Update Jahressteuergesetz 2024: Kabinett beschließt weitere Änderungen im Steuerfortentwicklungsgesetz
- 20.08.2024
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Regierungsentwurf enthält (wieder) Meldepflichten für nationale Steuergestaltungen.
Der Gesetzgebungsprozess hat vor der Sommerpause noch einmal ordentlich Fahrt aufgenommen und neben dem vom Bundeskabinett in seiner Sitzung am 05.06.2024 beschlossenen Regierungsentwurf für ein Jahressteuergesetz 2024 (wir berichteten) am 10.07.2024 einen weiteren Referentenentwurf für ein zweites Jahressteuergesetz 2024 veröffentlicht. Dieser wurde mit einigen Erweiterungen durch das Bundeskabinett am 24.07.2024 als Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs (Steuerfortentwicklungsgesetz, „RegE SteFeG“) beschlossen, aus dem einige wesentliche beabsichtigte Neuerungen nachfolgend dargestellt werden sollen. Schließlich wurde ebenfalls am 24.07.2024 vom Bundeskabinett der Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums 2024 beschlossen.
I. Änderungen im Einkommensteuergesetz
1. Degressive AfA
Aktuell ist die degressive AfA gemäß § 7 Abs. 2 EStG nach den letzten Anpassungen durch das Wachstumschancengesetz lediglich noch auf solche beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens anzuwenden, die nach dem 31.03.2024 und vor dem 01.01.2025 angeschafft oder hergestellt wurden. Zudem ist der maximal anzuwendende Satz der degressiven AfA dabei auf das 2-fache des linearen AfA-Satzes (höchstens aber 20 %) beschränkt.
Durch das SteFeG (§ 7 Abs. 2 S. 1 RegE SteFeG) soll die degressive AfA für Anschaffungen und Herstellungen abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.2024 und vor dem 01.01.2029 angeschafft oder hergestellt werden, verlängert werden. Zudem sollen die Steuerpflichtigen wieder von einem 2,5-fachen Betrag des linearen AfA-Satzes bei einem dann geltenden Höchstbetrag von 25 % profitieren.
2. Sammelposten und Aufzeichnungspflicht für GWG
Das SteFeG sieht in § 6 Abs. 2a S. 1 und 2 EStG RegE SteFeG bei dem Wahlrecht zur Bildung eines Sammelposten für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) eine deutliche Erhöhung der oberen Wertgrenze von EUR 1.000 auf EUR 5.000 (netto) vor. Die untere Wertgrenze soll von mehr EUR 250 auf mehr als EUR 800 (netto) erhöht werden. Ferner soll die Abschreibung des Sammelpostens bereits nach drei Wirtschaftsjahren (statt bisher 5) vollständig möglich sein. Für Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten bis zu EUR 800 bestünde dann künftig ein Wahlrecht, diese sofort vollständig als Betriebsausgaben abzuziehen oder über die Nutzungsdauer abzuschreiben.
Durch die beabsichtigten Streichungen der Regelungen des § 6 Abs. 2 S. 4 und 5 RegE SteFeG würde die Dokumentationspflicht für GWG in einem besonderen, laufend geführten Verzeichnis entfallen.
Gelten sollen die vorgenannten Änderungen für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.12.2024 angeschafft werden (§ 52 Abs. 12 S. 11 und 12 EStG RegE SteFeG).
3. Forschungszulage
Das SteFeG soll die Attraktivität der Forschungszulage weiter steigern. Dazu soll die maximale Bemessungsgrundlage für nach dem 31.12.2024 entstandene förderfähige Aufwendungen auf EUR 12 Mio. pro Jahr (derzeit nach den Änderungen durch das Wachstumschancengesetz EUR 10 Mio.) angehoben werden. Damit würde die maximale Forschungszulage auf EUR 3 Mio. erhöht.
Für kleinere und mittlere Unternehmen ergäbe sich damit aufgrund des bereits durch das Wachstumschancengesetz eingeführten „KMU-Bonus“ (§ 4 Abs. 1 S. 2 FZulG) sogar künftig bis zu EUR 4,2 Mio. Forschungszulage pro Jahr.
Die Änderungen sollen am 01.01.2025 in Kraft treten (Art. 22 Abs. 2 RegE SteFeG).
II. Änderungen der Abgabenordnung
Die wohl bemerkenswertesten Änderungen in der Abgabenordnung ergeben sich aus der (wieder) beabsichtigten Einführung der innerstaatlichen Meldepflichten. Daneben betreffen die geplanten Änderungen vor allem das Gemeinnützigkeitsrecht.
1. Mitteilungspflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen
Der RegE SteFeG sieht die nach der Streichung aus dem Wachstumschancengesetz bereits als ad-acta gelegte Mitteilungspflicht für bestimmte rein nationale Steuergestaltungen wieder vor. Hierzu sollen die §§ 138l, 138m und 138n AO neu eingeführt werden. Inhaltlich entsprechend diese weitgehend den Regelungen, die bereits im Entwurf des Wachstumschancengesetzes enthalten waren.
a. Definition der nationalen Steuergestaltungen und Kennzeichen
Die innerstaatliche Gestaltung wird in § 138l Abs. 2 AO RegE SteFeG definiert und erfasst solche Gestaltungen, die eine Steuer vom Einkommen oder Vermögen, die Gewerbesteuer, die Erbschaft- oder Schenkungssteuer, die Grundsteuer oder die Grunderwerbssteuer zum Gegenstand haben. Eines dieser sogenannten Kennzeichen muss für die Gestaltung zutreffen, um als innerstaatliche Gestaltung gelten zu können. Damit orientieren sich die Tatbestandsmerkmale der innerstaatlichen Steuergestaltung im Wesentlichen an den Regelungen zu den Meldepflichten bei grenzüberschreitenden Steuergestaltungen (§ 138d Abs. 2 S. 1 AO).
Neben den bereits in § 138e AO bekannten Kennzeichen wurden exklusiv für die innerstaatliche Gestaltung drei neue Kennzeichen in § 138l Abs. 3 S. 1 AO RegE SteFeG eingeführt:
Kennzeichen | Fundstelle innerstaatlicher Gestaltungen § 138l Abs. 3 S. 1 AO RegE SteFeG | Fundstelle grenzüberschreitende Gestaltungen (DAC6) § 138e Abs. 1 AO |
Mehrfache Zurechnung desselben Sachverhalts | Nr. 3 lit. d | ./. |
Verluste/steuerfreie Einnahmen durch abgestimmte Rechtsgeschäfte | Nr. 3 lit. e | ./. |
Steuerlicher Vorteil beim Kapitalertragssteuerabzug | Nr. 3 lit. f | ./. |
§ 138l Abs. 3 S. 1 Nr. 3 lit. d) AO RegE SteFeG ist erfüllt, wenn derselbe steuererhebliche Sachverhalt mehreren Nutzern einer innerstaatlichen Steuergestaltung oder mehreren anderen Steuerpflichtigen oder einem Nutzer der innerstaatlichen Steuergestaltung oder einem Steuerpflichtigen mehrfach zugeordnet wird. Damit sollen Konstellationen erfasst werden, die zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen Mehrfachberücksichtigung führen und daher zu einer Verringerung von Steueransprüchen beitragen.
Nach § 138l Abs. 3 S. 1 Nr. 3 lit. e) AO RegE SteFeG sind konkret solche Gestaltungen mitteilungspflichtig, mit denen durch aufeinander abgestimmte Rechtsgeschäfte zweckgerichtet steuerwirksame Verluste und ganz oder teilweise steuerfreie Einkünfte erzeugt werden. Damit wird Position gegen sog. Kopplungsgeschäfte bezogen. Diese führen mittels Derivategeschäften dazu, dass Kapitalgesellschaften Aktienveräußerungsgewinne steuerfrei vereinnahmen und gleichzeitig steuerwirksam Verluste aus Termingeschäften geltend machen können.
Das letzte neu eingeführte Kennzeichen umfasst solche Gestaltungen im Bereich des Kapitalertragssteuerabzugs. Es werden solche Gestaltungen umfasst, bei denen ein Beteiligter unangemessene Schritte unternimmt, um für sich oder einen Dritten einen steuerlichen Vorteil in diesem Bereich zu erzeugen. Durch die Einführung des § 138l Abs. 3 S. 1 Nr. 3 lit. f) AO RegE SteFeG soll gegen Transaktionen mit Wertpapieren vorgegangen werden, die allein deshalb durchgeführt werden, um einen Steuervorteil aus der auf die Kapitalerträge erhobenen Kapitalertragssteuer zu erzielen.
b. Einführung eines sog. Main Benefit Test
Abweichend von den Voraussetzungen der Meldepflichten für grenzüberschreitende Steuergestaltungen, muss bei den nationalen Steuergestaltungen neben den Kennzeichen zusätzlich ein Relevanztest (sog. Main Benefit Test) vorgenommen werden. Nur wenn demnach der oder ein Hauptvorteil der Gestaltung in der Erlangung eines steuerlichen Vorteils i.S.d. § 138d Abs. 3 S. 1 AO besteht, der zudem im Geltungsbereich der AO (mithin in Deutschland) bestehen muss, ist die Gestaltung meldepflichtig.
c. Aufstellung einer Whitelist durch die Finanzverwaltung
Das BMF kann aber auch im Geltungsbereich der Meldepflichten für nationale Steuergestaltungen eine sog. Whitelist durch BMF-Schreiben festlegen, in der solche meldepflichtigen Gestaltungen aufgeführt werden, bei denen ein steuerlicher Vorteil gesetzlich vorgesehen ist (§ 138l Abs. 2 S. 3 AO RegE SteFeG). Für die in dieser Liste genannten Gestaltungen entfiele dann die Meldepflicht.
d. Persönliche und sachliche Voraussetzungen
Damit die Mitteilungspflicht für die innerstaatliche Gestaltung eintritt, muss der Nutzer der nationalen Steuergestaltung mindestens eines der in § 138l Abs. 5 S. 1 Nr. 1 AO RegE SteFeG genannten Kriterien in dem nach § 138n Abs. 1 S. 2 AO RegE SteFeG maßgeblichen Zeitpunkt erfüllen:
- Umsatzschwelle
- Der Nutzer erzielt in mindestens zwei von drei Wirtschaftsjahren einen umsatzsteuerbaren Umsatz von mehr als EUR 50 Mio.; oder
- Einkünfteschwelle/ Einkommensschwelle
- in mindestens zwei der drei Veranlagungszeiträume, für die vor dem maßgebenden Ereignis die Einkommenssteuer festgesetzt wurde, umfasst die Summe der positiven Einkünfte gemäß § 2 Abs. 1 EStG inklusive der nach § 32d EStG versteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen von mehr als EUR 2 Mio. pro Kalenderjahr;
- bzw. in mindestens zwei der drei letzten Veranlagungszeiträume, für die vor dem maßgebenden Ereignis Körperschaftssteuer festgesetzt wurde, beträgt das Einkommen des Nutzers nach § 8 Abs. 1 KStG, erhöht um die nach § 8b KStG außer Ansatz bleibenden Bezüge und Gewinne und vermindert um die nach § 8b Abs. 3 und 5 KStG nicht abziehbaren Betriebsausgaben mehr als EUR 2 Mio. im Wirtschaftsjahr.
- Konzernklausel
- Der Nutzer gehört einem Konzern im Sinne des § 18 AktG an, bei dem die Summe der Umsätze, Einkünfte oder Einkommen der Konzerngesellschaft einen der oben genannten Schwellenwerte überschreitet. Dabei werden nur die positiven Beträge der einzelnen Konzerngesellschaften berücksichtigt.
- Beherrschungsklausel bei ausländischer Beherrschung/einheitlicher Leitung
- Der Nutzer wird zusammen mit anderen inländischen Unternehmen von einer ausländischen natürlichen oder juristischen Person, einer Mehrheit von Personen, einer Stiftung oder einem anderen Zweckvermögen beherrscht oder einheitlich geleitet. Handelt es sich um ein grenzüberschreitend verbundenes Unternehmen, muss der Nutzer mit dem ausländischen Unternehmen wirtschaftlich verbunden sein i.S.d. § 138e Abs. 3 AO.
- Investmentfonds oder Spezial-Investmentfonds
- Der Nutzer entspricht den Anforderungen des Investmentsteuergesetzes.
- Anleger eines Investmentfonds
- Der Nutzer ist ein Anleger im Sinne des Investmentsteuergesetzes. Dies ist der Fall, wenn nicht mehr als 100 Anleger an dem Investmentfonds beteiligt sind und die Anschaffungskosten der Investmentanteile des Anlegers mindestens EUR 100.000 betragen haben oder der Nutzer ist Anleger eines Spezial-Investmentfond i.S.d. Investmentsteuergesetzes.
e. Meldepflichtige Personen
Primär für die Mitteilung ist ein Steuerberater, Rechtsanwalt oder die Bank (sog. Intermediär) maßgeblich, wenn diese über einen Inlands-Nexus verfügen (= Wohnsitz/ gewöhnlichen Aufenthaltsort/ Geschäftssitz/ Sitz im Inland, Betriebsstätte durch die Dienstleistungen im Zusammenhang mit der innerstaatlichen Steuergestaltung erbracht werden, in das Handelsregister eingetragen ist oder bei einem Berufsverband für juristische, steuerliche oder beratende Dienstleistungen registriert sind).
Ein Nutzer kann die Mitteilung auch selbst vornehmen (§ 138m Abs. 2 AO RegE SteFeG). Nutzer kann dabei jede natürliche Person, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, der die innerstaatliche Gestaltung zur Nutzung bereitgestellt oder die zur Umsetzung einer innerstaatlichen Gestaltung bereit ist oder bereits den ersten Umsetzungsschritt getan hat, sein.
Liegt bei dem Intermediär eine Verschwiegenheitspflicht vor, so kann die Mitteilungspflicht auf den Nutzer umgewälzt werden, sofern keine Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem Intermediär gegeben ist.
f. Verfahren
Als zentrale Verfahrensvorschrift ist § 138n AO RegE SteFeG vorgesehen. Danach soll für die Mitteilung der innerstaatlichen Gestaltung ein Zeitraum von zwei Monaten nach dem maßgebenden Ereignis zur Verfügung stehen. Maßgebendes Ereignis ist hier ebenfalls
- Die Bereitstellung der (innerstaatlichen) Gestaltung zur Umsetzung; oder
- die Umsetzungsbereitschaft des Nutzers; oder
- Mindestens ein Nutzer hat den ersten Umsetzungsschritt vorgenommen.
Die Übermittlung hat gem. § 138n Abs. 2 S. 1 AO RegE SteFeG elektronisch zu erfolgen. Abgesehen von Anpassungen an die rein innerstaatliche Konstellation wie beispielsweise, dass Intermediäre mit Einwilligung Angaben für andere Intermediäre und Nutzer für Nutzer machen können, verbleibt es bei dem bisherigen Verfahren für grenzüberschreitende Gestaltung. Das neue Verfahren baut wesentlich auf der Vergabe einer DE-Registrierung für die jeweilige Gestaltung und einer DE-Offenlegung für die jeweilige Mitteilung auf (§ 138n Abs. 4 AO RegE SteFeG). Für marktfähige innerstaatliche Gestaltungen wird eine Aktualisierungspflicht festgelegt, für welche jedoch statt einer Frist von 10 Tage eine 30-tägige Frist gewährt wird.
Zusätzlich sollen auch verwirklichte innerstaatliche Gestaltungen in der Steuererklärung angegeben werden, § 138k Abs. 2 AO RegE SteFeG. In § 102 Abs. 4 S. 3 AO RegE SteFeG wird die Mitteilungspflicht der Berufsgeheimnisträger dahin gehend erweitert, dass diese auch dann besteht, wenn die betroffenen Nutzer identifizierbar werden. Damit wird der Straftatbestand des § 203 StGB ausgeschlossen, sodass die Offenlegung nicht mehr als unbefugt anzusehen ist.
g. Sanktionen bei Verstößen gegen die Meldepflicht
Entsprechende Sanktionen bei Verstößen oder Umgehungen der Mitteilungspflicht werden in § 379 Abs. 2 Nr. 1 lit. j) und k) sowie in Abs. 5 AO RegE SteFeG neu geregelt. Danach ist ein Bußgeld von bis zu EUR 10.000 möglich, wenn
- Ein Intermediär eine Mitteilung nicht oder nicht rechtzeitig macht oder zur Verfügung stehende Daten nicht vollständig übermittelt;
- ein Nutzer eine Mitteilung nicht oder nicht rechtzeitig macht oder zur Verfügung stehende Angaben nicht vollständig mitteilt; oder
- ein Steuerpflichtiger die Angaben in der Steuererklärung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht.
2. Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht
a. Abschaffung der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung
Für steuerbegünstigte Körperschaften besteht bisher die Pflicht, ihre Mittel zeitnah für steuerbegünstigte Zwecke zu verwenden. Der RegE SteFeG sieht die Abschaffung der dafür vorgesehene Zeitvorgabe vor, um dem von der Regierung beabsichtigten Bürokratieabbau gerecht zu werden. Neben dem damit einhergehenden Wegfall der Mittelverwendungsrechnung sollen die Leistungsbeziehungen zwischen gemeinnützigen Körperschaften erleichtert werden. Laut der Gesetzesbegründung stehe die zeitnahe Mittelverwendung ohnehin im eigenen Interesse der steuerbegünstigten Körperschaft.
Zusätzlich sollen die Regelungen zur Rücklagen- und Vermögensbildung (§ 62 AO) ersatzlos gestrichen werden. Als damit einhergehende Folgeänderung sollen zudem die Vorschriften der §§ 58 Nr. 3 und Nr. 10 S. 2 und § 63 Abs. 4 AO entfallen.
Die allgemeinen gemeinnützlichkeitsrechtlichen Grundsätze, insbesondere der Grundsatz der Ausschließlichkeit (§ 56 AO) bleiben unberührt, sodass weiterhin verhindert wird, dass steuerbegünstigte Körperschaften ihre Mittel ansparen, ohne diese für ihre satzungsmäßigen Zwecke zu verwenden.
b. Äußerungen zu tagespolitischen Themen
Gemeinnützige Körperschaften unterliegen strengen Auflagen. Der RegE SteFeG sieht vor, dass die Gemeinnützigkeit künftig auch dann erhalten bleibt, wenn Körperschaften außerhalb ihrer Sitzungen zu tagespolitischen Themen Stellung beziehen. Zu beachten sei dabei jedoch, dass diese Äußerungen nur „gelegentlich“ erfolgen dürfen, d.h. nur aufgrund eines besonderen Anlasses. Zudem müssen die Äußerungen der steuerbegünstigten Zweckverfolgung untergeordnet sein. Für die Beurteilung der Äußerungen sei laut der Gesetzesbegründung eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, sodass bei Vorliegen eines besonderen Anlasses auch wiederholte Äußerungen über mehrere Wochen unschädlich sein können. Weiterhin soll aber das Betreiben oder das Unterstützen von Parteipolitik zum Verlust der Gemeinnützigkeit führen, vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 AO.
c. Photovoltaikanlagen als Zweckbetrieb
Der bisherige Begriff der sog. Selbstversorgungseinrichtungen in § 68 Nr. 2 lit. b) AO wird um die Photovoltaikanlagen ergänzt. Damit soll das Vorliegen einer Selbstversorgungseinrichtung für solche Anlagen fingiert werden, mit denen ausschließlich steuerfreie Einnahmen und Entnahmen nach § 3 Nr. 72 EstG erzielt wird. Damit ist die Wettbewerbsneutralität gewährleistet, da die Steuerbegünstigung nur dann greift, wenn der Betrieb der Photovoltaikanlage nicht der Hauptzweck einer gemeinnützigen Körperschaft ist.
III. Sozialpolitische Änderungen des Einkommensteuergesetzes
1. Grundfreibetrag, Einkommensteuertarif sowie Kinderfreibetrag
Bereits für den VZ 2024 sieht der Regierungsentwurf des Gesetzes zur Freistellung des Existenzminimums eine rückwirkende Erhöhung des Grundfreibetrags um EUR 180 auf EUR 11.784 vor. Dies wurde erforderlich, da zum 01.01.2024 die sozialrechtlichen Regelbedarfe stärker als noch im 14. Existenzminimumbericht prognostiziert gestiegen sind. Die Änderung soll laut Gesetzesentwurf erst im Rahmen der Dezember-Lohnabrechnung berücksichtigt werden, um einen enormen Berichtigungsaufwand für sämtliche Vormonate des Jahres 2024 zu vermeiden.
Der RegE SteFeG sieht weitere Anpassungen des Grundfreibetrags vor. Um die geschätzte Inflationsrate für die Gesamtjahre 2024 und 2025 von 2,5 und 2 Prozent auszugleichen, sieht der RegE SteFeG eine Anhebung des Grundfreibetrags sowie der übrigen Eckwerte des Einkommensteuertarifs vor. Der Grundfreibetrag für den Veranlagungszeitraum 2025 steigt von auf EUR 12.084 und für 2026 auf EUR 12.336.
Daran angelehnt soll die zweite Progressionszone ab 2025 bei EUR 17.431 statt bei EUR 17.006 und ab 2026 bei EUR 17.780 beginnen. Anders als beim Tarifeckwert der Reichensteuer, soll der Spitzensteuersatz ab 2025 erst bei EUR 68.430 und ab 2026 ab EUR 69.799 greifen. Entsprechend dazu ist auch die Freigrenze beim Solidaritätszuschlag anzuheben (§ 3 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 und 2 SolzG RegE SteFeG). Für die Reichensteuer sieht der RegE SteFeG keine Anpassung vor (§ 32a Abs. 1 EStG RegE SteFeG).
Als weitere Änderung wird die Anhebung des Kinderfreibetrags pro Elternteil vorgesehen. Für den Veranlagungszeitraum 2025 steigt der Freibetrag auf EUR 3.336 und ab 2026 auf EUR 3.414. Dagegen verbleibt der Betreuungs- und Erziehungs-/ Ausbildungsbedarf pro Elternteil bei EUR 1.464 (§ 32 Abs. 6 S. 1 EStG RegE SteFeG). Korrespondierend dazu soll das Kindergeld einheitlich zum 01.01.2025 auf EUR 255 und zum 01.01.2026 auf EUR 259 steigen (§ 66 Abs. 1 EstG RegE SteFeG; § 6 Abs. 1 BKKG RegE SteFeG).
2. Überführung der Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren
Der RegE SteFeG sieht die Überführung der Steuerklassen III und V in das sog. Faktorverfahren (Steuerklasse IV mit Faktor) vor. Dadurch wird die steuermindernde Wirkung des Splitting-Verfahrens bereits beim monatlichen Lohnsteuerabzug näherungsweise berücksichtigt. Hierdurch wird eine gerechtere Lohnsteuerbelastung auf Ehegatten/Lebenspartner erreicht, indem eine übermäßige Belastung von (Teilzeit-) Arbeitslohn vermieden wird.
Nach dem künftigen § 38b Abs. 1 S. 2 Nr. 5 EStG RegE SteFeG soll das reformierte Faktorverfahren grundsätzlich Anwendung finden. Zusätzlich werden in § 38b Abs. 2 S. 5 EStG RegE SteFeG solche Fälle geregelt sein, in denen nur ein Ehegatte ein Einkommen bezieht. In diesem Fall soll der Kinderfreibetrag auch vollständig diesem Ehegatten zugerechnet werden.
Darüber hinaus soll eine Vereinfachung des Faktorverfahrens durch Automatisierung und Digitalisierung herbeigeführt werden. Der neue Faktor wird zum 01.04. eines jeden Kalenderjahres durch das BZSt vollständig automatisiert gebildet und als abrufbares elektronisches Lohnsteuerabzugsmerkmal für den Abruf durch den Arbeitgeber bereitgestellt (§ 39e Abs. 1a und 1b EStG RegE SteFeG).
Auch soll das bisherige Verfahren zur gemeinsamen Antragsstellung zur Bildung eines Faktors, ggf. mit Freibetrag, beim Wohnsitzfinanzamt nicht nur für Ehegatten/Lebenspartner gelten, sondern künftig auch für alleinverdienende Ehegatten/Lebenspartner (§ 39f Abs. 1 S. 1 und S. 5 EstG RegE SteFeG).
Das Faktorverfahren selbst wird in § 39g EStG RegE SteFeG geregelt. Danach erfolgt die Überführung zum gesetzlichen Stichtag des 01.01.2030. Die Steuerklassen III und V sind dann ab dem 01.01.2030 für den Lohnsteuerabzug nicht mehr anzuwenden.