Neue Grenzgängerregelung im Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich
Aufgrund der steigenden Flexibilität in der Arbeitswelt wurde die Grenzgängerbesteuerung neu geregelt. Unter Berücksichtigung dieser neuen Regelung ist es nun nicht mehr notwendig, jeden Tag über die deutsch-österreichische Grenze zu pendeln, um von der Grenzgängerregelung zu profitieren.
In einer neuen Konsultationsvereinbarung, die vom Bundesministerium der Finanzen am 20. Dezember 2023 veröffentlicht wurde, werden nun Zweifelsfragen bezüglich der Auslegung der neuen Grenzgängerregelung näher erläutert. Die wichtigsten Punkte in Verbindung mit Art. 15 Abs. 6 DBA Deutschland/Österreich werden im Folgenden vorgestellt.
Was versteht man unter „Nähe der Grenzzone“:
- Die Grenzzone umfasst 30 km (beiderseits der Grenze). In den Anlagen 1 und 2 der Konsultationsvereinbarung werden die Gemeinden konkret genannt, die unter die Grenzzone fallen. Befinden sich der Arbeitsort und Hauptwohnsitz in einer der in der Anlage 1 beziehungsweise Anlage 2 genannten Gemeinden ist die Grenzgängerregelung dem Grund nach anwendbar.
Was versteht man unter einem Hauptwohnsitz:
- Der Hauptwohnsitz muss im Ansässigkeitsstaat in der Grenzzone liegen und dem Lebensmittelpunkt entsprechen.
- Begründet ein Arbeitnehmer lediglich einen Zweitwohnsitz in der Nähe der Grenze (Grenzzone) im Ansässigkeitsstaat reicht dies für die Inanspruchnahme der Grenzgängerregelung nicht aus, da bei der Zweitwohnung der Lebensmittelpunkt nicht gegeben ist.
Prüfschritt 1 – Was versteht man unter „Tätigkeitsausübung üblicherweise in der Grenzzone“ – 45-Tage-Grenze:
- Die Tätigkeit muss üblicherweise im vollen Kalenderjahr in der Grenzzone (siehe Anlage 1 und Anlage 2 zur Konsultationsvereinbarung) ausgeübt werden. Auf welcher Seite der Grenze die Tätigkeit erfolgt, ist unerheblich. Eine Mindestanzahl an Grenzübertritten ist nicht erforderlich.
- Von „üblicherweise“ spricht man, wenn ein Arbeitnehmer während des Kalenderjahres nicht mehr als 45 Arbeitstage ganz oder teilweise außerhalb der Grenzzone tätig war.
- Unter „Arbeitstagen“ versteht man die tatsächlichen Arbeitstage pro Kalenderjahr. Keine Arbeitstage sind z.B. Krankheits- und Urlaubstage oder Tage für Elternzeit.
- Nur teilweise verbrachte Arbeitstage außerhalb der Grenzzone sowie die Fahrzeiten aufgrund einer Geschäftsreise außerhalb der Grenzzone sind in die Grenze von 45 Arbeitstagen einzubeziehen.
- Sollte ein Arbeitnehmer am Wochenende nach einer Geschäftsreise nicht nach Hause fahren, so sind diese Tage jedoch nicht in die 45-Tage-Grenze einzubeziehen, auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer Aufwandsentschädigungen für diese Tage erhält. Es ist wichtig, dass der Arbeitnehmer an diesen Tagen nicht arbeitet.
- Bei mehreren Arbeitsverhältnissen ist jedes Arbeitsverhältnis separat zu betrachten.
Prüfschritt 2 – Begrenzung der 45-Tage-Grenze auf höchstens 20 Prozent der tatsächlichen Arbeitstage:
- Zusätzlich zur 45-Tage-Grenze dürfen höchsten 20 Prozent der tatsächlichen Arbeitstage pro Arbeitsverhältnis außerhalb der Grenzzone verbracht worden sein, wenn der Arbeitnehmer im Kalenderjahr nicht komplett in der Grenzzone beschäftigt war.
- Bei der Ermittlung der 20-Prozent-Begrenzung sind zunächst die tatsächlichen Arbeitstage zu ermitteln und im zweiten Schritt die Höchstgrenze von 20 Prozent anzuwenden.
Wichtig: Es sind beide Schritte notwendig, um die Anwendung der Grenzgängerregelung zu prüfen.
Folgende Besonderheiten sind zu beachten:
- Teilzeitbeschäftigte, die lediglich die tägliche Arbeitszeit reduzieren, unterliegen den oben genannten Grenzen.
- Bei Teilzeitbeschäftigten, die nur tageweise arbeiten, ist die Höchstgrenze anhand der 20-Prozent-Regelung zu berechnen.
- Bei Zuzug in die Grenzzone oder Wegzug aus der Grenzzone während eines Kalenderjahres wird bei der Ermittlung der Höchstgrenze nur der jeweilige Zeitraum des Vorhandenseins des Hauptwohnsitzes in der Grenzzone betrachtet. Hier sind, wie oben beschrieben, die tatsächlichen Arbeitstage, die Tage außerhalb der Grenzzone und die Höchstgrenze zu ermitteln. Der Tag vor dem Zuzug in die Grenzzone beziehungsweise Wegzug aus der Grenzzone bleibt bei der Ermittlung der tatsächlichen Arbeitstage und bei der Ermittlung des Tätigwerdens außerhalb der Grenzzone außer Ansatz.
- Der Ansässigkeitswechsel innerhalb der Grenzzone von einem Staat in den anderen Staat führt zu einer isolierten Betrachtung. Somit müssen zwei Zeiträume betrachtet werden.
- Vereinfachungsregelungen:
- Wenn ein Arbeitnehmer ganzjährig an mindestens fünf Tagen pro Woche beim selben Arbeitnehmer beschäftigt ist, kann aus Vereinfachungsgründen auf die 45 Arbeitstage abgestellt werden. Die Höchstgrenze von 20 Prozent muss nicht zusätzlich geprüft werden.
- Dies gilt jedoch nicht, wenn
- das Arbeitsverhältnis nicht das komplette Kalenderjahr bestand
- der Zu- oder Wegzug (Grenzzone) innerhalb eines Kalenderjahres erfolgte
- der Umzug von der Grenzzone eines Staates in die Grenzzone eines anderen Staates in einem Kalenderjahr erfolgte
- in Fällen von Elternzeit, längerer Krankheit etc.
Dokumentationspflicht:
Der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber müssen die Anzahl der tatsächlichen Arbeitstage sowie die Anzahl der Arbeitstage außerhalb der Grenzzone dokumentieren. Sollte die Grenzgängereigenschaft in einem Kalenderjahr teilweise nicht vorliegen, so geht der Status des Grenzgängers für das komplette Kalenderjahr verloren und der Arbeitslohn ist entsprechend aufzuteilen.
Wir empfehlen Arbeitnehmern und Arbeitgebern eine detaillierte Prüfung und gegebenenfalls Beratung, um eine möglicherweise zu erfolgende Besteuerung im Tätigkeitsstaat festzustellen und durchzuführen.