BFH nimmt zum Ende der Gewerbesteuerpflicht von Personengesellschaften Stellung – insbesondere im Zusammenhang mit Schifffahrts-Gesellschaften

  • 03.05.2024
  • Lesezeit 4 Minuten

In dem Urteil vom 22.02.2024 (IV R 14/21) entschied der BFH im Rahmen der Gewerbesteuer über den Umfang der Fiktion des § 7 S. 3 GewStG.

Sachverhalt

In dem Urteil vom 22.02.2024 (IV R 14/21) entschied der BFH im Rahmen der Gewerbesteuer über den Umfang der Fiktion des § 7 S. 3 GewStG. Es ging in dem entschiedenen Fall um eine Schifffahrts-KG, die ihren Gewinn nach § 5a Abs. 1 EStG mithilfe der Tonnagebesteuerung ermittelte. Klägerin und Revisionsbeklagte war dabei eine GmbH, die als haftende Komplementärin der KG ohne Gewinn- oder Verlustbeteiligung fungierte. 

Die Besteuerung nach Tonnage bedeutete unter anderem, dass die Vergütungen der Gesellschafter der KG gem. §§ 5a Abs. 4a S. 3, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG den Gewinn hinzuzurechnen waren. 

Im April des Streitjahrs 2016 veräußerte und übergab die KG ihr Schiff und beendete ihre werbende Tätigkeit. In ihrer Gewerbesteuererklärung des Jahres 2016 berücksichtigte die KG die Haftungsvergütung an die GmbH gem. §§ 5a Abs. 4a S. 3, 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG daher nur anteilig entsprechend der Monate der werbenden Tätigkeit von Januar bis April. 

Das Finanzamt als Beklagter und Revisionskläger auf der anderen Seite berücksichtigte die Haftungsvergütung an die Klägerin in vollem Umfang, also für das gesamte Streitjahr als hinzuzurechnende Sondervergütung, obwohl ab April sachlich kein Gewerbebetrieb mehr bestand. Das Finanzamt begründete seinen Vortrag damit, dass § 7 S. 3 GewStG konstitutive Wirkung nicht nur für den Gewerbeertrag, sondern auch für das Bestehen eines Gewerbes habe. 

Streitfrage

Streitig war, inwiefern § 7 S. 3 GewStG nicht nur den Gewerbeertrag, sondern auch das Bestehen eines Gewerbes fingiert. Wenn dies zu bejahen wäre, müsste die KG für das gesamte Streitjahr, auch nach Verkauf des Schiffs, die Haftungsvergütung an die Klägerin zum Gewinn hinzurechnen. 

Entscheidung des BFH

Der BFH stellt in seiner Entscheidung zunächst fest, wonach sich das Einstellen des Gewerbetriebs richtet und dass der Verkauf in dieser Hinsicht das maßgebliche Ereignis war. Folgend führt der BFH an, dass der Wortlaut des § 7 S. 3 GewStG nicht erkennen lässt, dass eine Regelung zum Beginn und Ende der sachlichen Gewerbesteuerpflicht getroffen werden soll. Stattdessen setzt die Vorschrift das Bestehen eines Gewerbetriebs voraus. 

Das Wesen der Gewerbesteuer ist es nach Ansicht des BFH, den stehenden, operativ tätigen Gewerbebetrieb zu besteuern. Daran kann auch die Pauschalität der Gewinnermittlung nach der Tonnagesteuer nichts ändern. Im Vergleich zu Kapitalgesellschaften bestehe für eine Personengesellschaft, auch wenn sie zur Besteuerung nach § 5a Abs. 1 EStG optiert hat, keine gesetzliche Grundlage, sie in vollem Umfang und unabhängig vom Bestehen eines stehenden Gewerbebetriebs als Gewerbebetrieb zu behandeln und der Gewerbesteuer zu unterwerfen. 

Ergebnis und Beratungsansätze

Nach Ansicht des BFH fingiert § 7 S. 3 GewStG keinen Gewerbebetrieb nach Einstellung der werbenden Tätigkeit, sondern setzt einen solchen voraus. Gewinne aus Sondervergütungen gem. § 5a Abs. 4a S. 3 EStG (beispielsweise Haftungsvergütungen an eine GmbH als Komplementärin), die auf den Zeitraum nach der Einstellung der werbenden Tätigkeit fallen, sind daher nicht zum Gewerbeertrag hinzuzurechnen und der Gewerbesteuer zu unterwerfen. 

Die Entscheidung des BFH ist nicht nur für Schifffahrtsunternehmen relevant, sondern für alle gewerbesteuerpflichtigen Personengesellschaften. Für diese gilt, dass das Ende der Gewerbesteuerpflicht nicht zwangsläufig mit der Betriebsaufgabe zusammenfallen muss, sodass sich ein Auseinanderfallen von Gewerbesteuerpflicht und Ertragsteuerpflicht ergeben kann. Dies gilt gleichermaßen auch für den Beginn der Tätigkeit einer Personengesellschaft, weil die Gewerbesteuerpflicht an die Marktteilnahme knüpft.
 
Folglich sollten die Tätigkeiten von Personengesellschaften – in Abhängigkeit davon, ob zu Beginn oder zum Ende der operativen Tätigkeiten Gewinne oder Verluste erzielt werden – daraufhin untersucht werden, ob (noch bzw. schon) gewerbliche Tätigkeiten vorliegen.
 

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Autor dieses Artikels

Matthias Chuchra, LL.M. (com.)

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