Was sind also die konkreten steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Folgen der BFH-Entscheidung sowie der Rn. 9d des BMF-Schreibens vom 28. Juni 2018?
2.1 Ebene des Zuwendenden (Baker Tilly Mandat)
a. Eine Pauschalierung der Prämien aus dem jeweiligen Modell mit § 37b EStG auf Ebene des Baker Tilly Mandats scheidet aus.
b. Bisher abgeführte Pauschalsteuern für derartige Zuwendungen sind zu Unrecht abgeführte Steuerleistungen und es besteht ein Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO.
c. Verschiebung der Lohnversteuerung/Sozialversicherung auf die Ebene des Vertriebspartners.
2.2 Ebene des Vertriebspartners (Autohaus)
a. Auf Ebene des jeweiligen Autohauses bildet die Prämie sog. unechten Drittlohn, da das Baker Tilly -Mandat in Abstimmung mit dem Autohaus an deren Mitarbeiter zuwendet.
b. Der Vertriebspartner als Arbeitgeber des vermittelnden Mitarbeiters muss daher die Lohnversteuerung sowie eine etwaige Verbeitragung in der Sozialversicherung vornehmen.
c. Höhere Steuern- und Abgabenlast in Abhängigkeit der Versteuerungsart.
In Summe bedeutet dies: Viele Unternehmen, welche an derartigen Modellen weiterhin festhalten, generieren fortlaufend Steuer- & Sozialversicherungsrisiken für ihre Vertriebspartner bzw. haben sie in der Vergangenheit (beginnend ab 2018) diesen Risiken ausgesetzt.
3. Praxishinweise
Die dargestellte Thematik betrifft somit zumeist den aktuellen Prüfungszeitraum einer kommenden und stattfindenden Lohnsteueraußenprüfung. Damit wird die Lage besonders brisant, wenn der Prüfer sodann die bisherige Pauschalversteuerung zurückdreht und die Versteuerung auf Ebene der Vertriebspartner fordert oder im Wege von Kontrollmitteilungen umsetzt. Dabei zu beachten ist auch das für Beitragsnachforderungen in der Sozialversicherung, welche älter als 3 Monate sind, der Vertriebspartner als Arbeitgeber allein haftet (Beitragsüberrollung).
Damit sind in Bezug auf eine relevante Tax Compliance alle betroffenen Unternehmen in der Pflicht, die vorhandenen Modelle zu überdenken.
Für die Vertriebsbereiche zeigen sich neue Herausforderungen, da sich hier ein Konflikt zwischen der Markt-/Vertriebssteuerung der jeweiligen externen Mitarbeiter (hier Autohausmitarbeiter) und der Kommunikationsnotwendigkeit gegenüber dem Vertriebspartner (hier Autohaus) ergibt. Die Vertriebsbereiche müssen, die bisher bekannte und wohl geschätzte Komfortzone verlassen und eine wesentlich aktivere Rolle einnehmen.
4. Handlungsempfehlungen für die Praxis
Welche Modelle geben eine Alternative?
Es ergeben sich verschiedene Modellierungen, die es in der Praxis erlauben, eine Pauschalversteuerung weiterhin auf Ebene des Zuwendenden zu ermöglichen. Wesentlich für die Alternativen ist dabei sowohl rechtlich aus auch tatsächlich in einen anderen Rechtsbegriff oder einen Prozess zu gehen.
Beispielhaft sei hier genannt:
a. Geschenk-Modell – Punkte-/Prämienvergabe entkoppelt von der Vermittlungsleistung.
b. Tax Compliance-Modell – Aktive Abstimmung und Kommunikation mit dem Vertriebspartner (Ausgleich der Personalkosten).
Überdies lassen sich noch weitere Modelle darstellen. Dies beruht jedoch im Regelfall auf dem jeweilig vorhandenen individuellen Modell im Unternehmen.
Wie sollten Unternehmen nun reagieren?
Die gute Nachricht ist, es gibt alternative Modellierungen, welche eine Pauschalierung nach § 37b EStG auf Ebene des Zuwendenden entweder direkt oder indirekt ermöglichen.
a. Prüfen Sie das aktuelle Modell auf die dargestellten Schwachstellen.
b. Binden Sie Marketing/Vertrieb sowie Ihren Dienstleister aktiv in die Anpassungsüberlegungen ein.
c. Sprechen Sie uns an, um gemeinsam neue und sichere Wege für Ihren Verkauf zu gehen.
d. Binden Sie ebenfalls Ihren aktuellen Anbieter mit ein, um entsprechende Modelle & Arbeitspakete abzustimmen.
e. Bauen Sie ein Kommunikationskonzept für eine mögliche Ansprache Ihrer Vertriebspartner auf.
Sprechen Sie uns gerne in dieser Thematik sowie einer möglichen Umsetzung in Ihrem Unternehmen direkt an.