Hinzurechnungsbesteuerung: Substanznachweis auch bei Drittstaatenfällen möglich
Mit Schreiben vom 17. März 2021 ermöglicht es das Bundesfinanzministerium Steuerpflichtigen auch für Tochtergesellschaften im Drittland, bei an sich passiven Einkünften mit einem Substanznachweis eine Hinzurechnungsbesteuerung der Einkünfte abzuwehren. Welche Nachweispflichten gelten bei sinngemäßer Anwendung solcher Drittstaatenfälle für steuerpflichtige Unternehmen und welche Anforderungen an die Amtshilfe sind gegeben?
Sinngemäße Anwendung in Drittstaatenfällen
Einkünfte von Zwischengesellschaften, also ausländischen Kapitalgesellschaften mit passiven Einkünften und einer niedrigen Steuerbelastung, sind in Deutschland aufgrund der Regelungen des Außensteuergesetzes den steuerpflichtigen Einkünften der Gesellschafter unter bestimmten Bedingungen hinzuzurechnen.
Soweit die Tochtergesellschaft im EU/EWR-Ausland ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung hat, kann durch einen Substanznachweis nach § 8 Abs. 2 AStG für die Tochtergesellschaft die Hinzurechnungsbesteuerung verhindert werden. Bei Drittstaatenfällen bleibt die Möglichkeit des Gegenbeweises danach verschlossen. Dies resultiert daraus, dass der Gesetzgeber nur die Niederlassungsfreiheit als Maßstab für die Hinzurechnungsbesteuerung angesehen hat.
Der Bundesfinanzhof hat mit Urteilen vom 22. Mai 2019 (I R 11/19) und 18. Dezember 2019 (I R 59/17) unter anderem entschieden, dass die Hinzurechnung von Einkünften in Drittstaatenkonstellationen an der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen ist.
Das Bundesministerium der Finanzen hat aufgrund dieser Urteile die Anweisung erteilt, dass die Vorschrift zum Substanznachweis nach Paragraph 8 Absatz 2 AStG bei Beteiligungen an Gesellschaften, die in Drittstaaten ansässig sind, bei Vorliegen der nachfolgend dargestellten weiteren Voraussetzungen ebenfalls sinngemäß anzuwenden ist.
Nachweispflichten für Steuerpflichtige
Der Steuerpflichtige hat nachzuweisen, dass die Zwischengesellschaft im Aufnahmestaat einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen muss. Dazu gehören insbesondere:
- Gezielte Nutzziehung der Ressourcen im Aufnahmestaat (gut ausgebildetes Personal, günstige Produktionsbedingungen etc.)
- Personell angemessene Ausstattung
- Sachlich angemessene Ausstattung
- Die wesentlichen unternehmerischen Entscheidungen müssen durch die ausländische Gesellschaft selbst getroffen werden.
Außerdem hat der Steuerpflichtige nachzuweisen, dass die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft keine rein künstliche Gestaltung darstellt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung liegt eine solche rein künstliche Gestaltung in jeder Vorkehrung, deren Hauptziel es ist, Gewinne künstlich in Gebiete mit niedrigem Besteuerungsniveau zu transferieren. Es wird daher auch im Drittstaatenfall stets erforderlich sein, triftige wirtschaftliche Gründe (nicht steuerliche Gründe) für die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft nachzuweisen.
Anforderungen an die Amtshilfe in Drittstaatenfällen
Ebenso wie im EU/EWR-Fall muss durch Amtshilfe gewährleistet sein, dass der deutsche Fiskus die Richtigkeit der Angaben zur ausländischen zwischen Gesellschaft überprüfen kann. Innerhalb der EU ist dies durch die Regelungen der Amtshilferichtlinie stets gegeben.
Nach Auffassung der Finanzverwaltung sind Verpflichtungen eines Drittstaates nur dann als hinreichend im Sinne des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift anzusehen, wenn diese
- einen rechtlichen Rahmen für die Zusammenarbeit und einen Informationsaustausch begründen und
- die deutschen Steuerbehörden tatsächlich die Möglichkeit haben, gegebenenfalls die Richtigkeit der Informationen im Einzelfall zu überprüfen (tatsächliche Verifikationsmöglichkeit).
Soweit die Amtshilferichtlinie nicht zum Tragen kommt, gewährleisten den Informationsaustausch in ausreichendem Umfang insbesondere Regelungen in denjenigen Doppelbesteuerungsabkommen, welche Artikel 26 Absatz 1 OECD-Musterabkommen entsprechen (sog. großer Informationsaustausch). Diese große Auskunftsklausel wurde in der Regel bei Abkommen mit Industrienationen vereinbart. Sie erstreckt sich auf alle Auskünfte, die zur Anwendung der DBA oder des innerstaatlichen Rechts eines Vertragsstaates über die unter das Abkommen fallenden Steuern erforderlich sind. Dementsprechend können auch Auskünfte über die Richtigkeit von Tatsachenbehauptungen oder über Beweismittel angefordert werden. Somit sollte diese formale Voraussetzung für den Gegenbeweis in der Regel erfüllt sein – eine Einzelfallprüfung ist dennoch unerlässlich.