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LAG Düsseldorf macht Weg zum Arbeitsgericht frei: Beschäftigung eines GmbH-Geschäftsführers auf Grundlage eines Arbeitsvertrages hat auch im Rahmen einer umwandlungsrechtlichen Verschmelzung Bestand.
Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 7. Dezember 2023 (3 Ta 273/23) entschieden, dass die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für die Urlaubsabgeltungsforderung eines im bestehenden Arbeitsverhältnis zum Fremdgeschäftsführer einer anderen Konzerngesellschaft bestellten Klägers auch dann gegeben ist, wenn infolge einer umwandlungsrechtlichen Verschmelzung Arbeitsverhältnis und Organstellung auf einen Rechtsträger zusammenfallen. Das anlässlich der Bestellung nicht aufgehobene Arbeitsverhältnis wurde durch die Unternehmensumwandlung nicht in ein freies Dienstverhältnis umgewandelt. Die Abberufung des Klägers erfolgte vor Klageerhebung.
Zum Sachverhalt
Die Kläger und die beklagte B-GmbH streiten über den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bzw. ordentlichen Gerichten im Zusammenhang mit Urlaubsabgeltungsansprüchen. Der Kläger war zunächst aufgrund eines Arbeitsvertrags als Produktmanager bei der A-GmbH beschäftigt. Darauffolgend wurde er zum Fremdgeschäftsführer der mit der A-GmbH konzernverbundenen B-GmbH bestellt. Im Zusammenhang mit dieser Bestellung wurde zwischen dem Kläger und der B-GmbH keine vertragliche Vereinbarung getroffen. Vielmehr einigten sich der Kläger und die A-GmbH darauf, den zwischen ihnen bestehenden Arbeitsvertrag anlässlich der Bestellung um einen Katalog zustimmungsbedürftiger Maßnahmen zu ergänzen, die der Kläger als Geschäftsführer der B-GmbH bei deren Vertretung zu beachten habe.
In der Folgezeit vereinbarten der Kläger und die B-GmbH - die Bedingungen des Arbeitsverhältnisses sollten im Übrigen unverändert bleiben - einen anderen Dienstort für die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der B-GmbH sowie eine außertarifliche Vergütung. Eine weitere Vereinbarung zwischen den Parteien sah vor, dass der Kläger neben seiner Geschäftsführertätigkeit als Leiter des Produktmanagements für die B-GmbH tätig werden sollte, wobei auch hier alle übrigen arbeitsvertraglichen Bedingungen unverändert bleiben sollten.
Später einigte sich der Kläger mit der A-GmbH auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Einhaltung der arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist zum Jahresende. Vor seinem Ausscheiden erhielt der Kläger von der A-GmbH eine „Information über den geplanten Betriebsübergang im Rahmen der Verschmelzung (gem. § 613a Abs. 5 BGB)“. In diesem Schreiben hieß es, dass die A-GmbH auf die B-GmbH verschmolzen werde und das Arbeitsverhältnis kraft Gesetzes auf die B-GmbH übergehe; neuer Arbeitgeber werde die B-GmbH, während das Arbeitsverhältnis mit der A-GmbH erlösche.
Die A-GmbH wurde auf die B-GmbH verschmolzen. Bald darauf wurde der Kläger widerruflich freigestellt und wenige Tage vor dem in der Aufhebungsvereinbarung mit der A-GmbH vorgesehenen Beendigungszeitpunkt abberufen. Die Verschmelzung und die Abberufung wurden in das Handelsregister eingetragen. Nach der Abberufung war der Kläger bis zu seinem Ausscheiden nicht mehr für die B-GmbH tätig.
Zur Lösung
Das LAG Düsseldorf hat den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt. Bei dem Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers handelt es sich um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis i.S. der §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a, 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG.
§ 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG fingiert zwar, dass der Geschäftsführer einer GmbH für die Dauer seiner Bestellung als Vertretungsorgan der Gesellschaft nicht als Arbeitnehmer im Sinne des ArbGG gilt, sodass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten auch dann nicht eröffnet sein kann, wenn seiner Bestellung materiell-rechtlich ein Arbeitsverhältnis und nicht ein freies Dienstverhältnis zugrunde liegt. Diese Fiktionswirkung endete jedoch mit der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer, die zeitlich vor der Klageerhebung erfolgte.
Zwar führt der Wegfall der gesetzlichen Fiktion für sich genommen nicht automatisch zur Zuständigkeit der Arbeitsgerichte, wenn der Kläger nur behauptet oder meint, in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen zu sein. Denn durch die Abberufung würde das bisherige Dienstverhältnis eines Geschäftsführers nicht in ein Arbeitsverhältnis umgewandelt. Vielmehr trägt der Kläger die Darlegungslast für die zuständigkeitsbegründenden Umstände, hier also für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses. Nach der Abberufung ist daher zu klären, ob der Tätigkeit des Klägers materiell-rechtlich ein Arbeitsverhältnis oder ein freies Dienstverhältnis zugrunde lag.
Im vorliegenden Fall war der Kläger - auch als Geschäftsführer der B-GmbH - ausschließlich aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarungen tätig. Die mit der B-GmbH getroffenen Vereinbarungen nehmen - erkennbar im Zusammenhang mit der kurz darauffolgenden Verschmelzung - auf den Arbeitsvertrag des Klägers mit der A-GmbH Bezug. Geht man davon aus, dass die B-GmbH damit bereits konstitutiv in den Arbeitsvertrag des Klägers eingetreten ist, so wäre gerade dieses bestehende Arbeitsverhältnis als solches fortgesetzt worden. Nimmt man an, dass damit lediglich eine inhaltliche Vertragsänderung im Vorgriff auf den gesetzlichen Eintritt in das Vertragsverhältnis aufgrund der absehbar bevorstehenden Verschmelzung geregelt werden sollte, sodass der Eintritt der B-GmbH in das bisher mit der A-GmbH bestehende Arbeitsverhältnis nicht konstitutiv vertraglich geregelt, sondern inzident vorausgesetzt, konstitutiv aber auf §§ 35a Abs. 2 UmwG, 613a BGB beruhte, wäre die B-GmbH gleichermaßen als Arbeitgeberin in das Arbeitsverhältnis des Klägers eingetreten.
Es gibt keine gesetzliche Grundlage dafür, dass das Zusammentreffen von Organstellung und Arbeitsverhältnis auf einen Rechtsträger infolge einer Unternehmensumwandlung zu einer vertraglichen Umwandlung des Arbeitsverhältnisses in ein freies Dienstverhältnis führt. Als Ausfluss der Privatautonomie steht es den Parteien frei, das von der gesellschaftsrechtlichen Organstellung zu trennende Rechtsverhältnis als Arbeitsverhältnis auszugestalten. Auch wenn ein GmbH-Geschäftsführer regelmäßig auf der Grundlage eines (freien) Dienstvertrages tätig wird, schließt dies nicht aus, dass die Vertragsparteien etwas anderes vereinbaren und die Tätigkeit im Rahmen eines Arbeitsvertrages regeln. Das mit der Organstellung unvereinbare Direktionsrecht des Arbeitgebers aus § 106 GewO ist für die Dauer der Bestellung beschränkt und lebt mit dem Ende der Bestellung wieder auf.
Praxishinweis
Die Entscheidung des LAG Düsseldorf zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, die Anstellung von Geschäftsführern bzw. Vorständen dienstvertraglich eindeutig zu gestalten und gleichzeitig noch bestehende Arbeitsverträge der in die Vertretungsorgane "beförderten" Arbeitnehmer aufzuheben. Dabei ist zu beachten, dass für den Abschluss der Geschäftsführeranstellungsverträge bei der GmbH die Gesellschafterversammlung und bei der Aktiengesellschaft der Aufsichtsrat zuständig ist, während die Aufhebung der Arbeitsverträge den Geschäftsführern bzw. dem Vorstand obliegt.
Karsten Till
Manager
Rechtsanwalt
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