Höhe der Säumniszuschläge verfassungswidrig?
- 25.01.2022
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Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der sog. Vollverzinsung mit einem Zinssatz von 6 % p.a. von Steuernachforderungen und -erstattungen aus dem vergangenen Jahr mit der dem Gesetzgeber auferlegten Verpflichtung, die Höhe des Zinssatzes rückwirkend ab dem 1. Januar 2019 neu zu regeln, strahlt nunmehr gegebenenfalls auch auf Säumniszuschläge aus.
Säumniszuschläge entstehen nach den Regelungen der Abgabenordnung, wenn Steuern nicht fristgerecht bis zum Fälligkeitstag entrichtet werden. Der Säumniszuschlag beträgt ein Prozent der zu entrichtenden Steuer für jeden angefangenen Monat der Säumnis, wobei der verspätete Geldeingang auf den Konten der Finanzverwaltung bei Zahlung durch Überweisung von bis zu drei Tagen nicht zu einem Säumniszuschlag führt. Der Säumniszuschlag soll einerseits auf eine fristgerechte Zahlung hinwirken, andererseits aber auch etwaige Zinsvorteile und zusätzlichen Verwaltungsaufwand bei einer verspäteten Zahlung entgelten.
Das Finanzgericht Münster hat nunmehr in einem Beschluss vom 16.12.2021 (12 V 2684/21 AO) verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Säumniszuschlags geäußert, soweit der im Zuschlag enthaltene Zinsanteil betroffen ist. Das Gericht verweist insofern auf verschiedene Beschlüsse des Bundesfinanzhofs, der ebenfalls bereits Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des enthaltenen Zinsanteils geäußert hat. Nach Ansicht des Finanzgerichts Münster kann es allerdings nur eine einheitliche Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge insgesamt geben, eine isolierte Beurteilung des Zinsanteils sei nicht möglich.
Nunmehr hat der Bundesfinanzhof über die Beschwerde zu entscheiden. Dort sind bereits mehrere Verfahren anhängig, die die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge zum Gegenstand haben (VII R 55/20, VII R 19/21 und VII R 21/21). Es bleibt hierbei abzuwarten, ob der Bundesfinanzhof die verfassungsrechtlichen Bedenken teilt und damit diese Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegt.
Soweit daher Säumniszuschläge wegen verspäteter Zahlung entstehen, sollte ein Einspruch unter Bezugnahme auf die anhängigen Verfahren eingelegt werden. Verfahrensrechtlich besteht hier die Besonderheit, dass Säumniszuschläge von Gesetzes wegen entstehen und nicht durch Bescheid gesondert festgesetzt werden. Daher ist in der Regel vor Einlegung eines Einspruchs ein sog. Abrechnungsbescheid zu beantragen, gegen den dann ein Einspruch möglich ist.