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Mit der Verpflichtung zur digitalen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) für Arbeitgeber ab 2023 entfällt Bürokratie, den die papiergebundene AU-Bescheinigung erfordert.
Spätestens mit dem 1. Januar 2023 müssen Krankenkassen die Arbeitsunfähigkeitsdaten Arbeitgebern digital zur Verfügung stellen. Dadurch entfällt nicht nur der mit der analogen Bescheinigung verbundene bürokratische Aufwand für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und gesetzliche Krankenkassen. Auch die Abgabe- und Vorlegefristen der Arbeitgeber und Krankenkassen sind nun leichter einzuhalten – wenn die Anzeigepflichten durch die Arbeitnehmer eingehalten werden.
Erweiterung der elektronischen Übermittlung für weniger Bürokratie
Damit wird die schon seit dem 1. Juli 2022 geltende Verpflichtung der Ärzte, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen elektronisch an die gesetzlichen Krankenkassen zu übermitteln, auf die Ausfertigung für den Arbeitgeber ausgeweitet.
Der Arbeitnehmer ist wie bisher verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Innerhalb der gesetzlichen oder der vom Arbeitgeber festgelegten Frist zur Vorlage eines Attests muss die Krankheit ärztlich bescheinigt werden.
Datenübermittlung in zwei Schritten
Die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten erfolgt in zwei Schritten:
Der Arbeitgeber muss die AU-Daten aktiv bei der gesetzlichen Krankenkasse des Arbeitnehmers abfragen. Die Abfrage sollte frühestens an dem Tag erfolgen, an dem die AU Meldung aufgrund der gesetzlichen Frist oder Vorgabe vom Arbeitgeber abzugeben ist. Eine Rückmeldung der Krankenkasse soll spätestens am nächsten Werktag erfolgen. Sofern zum Zeitpunkt der Bearbeitung durch die Krankenkasse keine AU-Meldung vorliegt, meldet die Krankenkasse dies zurück und prüft weitere 14 Tage, ob eine AU-Meldung eingeht. Sofern eine AU-Meldung innerhalb von 14 Tagen eingeht, wird sie automatisch mit dem Rückmeldeprotokoll im Lohnprogramm des Arbeitgebers zur Verfügung gestellt. Anderenfalls kann der Arbeitgeber nach Ablauf von 14 Tagen nach Erstabfrage eine erneute AU-Abfrage auslösen.
Abfrage der AU-Daten geringfügig Beschäftigter ebenfalls bei der Krankenkasse
Das Verfahren für geringfügig Beschäftigte weicht nicht vom normalen eAU-Verfahren ab. Die Abfrage der AU-Daten erfolgt nicht bei der Minijob-Zentrale, sondern der gesetzlichen Krankenkasse des Arbeitnehmers. Daher ist bei geringfügig Beschäftigten zukünftig die gesetzliche Krankenkasse abzufragen.
Für die Durchführung des Erstattungsverfahrens im Rahmen der U1 kann die Minijob-Zentrale die AU-Daten bei den Krankenkassen abfragen.
Elektronisches Verfahren gilt nicht für alle AU-Meldungen Ausgenommen vom elektronischen AU-Meldeverfahren sind:
In diesen Fällen wird das bisherige Verfahren weiterhin Anwendung finden.
Arbeitsrechtliche Auswirkungen
Die Einführung der eAU erfolgt zwar aufgrund von sozialversicherungsrechtlichen Regelungen. In der Praxis darf aber nicht übersehen werden, dass sie auch arbeitsrechtliche Auswirkungen aufgrund der Einführung des neuen § 5 Abs. 1 a Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) hat.
Nach geltender Rechtslage hat jeder Arbeitnehmer spätestens am vierten Tag der Erkrankung eine ärztliche Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit sowie deren voraussichtliche Dauer vorzulegen (§ 5 Abs. 1 S. 2 EFZG). Diese Vorlagepflicht gilt auch bei der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit. Ab dem 1. Januar 2023 wird diese Vorlagepflicht ersetzt durch die Verpflichtung, die Arbeitsunfähigkeit beim Arzt feststellen zu lassen.
Arbeitgeber können mit Arbeitnehmern dann nicht wirksam vereinbaren, dass sie ihnen auch nach der Einführung der eAU die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen haben. Eine solche Verpflichtung wäre eine nachteilige Abweichung vom EFZG. Aus denselben Gründen ist es auch nicht möglich, eine solche Regelung wirksam in eine Betriebsvereinbarung aufzunehmen. Entsprechende Regelungen wären unwirksam und sollten daher in Arbeitsverträgen, Betriebsvereinbarungen etc. überprüft werden.
Keine rechtssichere Situation
Die bisherigen Regelungen, die noch eine Vorlagepflicht vorsehen, sind nach unserer Auffassung aufgrund der Gesetzesänderung dahingehend auszulegen, dass nicht mehr die Vorlage, sondern anstelle dessen die Verpflichtung zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit verlangt wird. Rechtssicherheit wird jedoch nur eine höchstrichterliche Entscheidung bringen.
Wir empfehlen spätestens ab dem 1. Januar 2023 in neuen Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen keine Vorlagepflicht mehr zu vereinbaren, um Nachteile zu vermeiden. Differenzierung zwischen Feststellungs- und Anzeigepflicht
Von der Feststellungspflicht ist die Anzeigepflicht des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers zu unterscheiden. So ist ein Arbeitnehmer verpflichtet (§ 5 Abs. 1 S. 1 EFZG), dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Im Hinblick auf diese Anzeigepflicht wird sich durch die Einführung der eAU keine Änderung ergeben.
Allerdings wird die Anzeigepflicht unserer Ansicht nach an Bedeutung gewinnen. Nur, wenn der Arbeitgeber von der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtlicher Dauer durch den Arbeitnehmer erfährt, kann er sich an dessen Krankenkasse wenden, um die dort vorhandenen Daten der eAU abzurufen.
Die Praxis wird zeigen, welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen sich mit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung noch ergeben werden, insbesondere in abmahnungs- und kündigungsrelevanten Bereichen.
Marco Stahn
Director
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
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