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In Anbetracht des Starts der Hauptversammlungssaison 2022 hat der deutsche Gesetzgeber den Geltungszeitraum des Covid-19-Maßnahmengesetzes bis zum 31.08.2022 verlängert und damit die Durchführung virtueller Hauptversammlungen im dritten Jahr in Folge ermöglicht. Allerdings stellt sich hinsichtlich des Endes der pandemischen Lage die Frage, welche dauerhaften Änderungen und Fortschritte im Bereich der Digitalisierung nach August für Hauptversammlungen übernommen und fortgeführt werden.
Insgesamt ist festzuhalten, dass die virtuellen Hauptversammlungssaisons 2020 und 2021 aufgrund der erleichterten Teilnahmemöglichkeit der Aktionäre sowie der teilweise erheblichen wirtschaftlichen Einsparungen größtenteils positive Erfahrungen mit sich gebracht haben.
Dies spricht grundsätzlich dafür, dauerhaft virtuelle Hauptversammlungen zu ermöglichen. Dies soll durch den Referentenentwurf des Bundesministeriums für Justiz zur Einführung virtueller Hauptversammlungen ins Aktiengesetz geschehen, welcher im Anschluss an das Covid-19-Maßnahmengesetz gelten soll. Der Entwurf zielt darauf ab, virtuelle Hauptversammlungen möglichst aktionärsfreundlich zu gestalten, indem insbesondere Partizipationsrechte der Aktionäre gefördert werden. Hierzu soll die Ausübung der Aktionärsrechte sowie relevante informations- und Entscheidungsprozesse ins Vorfeld der eigentlichen Hauptversammlung verlagert werden, wodurch auch der Prozess der Hauptversammlung entzerrt werden würde.
Das sind die relevantesten Neuerungen des Entwurfs
1. Satzungsregelung Die Präsenzversammlung soll weiterhin die gesetzliche Grundform der Hauptversammlung bilden. Eine virtuelle Hauptversammlung kann künftig nur auf Grundlage einer Regelung in der Gesellschaftssatzung einberufen und abgehalten werden (§ 118a Abs. 1 S. 1 AktG-E). Damit der Vorstand zu der Entscheidung einer virtuellen Hauptversammlung ermächtigt ist, bedarf es, abgesehen in den Fällen der Neugründung einer Gesellschaft, einer Satzungsänderung. Somit können die Aktionäre selbst über die Form und Organisation der Hauptversammlung entscheiden. Wird die Satzung der Gesellschaft entsprechend geändert, hält diese Ermächtigungsgrundlage des Vorstands für maximal fünf Jahre an, um die Legitimation der Entscheidung nach Ablauf einer ersten „Probezeit“ zu erneuern. Nach Ablauf der ersten fünf Jahre sollte seitens des Gesetzgebers von einer weiteren Befristung der Legitimation abgesehen werden, um klarzustellen, dass es sich bei der virtuellen Hauptversammlung gegenüber Präsenzversammlungen um keine „Versammlung zweiter Klasse“ handelt.
2. Bericht des Vorstands Der Vorstand muss spätestens sechs Tage im Vorfeld der virtuellen Hauptversammlung den Vorstandsbericht im Sinne des § 176 Abs. 1 S. 2 AktG bzw. dessen wesentlichen Inhalt den Aktionären zugänglich zu machen (§ 118a Abs. 1 Nr. 5 AktG-E). Dies soll zu einer gesteigerten Transparenz führen und Aktionären die Gelegenheit geben, sich im Vorfeld ausgiebig mit dem Gegenstand der Hauptversammlung auseinanderzusetzen und gegebenenfalls Stellungnahmen, Fragen oder Gegenanträge in Bezug auf Verwaltungsvorschläge vorab einzureichen.
3. Stellungnahme Durch die Neuregelung § 130 a Abs. 1-3, Abs. 8 AktG-E werden die Aktionäre zur Stellungnahme im Vorfeld der virtuellen Hauptversammlung berechtigt. Eine bis spätestens vier Tage vor Beginn der virtuellen Hauptversammlung eingereichte Stellungnahme ist allen Aktionären zugänglich zu machen. Um das Prozedere der Einreichung der Stellungnahmen für die Gesellschaft praktikabel zu halten, ist der Umfang der Stellungnahme auf dessen Angemessenheit beschränkt.
4. Gegenanträge und Wahlvorschläge Der Entwurf sieht ebenfalls vor, dass Gegenanträge im Gegensatz zu normalen Aktionärsanträgen (wie z.B. Geschäftsordnungsanträge) während der Versammlung grundsätzlich nicht mehr zulässig sind, es sei denn, dies wird ausdrücklich durch Einberufung zugelassen (§ 118a Abs. 1 Nr. 3, § 126 Abs. 4 S. 3 AktG-E). Gegenanträge sind anderenfalls nur dann zulässig, wenn diese bis spätestens 14 Tage vor der Hauptversammlung übersandt wurden. Aktionären soll überdies die Möglichkeit eröffnet werden, über Gegenanträge mittels eines internetbasierten Abstimmungsportals abzustimmen.
5. Auskunftsrecht Statt des in der Pandemie geltenden Fragerechts (§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Satz 2 Covid-19-MaßnahmenG) wird durch den Entwurf wieder ein volles Auskunftsrecht der Aktionäre gem. § 130a Abs. 2, § 131 Abs. 1a S. 1 AktG-E entwickelt. Durch elektronische Kommunikation soll gewährleistet werden, dass zu Fragen, die bis zu einer Frist von vier Tagen vorab eingereicht wurden, auch während der Versammlung Nachfragen gestellt werden können. Es bleibt allerdings unklar, ob andere Aktionäre zu den vorab eingereichten Fragen Nachfragen stellen dürfen oder ob das Nachfragerecht auf den die Ausgangsfrage stellenden Aktionär beschränkt ist. Durch den Entwurf wird darüber hinaus das erstmalige Stellen von Fragen während der Versammlung unzulässig. Somit können Fragen ausschließlich auf Grundlage des sechs Tage vorab veröffentlichtem Vorstandsberichts (siehe Nr. 2) gestellt werden. Eine Möglichkeit der Fragestellung während der Versammlung zu tagesaktuellen Entwicklungen der Gesellschaft, die nicht im Bericht erfasst sind, besteht nicht.
6. Redemöglichkeit Den Aktionären ist nach dem Entwurf gemäß § 130a Abs. 4 bis 8 AktG-E während der Versammlung ein Rederecht und die Redemöglichkeit mittels Videokommunikation zu gewähren, um in virtuellen Versammlungen ein Element des Dialogs zu bewahren. Ähnlich wie bei Stellungnahmen oder Fragen ist ein Redebeitrag bis zu einer Frist von vier Tagen vor Beginn der Versammlung anzumelden. Neu regelt der Entwurf ebenfalls, dass Redebeiträge, Fragen und Anträge voneinander getrennt durchgeführt werden sollen, um zu einer einfacheren Organisation und jeweils sachgerechten Behandlung beizutragen.
7. Nichtigkeits- und Anfechtungsgründe Schließlich sieht der Entwurf auch eine Neufassung der Nichtigkeits- und Anfechtungsgründe vor. Neu hinzugekommene Nichtigkeitsgründe in § 241 AktG-E können zum einen in der Unrichtigkeit der Angaben in der Einladung der Aktionäre und deren Bevollmächtigten (§ 121 Abs. 4b S. 1 AktG-E) und zum anderen an der Wahrnehmung des Notars vor Ort (§ 130 Abs. 1a AktG-E) liegen. Darüber hinaus soll sich gemäß § 243 Abs.2 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 AktG-E der Anfechtungsausschluss künftig nur noch auf technische Störungen beschränken. Zudem wurde der Verschuldensmaßstab bezüglich des Ausschlusses des Anfechtungsschutzes dahin gehend verändert, dass neben Vorsatz auch grobe Fahrlässigkeit, die zu einer technischen Störung führt, den Anfechtungsschutz aufhebt. Lauf Auffassung des Gesetzgebers reicht es aus, hierbei einen professionellen Dienstleister mit der technischen Durchführung der Versammlung zu beauftragen. Hiermit soll die Basis geschaffen werden, dass Unternehmen auch weiterhin auf die Möglichkeit der virtuellen Hauptversammlung zurückgreifen und nicht aufgrund von vergleichsweise größerer Anfechtungsrisiken ausschließlich Präsenzversammlungen abgehalten werden.
Kritischer Blick auf den Entwurf
Insgesamt führt ein Großteil der genannten Änderungen zur Entzerrung und gesteigerten Praktikabilität der virtuellen Hauptversammlung. Gleichzeitig werden Aktionären mehr Möglichkeiten zur (frühzeitigen) Teilnahme und Rechteausübung gegeben.
Es ist jedoch anzumerken, dass eine zeitliche Vorverlagerung der Ausübung der Aktionärsrechte und beispielsweise der Ausschluss spontaner Gegenanträge die Debatte zwischen Aktionären und Verwaltung während der Hauptversammlung hindert. Eine Überarbeitung bedarf der Entwurf unter anderem hinsichtlich des Auskunftsrechts der Aktionäre während der laufenden Versammlung (siehe Nr. 5) oder der Aufteilung von Redebeiträgen, Fragen und Anträgen (siehe Nr. 6). Hier wird der Entwurf dem Anspruch des Gesetzgebers, die Aktionärsrechte in der virtuellen Hauptversammlung denen der Präsenzversammlung anzugleichen, nicht gerecht.
Jedoch wird zusammenfassend mit dem Entwurf zum Gesetz eine begrüßenswerte Grundlage geschaffen, die virtuelle Hauptversammlung dauerhaft als Alternative zur herkömmlichen Präsenzversammlung zu etablieren und dabei die Interessen und Rechte der Aktionäre weitgehend zu wahren. Anzumerken ist allerdings noch, dass der Gesetzgeber es versäumt hat, den Entwurf darüber hinaus zu nutzen, um antizipierte Regelungen zu der in der Praxis häufig verwendeten Hybrid-Hauptversammlung zu fassen.
Oliver Köster, LL.M.
Partner
Rechtsanwalt
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