BFH bestätigt Durchgriffsverbot bei Kapitalgesellschaften

  • 19.06.2024
  • Lesezeit 4 Minuten

Mit Urteil vom 22. Februar 2024 (III R 13/23) bestätigt der BFH die Geltung des Durchgriffsverbots im Falle der sogenannten umgekehrten Betriebsaufspaltung.

Eine originär gewerbliche Tätigkeit der Besitzkapitalgesellschaft kann demgemäß auch dann nicht abgeleitet werden, wenn die Betriebspersonengesellschaft mittelbar über eine Kapitalgesellschaft an ihr beteiligt ist. Die Besitzkapitalgesellschaft kann in einem solchen Fall weiterhin von der erweiterten Grundstückskürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 ff. GewStG Gebrauch machen.

Durch das Urteil hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung bestätigt und gefestigt. Dies erfolgte im weitgehenden Einklang mit der Literatur und gibt der Beratungspraxis die notwendige Sicherheit.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt (vereinfacht) zugrunde: Die Klägerin und Revisionsbeklagte, eine immobilienverwaltende GmbH überließ der F GmbH & Co. KG (F-KG) im Wege eines Zwischenmietverhältnisses über deren hundertprozentige Tochter A-GmbH mietweise Teilflächen eines Grundstücks. Die F-KG nutzte diese für die Geschäftsführung und ihre zentralen Verwaltungseinheiten.

Die Gesellschafter der Klägerin waren bis zum 04.11.2015 mit einer Beteiligung zu 47,62 % die natürliche Person F und zu 52,38 % die F-Beteiligungsgesellschaft mbH, eine hundertprozentige Tochter der F-KG. Der Kommanditanteil der F-KG wurde vollständig durch die F-Holding GmbH gehalten, deren Alleingesellschafter bis zum 04.11.2015 wiederum F war.

Für den Veranlagungszeitraum 2015 beanspruchte die Klägerin die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Das zuständige Finanzamt (FA) vertrat die Ansicht, zwischen der Klägerin und der F-KG bestehe eine Betriebsaufspaltung und gewährte die erweiterte Kürzung nicht. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit einer Sprungklage.

Das Finanzgericht München (FG) sah die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung als erfüllt an und gab der Klage statt.

Der BFH schloss sich dem FG an und stellte fest, dass eine Betriebsaufspaltung nicht vorliege, da es an der hierfür erforderlichen personellen Verflechtung seitens der Klägerin gefehlt habe. Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG habe die Klägerin mithin zu Recht beansprucht.

Eine personelle Verflechtung sei nur dann anzunehmen, wenn die das Besitzunternehmen beherrschenden Personen auch eine vorherrschende Stellung bei der Willensbildung im Betriebsunternehmen innehaben. Bei Besitzkapitalgesellschaften ist allein auf deren eigenen wirtschaftlichen Betätigungswillen und dessen Durchsetzbarkeit in der Betriebsgesellschaft abzustellen. Der Rückgriff auf die „hinter“ der Besitzkapitalgesellschaft stehenden Anteilseigner und deren tatsächliche Einflussmöglichkeit auf deren Willensbildung bleibt nach dem Durchgriffsverbot verwehrt. Ebenso steht das Durchgriffsverbot einer Zurechnung der durch die Anteilseigner der Besitzkapitalgesellschaft gehaltenen Anteile an der Betriebsgesellschaft entgegen. Eine Betriebsaufspaltung ist folglich erst ab einer unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung der Besitzkapitalgesellschaft an der Betriebsgesellschaft von über 50% anzunehmen. Eine solche Beteiligung der Klägerin an der Betriebsgesellschaft F-KG lag aber nicht vor.

Gleiches gelte für den Fall der umgekehrten Betriebsaufspaltung, also die Beherrschung der Besitzkapitalgesellschaft durch die Betriebsgesellschaft. Die vorliegende Fallgestaltung in Form der mittelbaren Beteiligung einer Betriebspersonengesellschaft über eine Kapitalgesellschaft an einer Besitzkapitalgesellschaft erlaube weiterhin nicht die Annahme einer personellen Verflechtung. 

Nicht anwendbar sind damit die Grundsätze aus dem BFH-Urteil vom 16.09.2021 (IV R 7/18). In diesem war der IV. Senat von seiner bisherigen Rechtsprechung abgerückt und hatte entschieden, dass für die mittelbare Beteiligung an einer Besitzpersonengesellschaft über eine Kapitalgesellschaft das Durchgriffsverbot nicht mehr gelte. 

Für die Praxis ergibt sich damit die Konsequenz, dass bei einer Besitzgesellschaft in der Rechtsform einer Personengesellschaft eine für die Betriebsaufspaltung erforderliche personelle Verflechtung (ab dem VZ 2024) auch dann vorliegen kann, wenn die Beteiligung mittelbar über eine Kapitalgesellschaft erfolgt.

Ist die Besitzgesellschaft hingegen eine Kapitalgesellschaft, so fehlt es an einer personellen Verflechtung, wenn diese selbst nicht zu mindestens 50 % unmittelbar oder mittelbar an der Betriebsgesellschaft beteiligt ist. Das Durchgriffsverbot bleibt in diesem Fall bestehen und ermöglicht grds. weitergehende Gestaltungsspielräume. 
 

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Autoren dieses Artikels

Uwe Roth

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Steuerberater

Stefan Lehner

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