Regulierung in der Edelmetallbranche: Neues Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz (FISG) sieht Prospektpflicht für „verzinsliche Edelmetallanlagen“ vor

  • 11.02.2021
  • Lesezeit 4 Minuten

Mit dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetz, kurz: FISG), soll das durch die neuerlichen Manipulationsskandale von Kapitalmarktunternehmen erschütterte Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt wieder gestärkt werden. Wesentlicher Regelungsgehalt ist, neben einer gesetzlichen Verschärfung der Bilanzkontrolle und der Abschlussprüfung, die Erweiterung der Regulierung des sogenannten grauen Kapitalmarktes – insbesondere von Kapitalanlagemodellen im Bereich der Edelmetalle. Vor dem Hintergrund der jüngsten Vorkommnisse im Zusammenhang mit verzinslichen Edelmetallanlagen sollen künftig bestimmte Edelmetall-Investments einer Prospektpflicht unterfallen. Die Gesetzesänderung soll am 1. Juli 2021 in Kraft treten. Welche Edelmetall-Anlagemodelle hiervon betroffen sind und welche nicht, soll nachfolgend erläutert werden. Edelmetallanbieter und -verwahrer sollten nun ihre aktuellen Angebote zu Edelmetall-Anlagen dahin gehend prüfen, ob diese künftig einer Prospektpflicht unterliegen.

Änderung des VermAnlG

Der Regierungsentwurf sieht in Artikel 3 FISG eine Änderung des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) dergestalt vor, dass vom Begriff der Vermögensanlage künftig auch Anlagen erfasst werden, „die im Austausch für die zeitweise Überlassung von Geld oder handelsüblichen Edelmetallen eine Verzinsung und Rückzahlung, eine Verzinsung und Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen, einen vermögenswerten Barausgleich oder einen vermögenswerten Ausgleich durch die Herausgabe von handelsüblichen Edelmetallen gewähren oder in Aussicht stellen.“

Betroffene Anlagemodelle und Konsequenzen

Dies hat zur Folge, dass künftig Geschäftsmodelle, bei denen Edelmetalle zusammen mit einer Zinszahlung in Geld oder in Form weiterer Edelmetalle als vermögenswerter Ausgleich ausgekehrt werden, als Vermögensanlage eingestuft werden und grundsätzlich einer Prospektpflicht nach dem VermAnlG unterfallen. Nach unserer Einschätzung sind hiervon sowohl Anlagemodelle mit einer endfälligen als auch mit einer laufenden Verzinsung erfasst, etwa die Ausgestaltung als Sachdarlehen. Hierbei überlässt der Anleger als Darlehensgeber dem Anbieter als Darlehensnehmer handelsübliche Edelmetalle als vertretbare Sachen. Der Anbieter zahlt dem Anleger im Gegenzug ein Darlehensentgelt bzw. -zins und hat bei Fälligkeit Edelmetalle der gleichen Art, Güte und Menge zurückzuerstatten. Die Zinszahlung kann hierbei sowohl in Geld als auch in Edelmetallen erfolgen.

Gesetzesbegründung

Begründet wird die beabsichtigte Regulierung damit, dass die Geschäftsmodelle einiger Edelmetallanbieter bzw. -verwahrer und die hiermit einhergehenden Betrugsskandale in jüngster Vergangenheit aufgezeigt haben, dass mit derartigen Edelmetall-Anlagemodellen ein hohes Missbrauchspotential verbunden sei und eine Stärkung des Anlegerschutzes erforderlich mache. Der Entwurfsverfasser geht davon aus, dieses erhöhte Missbrauchsrisiko bestehe in erster Linie bei Geschäftsmodellen, welche neben der Herausgabe der Edelmetalle am Ende der Laufzeit eine zusätzliche Renditekomponente, in Form einer Zinszahlung in Geld oder als vermögenswerter Ausgleich, etwa in Form weiterer Edelmetalle, aufweisen. Durch die künftig geltende Verpflichtung zur Erstellung eines Verkaufsprospekts nach § 6 VermAnlG und eines Vermögensanlagen-Informationsblatts nach § 12 VermAnlG sowie Billigung bzw. Gestattung derselben durch die BaFin vor Veröffentlichung, sollen Informationsasymmetrien zwischen Anbieter und Anleger abgebaut werden. Dies hat zur Folge, dass unseriöse Produkte leichter erkannt und eingedämmt werden und Umgehungsversuche unterbunden werden können.

Erfasste Edelmetalle

Der neu einzufügende Tatbestand soll diejenigen Anlageformen erfassen, welche mit den anderen Fällen des § 1 Abs. 2 VermAnlG wirtschaftlich vergleichbar sind. Das heißt solche, denen eine Monetisierungsfunktion bzw. geldähnliche Bedeutung zukommt. Dies umfasst ausweislich der Begründung handelsübliche, bei Banken und Edelmetallhändlern handelbare Edelmetalle mit Finanz- oder Kapitalmarktbezug, insbesondere Gold, Silber, Platin und Palladium. Diesen kommt im Zuge der Auskehr regelmäßig in Barren oder Münzen – in Abgrenzung zu Schmuck oder anderen Sachgütern – eine gesteigerte Investmentkomponente zu. Der Schwerpunkt liegt also auf dem  Sachwert des physischen Rohstoffes und der Eigenschaft als werthaltiges Geldmedium. Explizit erfasst sind auch Anlagemodelle, bei denen Edelmetalle bereits zu Beginn oder anlässlich der Transaktion gekauft oder erst später ausgekehrt werden.

Prospektfreie Anlagemodelle

Ausdrücklich nicht erfasst bleiben weiterhin „klassische Verwahrverträge oder der reine Kauf und Verkauf von physischen Edelmetallen“, oder daraus hergestellten Produkten als Bestandteil der Realwirtschaft ohne tatsächlichen Bezug zum Finanz- oder Kapitalmarkt. Hierbei werde regelmäßig lediglich eine Schutz- und physische Aufbewahrungsfunktion erfüllt, sodass der Entwurfsverfasser – unseres Erachtens zurecht – von einem wesentlich geringeren Missbrauchsrisiko ausgeht. Weiterhin prospektfrei bleibt daher der bloße An- und Verkauf sowie die Verwahrung von Edelmetallen ohne Renditekomponente wie etwa klassische Depotverträge oder Ansparpläne.

Ausblick: Regulierung in der Edelmetallbranche

Die Regulierung der „verzinslichen Edelmetall-Anlagemodelle“ unterwirft diese künftig grundsätzlich einer Verpflichtung zur Erstellung und Billigung eines Verkaufsprospekts sowie zur Erstellung und Gestattung eines Vermögensanlagen-Informationsblatts. Gleichwohl bleibt für solche Angebote, auch unter Anwendung des VermAnlG, eine prospektfreie Ausgestaltung unter Inanspruchnahme von Ausnahmetatbeständen – etwa nach § 2 VermAnlG – weiterhin denkbar, soweit dessen spezifischen Voraussetzungen berücksichtigt werden.
 

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