Arbeitsgericht zu teurem Vertragsfehler im Profifußball: Unwirksame Befristung ermöglicht Vereinswechsel

Karsten TillRecht

Das Arbeitsgericht Mannheim entschied am 26. Juni 2024 (Az. 5 Ca 73/24), dass eine Befristungsabrede im Arbeitsvertrag schriftlich und eindeutig erfolgen muss. Fehlt diese, gilt das Arbeitsverhältnis als unbefristet und ist ordentlich kündbar. Einen Anspruch auf Abgabe einer Freigabeerklärung sprach das Gericht dem Spieler jedoch nicht zu. Im Profifußball unterliegen Arbeitsverhältnisse keinen besonderen Regelungen, sondern folgen den allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen.

Im Profifußball ist die Planungssicherheit für Vereine entscheidend. Klare Vertragslaufzeiten mit Spielern sind essenziell, um sicherzustellen, dass Schlüsselspieler während der Saison zur Verfügung stehen.

Zum Sachverhalt

Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Abgabe einer Freigabeerklärung.

Der Kläger, ein Profifußballspieler, schloss zwei Verträge mit dem Beklagten, einem Fußballverein. Der Vertragsspielervertrag für die 3. Bundesliga enthielt keine Angabe zur Befristungsdauer, sondern eine automatische Verlängerungsoption bis 2026. Der Lizenzspielervertrag für die 2. Bundesliga sah eine Befristung bis 2025 vor. Der Kläger spielte ausschließlich in der 3. Bundesliga.

Der Kläger kündigte sein Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30. Juni 2024, um den Verein zu wechseln, und beantragte die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis beendet ist, sowie die Abgabe einer Freigabeerklärung („Zu erklären, dass der Kläger zum Ablauf des 30. Juni 2024 bei ihm als Profispieler ausscheidet und er zur Erteilung einer Spielererlaubnis/-lizenz für einen neuen Fußballclub freigegeben wird.“).

Der Beklagte wies die Kündigung zurück und argumentierte, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 2024 hinaus bestünde. Ein ordentliches Kündigungsrecht während der Befristung sei nicht vereinbart worden. Schließlich sei die Berufung auf den Formmangel treuwidrig. Für die Freigabeerklärung fehle dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis, da die Freigabe durch den bisherigen Arbeitgeber nach den verbandsrechtlichen Statuten entbehrlich sei, wenn ein gerichtliches Urteil oder ein gerichtlicher Vergleich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses feststellt.

Zur Lösung

Der Kläger hatte mit seinem Antrag auf Feststellung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses Erfolg, während der Antrag auf Abgabe einer Freigabeerklärung unzulässig war.

1.

Die Kündigung ist nicht unstatthaft gemäß § 15 Abs. 4 TzBfG. Ein befristetes Arbeitsverhältnis kann nur ordentlich gekündigt werden, wenn dies vereinbart ist. Fehlt eine solche Vereinbarung, ist nur eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 BGB möglich.

Vorliegend ist kein befristetes Arbeitsverhältnis gegeben. Allein der Vertragsspielervertrag ist die Grundlage des Arbeitsverhältnisses; dieser enthält keine rechtswirksame Befristung.

a) 

Selbst wenn eine Befristung des Vertragsspielervertrags  mündlich auf den 30. Juni 2025 vereinbart wurde, ist diese ohne Einhaltung der in § 14 Abs. 4 TzBfG vorgesehenen Schriftform unwirksam, sodass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entsteht, § 16 S. 1 TzBfG.

Der Beklagte kann sich nicht auf den Lizenzspielervertrag, in dem ein Vertragsende auf den 30. Juni 2025 schriftlich vereinbart wurde, berufen, da dessen vertraglicher Geltungsbereich nicht eröffnet ist.

b) 

Eine Auslegung des Vertragsspielervertrags führt nicht zu einer formwirksamen Befristung. Ein formgerecht erklärter Wille, das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 2025 zu befristen, lässt sich dem schriftlichen Vertragsspielervertrag nicht entnehmen. Der Beklagte beruft sich darauf, dass sich aus der Verlängerungsklausel des Vertragsspielervertrages eine vorangegangene Befristungsvereinbarung ergebe. Diese Schlussfolgerung ist aber nicht zwingend. Die Klausel setzt bestenfalls die Vereinbarung einer Befristung voraus, die es nicht gibt.

Selbst wenn es sich hierbei um ein Versehen gehandelt haben sollte, können versehentlich weggelassene Abreden oder formunwirksam getroffene Nebenabreden nicht im Wege der Auslegung zum Inhalt der Erklärung gemacht werden. Dem Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG kommt eine Klarstellungs-, Beweis- und Warnfunktion zu. Es soll unnötiger Streit über das Vorliegen und den Inhalt der Befristungsabrede vermieden werden.

c) 

Die Ausübung des Kündigungsrechts durch den Kläger ist nicht treuwidrig. Die Geltendmachung der Unwirksamkeit einer Befristungsabrede verstößt nicht gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB. Der Beklagte kann dem Kläger nicht widersprüchliches Verhalten vorwerfen, weil er eine anderweitige Erklärung im Rahmen des Lizenzspielervertrags und mündliche Vereinbarungen getroffen habe. Vertragsschluss und Klage sind nicht widersprüchlich. Auch dass der Kläger die formunwirksame Befristung erst ein Jahr nach Vertragsunterzeichnung moniert habe, steht der Geltendmachung der Unwirksamkeit nicht entgegen. § 17 TzBfG bestimmt, dass die Unwirksamkeit einer Befristung innerhalb von drei Wochen nach Vertragsende gerichtlich geltend zu machen ist. Ist die Frist noch nicht abgelaufen, kann der Arbeitgeber nicht darauf vertrauen, der Arbeitnehmer werde die Unwirksamkeit der Befristung nicht mehr geltend machen.

2.

Dem Antrag auf Abgabe einer Freigabeerklärung fehlt es an der zivilprozessualen Bestimmtheit und dem Rechtsschutzbedürfnis.

a) 

Ein auf Abgabe einer Willenserklärung gerichteter Antrag ist bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn er so formuliert ist, dass der Inhalt der nach § 894 S. 1 ZPO fingierten Erklärung klar ist. Der Inhalt der begehrten Erklärung muss im Klageantrag so wiedergegeben sein, dass die Erklärung mit der Rechtskraft des stattgebenden Urteils als abgegeben gilt. Genügt der Antrag diesen Anforderungen nicht, kann ein antragsgemäßes Urteil die Rechtswirkungen des § 894 ZPO nicht auslösen. Der Antrag des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht. Es ist nicht ersichtlich, wem gegenüber die Erklärung abgegeben werden soll und welchen konkreten Inhalt die begehrte Freigabeerklärung haben soll.

b) 

Soweit es um die Erklärung geht, dass der Kläger mit Ablauf des 30. Juni 2024 ausscheidet, ist diese Frage bereits Gegenstand des Feststellungsantrags. Ein zusätzliches Rechtsschutzinteresse an einer weiteren Erklärung besteht nicht.

Praxishinweis

Arbeitgeber sollten Befristungsabreden stets schriftlich fixieren, inklusive einer klaren Befristungsdauer oder eines definierten Endtermins. Eine Vernachlässigung dieser rechtlichen Anforderungen kann das Arbeitsverhältnis ungewollt als unbefristet gelten lassen und somit dem Arbeitnehmer ein ordentliches Kündigungsrecht einräumen.

Das Schriftformerfordernis, eine zentrale Säule im Arbeitsrecht, bleibt unverändert kritisch – auch nach der Einführung des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG IV). Arbeitgeber sind gut beraten, ihre Vertragspraktiken regelmäßig zu überprüfen und anzupassen, um auf der sicheren Seite zu stehen und die Leistungsfähigkeit ihrer Mannschaften langfristig zu sichern.
 

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