Wettbewerb.
Es ist daher immer eine Interessensabwägung vorzunehmen, die im Wesentlichen auf einer Einschätzung der Wirksamkeit der Kündigung beruht.