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Das Jahr 2021 neigt sich langsam, aber sicher seinem Ende entgegen. Für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer stellt sich um diese Jahreszeit häufig die Frage, was mit Urlaub, der bisher nicht genommen wurde, geschieht.
Urlaubsanspruch endet grundsätzlich am Jahresende
Mit Ende des Kalenderjahres endet auch der gesetzliche Urlaubsanspruch. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 3 Satz 1 des Bundesurlaubsgesetzes (BUrlG). Danach ist der Urlaub grundsätzlich im laufenden Kalenderjahr zu nehmen und zu gewähren, der Urlaub für 2021 also bis zum 31.12.2021.
Ausnahme vom Grundsatz
Allerdings findet in Ausnahmefällen eine Übertragung des Urlaubsanspruchs auf das Folgejahr statt, nämlich dann, wenn entweder in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung anderweitige - dem Arbeitnehmer günstigere Regelungen - getroffen worden sind oder wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub ganz oder teilweise aus dringenden betrieblichen oder persönlichen Interessen nicht nehmen konnte. In diesen Fällen kann der Urlaub bis zum 31.03. des Folgejahres, der Urlaub aus 2021 also bis zum 31.03.2022 übertragen werden (s. § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG).
Achtung: Hinweispflicht des Arbeitgebers
Damit der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers auch tatsächlich erlischt, ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil v. 19.02.2019, 9 AZR 423/16) Voraussetzung, dass der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten nachkommt: Er muss den Arbeitnehmer auffordern, seinen Urlaub im laufenden Kalenderjahr zu nehmen und ihn auf den Verfall des Urlaubs spätestens mit Ablauf des 31.03. des Folgejahres hinweisen. Unterlässt der Arbeitgeber dies, bleibt der Urlaubsanspruch auch nach dem 31.03. des Folgejahres grundsätzlich bestehen, was im Einzelfall zu einem erheblichen Anwachsen von Urlaubsansprüchen führen kann.
Wie der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht genügt, ist ihm grundsätzlich selbst überlassen. Nach den Anforderungen des BAG muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mitteilen, wie viele Urlaubstage dem Arbeitnehmer in einem bestimmten Jahr zustehen. Das LAG Köln (Entscheidung v. 09.04.2019 – 4 Sa 242/18) hat diese Pflicht dahin gehend konkretisiert, dass der Arbeitgeber nicht nur den individuellen Urlaub des laufenden Kalenderjahres mitteilen muss, sondern auch etwaigen Resturlaub aus den Vorjahren. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordern, seinen Jahresurlaub so rechtzeitig zu beantragen, dass er im laufenden Kalenderjahr genommen werden kann. Schließlich muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die Konsequenzen belehren: Der Urlaub verfällt am Ende des Kalenderjahres, spätestens nach Ende des Übertragungszeitraums von 3 Monaten, wenn der Arbeitnehmer in der Lage war, Urlaub zu nehmen, ihn aber aus freien Stücken nicht genommen hat.
Auf jeden Fall sollte der Arbeitgeber seinen Hinweis schriftlich erteilen, um im Streitfall nachweisen zu können, dass er seine Mitwirkungspflicht erfüllt hat. In Betracht kommt z. B. ein entsprechender Aufdruck in der Entgeltabrechnung, eine Rundmail oder ein Rundschreiben (das mit der Gehaltsabrechnung verschickt werden kann).
Das BAG geht grundsätzlich von einer Information des Arbeitnehmers zu Jahresbeginn aus. Zwingend ist dies nicht, aber sinnvoll (u. a. damit der Arbeitnehmer etwaig übertragenen Urlaub aus dem letzten Kalenderjahr bis zum 31.03. nehmen kann). Ändert sich im Laufe des Jahres der noch offene Urlaubsanspruch, muss der Arbeitgeber die Belehrung nicht laufend aktualisieren, die einmalige konkrete Belehrung genügt im Regelfall.
Ist die Information bisher unterblieben, kann sie grundsätzlich auch jetzt noch nachgeholt werden. Allerdings wird es – je nach Umfang noch bestehender Urlaubsansprüche – schwer, diese noch bis zum 31.12. abzubauen.
Die vorstehenden Regelungen gelten nicht nur für den gesetzlichen Mindesturlaub, sondern auch für vertraglichen Mehrurlaub, sofern keine abweichenden Regelungen zum Verfall getroffen wurden.
Wird arbeitsvertraglich zusätzlicher Urlaub gewährt, sollte darauf geachtet werden, dass zunächst der gesetzliche Anspruch auf Mindesturlaub erfüllt wird und erst danach der vertragliche Anspruch, um eine Übertragbarkeit von Urlaub ins Folgejahr möglichst zu vermeiden. Entsprechende Anrechnungsklauseln sollten arbeitsvertraglich vereinbart werden.
Die Mitwirkungspflicht trifft den Arbeitgeber auch während eines Kündigungsschutzverfahrens. Daher sollte der Arbeitgeber auch nach Ende der Kündigungsfrist während eines noch laufenden Kündigungsschutzverfahrens abwägen, ob er den Arbeitnehmer vorsorglich auffordert, seinen (Rest)Urlaub (bei entsprechender Entgeltzahlung) zu nehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist nicht unter Anrechnung etwaiger Urlaubsansprüche wirksam freigestellt hat. Anderenfalls kann es bei Obsiegen des Arbeitnehmers im Kündigungsschutzprozess dazu kommen, dass umfangreiche aufgelaufene Urlaubsansprüche nach Wiederaufnahme der Beschäftigung gewährt werden müssen.
Sonderfall Krankheit
Zu beachten ist, dass Urlaubsansprüche, die der Arbeitnehmer krankheitsbedingt nicht innerhalb eines Bezugszeitraums (Kalenderjahr) oder bis zum Ablauf des Übertragungszeitraums im Folgejahr einlösen konnte, nicht bereits mit Ablauf des Übertragungszeitraums verfallen, sondern erst 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber seiner Hinweispflicht nachgekommen (s. o.) ist. Die Ausweitung des Übertragungszeitraums auf 15 Monate basiert auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
Noch nicht geklärt ist, ob Urlaubsansprüche – auch bei Krankheit – spätestens nach der Regelfrist von 3 Jahren verjähren, wenn sie bis dahin nicht erfüllt sind (also für das Jahr 2021 spätestens mit Ablauf des 31.12.24). Das BAG hat zur Klärung dieser Frage im September 2020 ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH gerichtet, die Entscheidung des EuGH steht noch aus.
Mein Praxistipp
Jeder Arbeitgeber ist gut beraten, möglichst schon zu Beginn eines jeden Jahres seine Arbeitnehmer auf ihre Urlaubsansprüche hinzuweisen und sie aufzufordern, ihren Urlaub bis zum Jahresende zu nehmen, da er sonst verfällt. Ist dieser Hinweis bisher unterblieben, sollte er umgehend nachgeholt und im kommenden Jahr auf eine frühzeitige Information geachtet werden.
Hat der Arbeitnehmer einen über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden vertraglich vereinbarten Urlaubsanspruch, sollte darauf geachtet werden, dass zuerst der gesetzliche Urlaubsanspruch abgebaut wird und erst danach der vertragliche Zusatzurlaub. Entsprechende Anrechnungsklauseln im Arbeitsvertrag sollten vereinbart werden.
Gabriele Heise
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Verwaltungsrecht
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