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15. Sanktionspaket: EU nimmt Unternehmen in Drittstaaten in den Fokus
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Am 24. Juni 2024 haben sich die EU-Staaten auf den Erlass eines 14. Sanktionspakets zur Ausweitung der Embargomaßnahmen gegen Russland geeinigt. Mittels vier Durchführungs- und Änderungsverordnungen werden die Sanktionsverordnungen (EU) 833/2014 („Russlandembargo-Verordnung“) und (EU) 269/2014 angepasst. Die wichtigsten Änderungen, insbesondere im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Verhinderung von Sanktionsumgehungen, finden Sie hier im Überblick.
Umfassende Erneuerungen im Compliance-Bereich werden Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen stellen. Denn diese sind nicht nur mit dem deutschen Ausfuhrrecht fremden, unbestimmten Rechtsbegriffen gespickt, sondern stellen auch bis dato unbekannte Anforderungen an das unternehmensinterne Compliance Management System im Außenwirtschaftsrecht. Nunmehr müssen EU-Unternehmen in erheblichem Umfang auch Sorge für die Einhaltung der Maßnahmen aus der Russlandembargo-Verordnung durch ihre drittstaatlichen Tochterunternehmen tragen. Art. 8a Russlandembargo-Verordnung sieht vor, dass sich Unternehmen nach besten Kräften bemühen müssen sicherzustellen, dass sich nicht-unionsansässige Tochterunternehmen an keinen Handlungen beteiligen, die die Maßnahmen der Russlandembargo-Verordnung untergraben. Diese Tochterunternehmen aus Drittstaaten fallen grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich der Russlandembargo-Verordnung. Die Verordnung hat zunächst keinen extraterritorialen Anwendungsbereich. Dennoch konnte auch bisher ein Risiko für EU-Mutterunternehmen bestehen, wenn ihnen Handlungen ihrer Tochterunternehmen, die aus deren Sicht erlaubt waren, unter der Russlandembargo-Verordnung jedoch der Mutter verboten waren, zugerechnet werden konnten. Embargoverstöße drohten und drohen für die Mutterunternehmen dann insbesondere durch Zuwiderhandlung gegen mittelbare Handlungsverbote und Umgehungstätigkeiten. Unter anderem durch das Einfügen des „Best-Effort“-Artikels haben sich die Handlungspflichten für EU-Mutterunternehmen in Bezug auf ihre Tochterunternehmen verschärft. Dieser gilt für Tochterunternehmen, die sich im Eigentum oder unter der Kontrolle der Mütter befinden. Das ist unter anderem der Fall, wenn 50 Prozent der Anteile und Stimmrechte an der Tochter gehalten werden. Welche Maßnahmen dem Best-Effort-Erfordernis genügen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Zu betrachten sind unter anderem das Wirtschaftsumfeld, in dem die Unternehmen tätig sind, und ihre Größe, aber auch konkurrierende Rechtsvorschriften aus den Sitzländern der Tochterunternehmen. Beispielsweise könnten Blocking Statute von Drittländern die Anwendung der Maßnahmen erheblich erschweren. Durch solche Regelungen soll die Anwendung ausländischer Außenwirtschaftsvorschriften im Inland verhindert werden. Erschwernisse und Besonderheiten können so unter anderem in der Umsetzung der Maßnahmen durch chinesische Tochterunternehmen entstehen. Parallelen können hier möglicherweise zu anderen Bemühenspflichten eines Unternehmens gezogen werden. Beispielsweise bestehen solche auch nach dem (nationalen) Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. M&A Verträgen sind Best-Effort-Klauseln ebenso nicht fremd. In beiden Bereichen bestehen jedoch andere Regelungsinhalte und Zielsetzungen als im Außenwirtschaftsrecht. Gerne unterstützen wir sie bei der Implementierung und Erweiterung von Governance-Maßnahmen oder Compliance-Systemen.
Sollten Unternehmen mit sogenannten „Common High Priority“-Produkten über EU- und Partnerlandgrenzen hinaus handeln, treffen sie ab dem 26. Dezember 2024 daneben weitere Due Diligence Maßnahmen (vgl. Artikel 12gb Russlandembargo-Verordnung). Erweiterte Sorgfaltspflichten können dann auch drittstaatliche Tochterunternehmen treffen, wenn sie mit „Common High Priority (CHP)“-Gütern wie Halbleiterbauelementen oder Kugellagern, handeln. Irrelevant ist dann, dass EU-Mutterunternehmen nicht mit diesen Gütern Geschäfte tätigen.
Unternehmen müssen in diesem Zusammenhang: - eine Risikoanalyse hinsichtlich der Gefahren von Ausfuhren nach oder zur Verwendung in Russland tätigen - sowie Risikomanagementmaßnahmen zur Gefahrenminderung erlassen.
Diese Anforderungen können umfassende Anpassungsbedarfe im Compliance-Management-System eines Unternehmens zur Folge haben. Sollten Unternehmen mit den erwähnten Gütern aus Anhang XL der Russlandembargo-Verordnung handeln, ist eine Überprüfung des CMS mit den Vorgaben unerlässlich.
Wir unterstützen Sie gern bei der Analyse Ihrer Compliance-Management-Systeme sowie der Anpassung an die verschärften Anforderungen aus der Russlandembargo-Verordnung. Zudem führen wir Angemessenheits- und Wirksamkeitsanalysen des CMS vor einem außenwirtschafts- oder sanktionsrechtlichen Hintergrund durch.
Wenig Entlastung erfahren Unternehmen auch in Bezug auf die scharf kritisierte No-Russia-Klausel. Vielmehr finden nun auch Transaktionen im Zusammenhang mit der Übertragung geistigen Eigentums Einzug in die Vorgaben (Art. 12ga Russlandembargo-Verordnung). Entsprechend müssen Unternehmen ab dem 26. Dezember 2024 vertraglich die Nutzung von Rechten und Informationen sowie Geschäftsgeheimnissen zum Verkauf, zur Lieferung, zur Verbringung oder zur Ausfuhr nach oder zur Verwendung in Russland verbieten. Dies gilt ebenso für die Weiterleitung der Rechte durch Unterlizenznehmer. Eine solche No-Russia-Klausel muss daneben angemessene Abhilfemaßnahmen bei Verstößen gegen die Vorgaben enthalten. Dies betrifft zunächst nur den Handel mit Rechten und Geschäftsgeheimnissen sowie Informationen zu CHP-Gütern. Ausgenommen ist die Erfüllung von vor dem 25. Juni 2024 geschlossenen Verträgen bis zum 26. Juni 2025 bzw. bis zu ihrem Ablaufdatum. Achtung: Geistiges Eigentum wird daneben noch an anderer Stelle reglementiert.
Aufatmen können hingegen Unternehmen, die öffentliche Aufträge mit einer Behörde in einem Drittland oder einer internationalen Organisation abgeschlossen haben. Für diese gelten nur beschränkte Vorgaben zur No-Russia-Klausel. Auch bestehen weitere, kleinere Ausnahmen von der Pflicht zur Vereinbarung einer Vertragsklausel für den Handel mit bestimmten Gütern. Die Altvertragsklausel aus Art. 12g Abs. 2 Russlandembargo-Verordnung erfährt zudem eine (minimale) Erweiterung.
Aus Unternehmenssicht dürfte angesichts dieser umfassenden Erweiterungen positiv zu bewerten bleiben, dass drittstaatliche Tochterunternehmen (zunächst) nicht zum Abschluss einer solchen Klausel mit ihren Geschäftspartnern verpflichtet sind.
Über Anforderungen an No-Russia-Klauseln haben wir hier bereits berichtet.
Schließlich wird der Finanzbereich von den Sanktionen erneut in den Fokus gerückt. Demnach ist es EU-Unternehmen verboten, sich direkt mit dem System zur Übermittlung von Finanzmitteilungen („SPFS“) der Zentralbank Russlands oder gleichwertigen spezialisierten Nachrichtenübermittlungsdiensten für den Zahlungsverkehr zu verbinden. Mit dem SPFS-System wollte Russland EU-Sanktionen abmildern.
Die über diese Darstellungen hinausgehenden weitreichenden Sanktionserweiterungen werden eine Vielzahl von Unternehmen vor (neue) Herausforderungen stellen, auch wenn sie keinen Geschäftstätigkeiten in Russland mehr nachgehen. Gerade die verschärften Compliance-Anforderungen gelten für Unternehmen umfassend. Daneben verschieben sich zunehmend die territorialen Grenzen der Anwendbarkeit der Embargobestimmungen. Wirtschaftsakteure sollten zeitnah ihre internen Prozesse in der Exportkontrolle, im Compliance- sowie im Vertragsmanagement auf den Prüfstand stellen und sichergehen, dass sie den Anforderungen des 14. Sanktionspaketes standhalten.
Baker Tilly unterstützt gern bei der Prüfung, ob und inwieweit Sie von den Sanktionen betroffen sind, sowie bei der Umsetzung von Anpassungsbedarfen.
1. Sanktionsumgehungen: Neue Compliance-Anforderungen
2. Schadensersatzansprüche
3. Verbote im Finanzbereich
4. Transport- und Energiesektoren
5. Geistiges Eigentum
6. Erweiterte Personen- und Güterlisten
Mareike Höcker
Manager
Rechtsanwältin
Sebastian Billig
Partner
Rechtsanwalt
Sven Pohl
Director
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